Heiße Beschlüsse mit wechselnden Mehrheiten im Parlament

Heiße Beschlüsse mit wechselnden Mehrheiten im Parlament
Mehr als dreißig Beschlüsse sollen in den kommenden Parlamentssitzungen beschloßen werden. Ein Überblick über die zehn wichtigsten Entscheidungen.

Das freie Spiel der Kräfte macht es möglich: Weil Österreich derzeit von einer Experten- bzw. Beamtenregierung geführt wird, und es keine klare Regierungsmehrheit im Parlament gibt, werden die kommenden Sitzungen des Nationalrats am Dienstag und am Mittwoch besonders spannend: Mehr als dreißig Themen stehen auf der Agenda, und es zeichnen sich derzeit Mehrheiten von Schwarz-Rot, Schwarz-Blau und Rot-Blau ab – je nach Thema.

Besonders spannend wird die Causa prima der vergangenen Tage und Woche: Das Problem mit den Parteispenden. Die Einigung, die Rot-Blau am Sonntag erzielten, ist angesichts der massiven Kritik nicht nur von ÖVP und Neos, sondern auch von Experten wieder fraglich geworden. Schließlich will sich keine Partei schon zu Beginn des Wahlkampfs eine Blöße geben und damit angreifbar werden.

Die Beschlüsse gehen mitunter weit, von einer Regelung des Fahrtendienstes uber bis zum möglicherweise krebserregenden Pflanzenschutzmittel Glyphosphat. Der KURIER gibt einen Überblick über die zehn wichtigsten Entscheidungen in den kommenden Tagen:

Mehr Pflegegeld

Das Pflegegeld, soviel scheint vor der Parlamentswoche sicher, wird in Zukunft regelmäßig angehoben – und zwar auf Basis der Pensionserhöhung bzw. entsprechend dem dafür geltenden Faktor. Im Unterschied zu anderen Gesetzesvorhaben wird diese Valorisierung des Pflegegeldes von allen Fraktionen im Nationalrat unterstützt.  Die zusätzlichen Kosten für das Budget lassen sich laut ÖVP-Klub mit einem einfachen Schlüssel ermitteln: Für jedes Prozent, um das das Pflegegeld steigt, fallen Zusatzkosten von 25 Millionen Euro an. Von 2018 auf 2019 wurden die mittleren Pensionen um zwei Prozent angehoben. Dementsprechend würde die Valorisierung Zusatzkosten von 50 Millionen Euro bringen.

Rauchverbot im Lokal

Der Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition führt nun dazu, dass beim Rauchen in Lokalen der „Urzustand“ vor Türkis-Blau hergestellt wird, sprich: Der von ÖVP und FPÖ  aufgehobene Beschluss des absoluten Rauchverbots soll nun doch in Kraft treten. Darauf haben sich alle Parteien bis auf die FPÖ geeinigt (für die Blauen ist die Aufhebung des Rauchverbots ja eine Koalitionsfrage  gewesen). Laut ÖVP bleiben alle Verschärfungen, die  Türkis-Blau beim Jugendschutz beschlossen hat, bestehen (Rauchverbot bis zum 18. Lebensjahr, kein Zigarettenverkauf an Unter-18-Jährige, Rauchverbot in Autos, in denen Kinder mitfahren).  Das Budget wird durch das Verbot nicht belastet, wohl aber die Wirtschaft. Konkret: Jene Gastwirte, die ihr Lokal aufgrund des – noch – geltenden Gesetzes umgebaut haben.

Recht auf Papa-Monat

Väter werden in Österreich bald einen rechtlichen Anspruch auf einen Papa-Monat bekommen.  Ein  entsprechender Wunsch muss dem Arbeitgeber drei Monate im Voraus mitgeteilt werden. Innerhalb des Zeitrahmens zwischen Geburt des Kindes und dem Ende des Beschäftigungsverbotes der Mutter (das sind acht Wochen nach der Geburt) kann der Vater den Antrittszeitpunkt der Freistellung frei wählen. Allerdings kursierten  am Wochenende zwei unterschiedliche Anträge   im Parlament, dem Vernehmen nach könnte es noch bis Dienstag oder Mittwoch dauern, bis klar ist, was kommt.  Bislang haben sich SPÖ und FPÖ dazu bekannt, zuzustimmen. Die Volkspartei gibt sich skeptisch – und zwar mit dem Hinweis auf hohe Kosten für die Betriebe.

Weniger Glyphosat

Soll das Pestizid Glyphosat  völlig verboten werden? Zuerst lagen ein Antrag der SPÖ als auch einer der ÖVP vor.  Die Roten wollen  ein sofortiges Totalverbot des Breitbandherbizids,  die Volkspartei  nur für nicht berufliche Verwender und ein Verbot in öffentlichen Anlagen. Während die SPÖ argumentiert, dass  Glyphosat laut einer EU-Studie  für Versuchstiere krebserregend sei und auch  Wasserorganismen gefährde, stemmt sich die Volkspartei gegen ein  absolutes Glyphosat-Verbot, will das Gift aber in  Parks, Friedhöfen, Sport- und Freizeitanlagen, auf Schulgeländen und Kinderspielplätzen verbieten. Die FPÖ hat zuerst  beide Anträge unterstützt,  werden aber offenbar dem Antrag der Volkspartei folgen. Landwirte werden also weiter Glyphosat einsetzen können.absolutes

Kleinverdiener entlasten

Arbeitnehmer, Pensionisten, Selbstständige, Land- und Forstwirte werden mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro  durch eine Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge entlastet. Bei den Arbeitnehmern und Pensionisten sollen diese „einfach und unbürokratisch“ über die Arbeitnehmerveranlagung rückerstattet werden. Davon profitieren Arbeitnehmer mit bis zu 300 Euro pro Jahr und Pensionisten mit bis zu 200 Euro pro Jahr. ÖVP und FPÖ haben sich auf die Umsetzung der geplanten Maßnahmen der Steuerreform geeinigt.
die Auch die Mindestpension  soll  gemäß einem seit längerem von ÖVP und FPÖ bestehenden Plan  angehoben werden – und zwar von 995 auf 1200 Euro netto im Monat für alle, die  40 Beitragsjahre  gesammelt haben. Das kostet  jährlich 50 Millionen.

Ganztägige Betreuung

Mit breiter Mehrheit dürfte die Finanzierung der Ganztagsbetreuung von Pflichtschülern gesichert werden. Die Finanzierung der Nachmittagsbetreuung für die Jahre 2020 bis 2022 war mit den Ländern bereits paktiert, wurde im Zuge der Regierungskrise aber nicht mehr beschlossen. Im Kern geht es darum, dass Förderungen von insgesamt 250 Millionen Euro leichter verwendet werden können. Das Ziel: Die Ganztagesbetreuung soll bundesweit von derzeit rund 33 Prozent  auf 40 Prozent im Jahr 2022 ausgebaut werden.
Für das Budget ergibt sich kein Mehr-Aufwand – die Mittel waren bereits im Budget vorgesehen.

Plus bei Elternkarenz

Die SPÖ-Forderung einer Voll-Anrechnung der Elternkarenz hat  große Chance auf Umsetzung mit der FPÖ. Dabei geht es darum, dass Eltern, die in Karenz gehen, in Zukunft gleich behandelt werden sollen wie durchgehend beschäftigte Arbeitnehmer. Das bedeutet: Zeiten der Elternkarenz sollen bei Gehaltsvorrückungen und anderen, zeitabhängigen Ansprüchen  wie der sechsten Urlaubswoche und dem Kündigungsschutz voll berücksichtigt. Das Prinzip, wonach die Karenz voll angerechnet wird, findet sich  in vielen Kollektiv-Verträgen. Durch eine gesetzliche Regelung würde es aber flächendeckend und in allen Branchen umgesetzt.

Bonus für Freiwillige

Unternehmer, die Mitarbeiter für die Teilnahme an Einsätzen von Feuerwehr, Rettung, etc. freistellen, sollen einen Bonus erhalten. Darauf haben sich ÖVP und FPÖ verständigt; und diese Lösung wird wohl auch im Parlament beschlossen werden. Ursprünglich wurde über eine bessere arbeitsrechtliche Absicherung der freiwilligen Helfer diskutiert. Ein Antrag der SPÖ – sie wollte, dass fünf Einsatztage aus dem Katastrophenfonds bezahlt werden – wird nun nicht beschlossen. Stattdessen soll ein Anreiz geschaffen werden:  Unternehmen, die Helfer freistellen, bekommen pro Tag und Mitarbeiter 200 Euro – also bei acht Stunden 25 Euro pro Stunde.   Zusätzliche Kosten für das Budget entstehen nicht –  die Finanzierung soll über den Katastrophenfonds passieren.

Weniger Öl, mehr Wind

Mit breiter Mehrheit dürfte die Finanzierung der Ganztagsbetreuung von Pflichtschülern gesichert werden. Die Finanzierung der Nachmittagsbetreuung für die Jahre 2020 bis 2022 war mit den Ländern bereits paktiert, wurde im Zuge der Regierungskrise aber nicht mehr beschlossen. Im Kern geht es darum, dass Förderungen von insgesamt 250 Millionen Euro leichter verwendet werden können. Das Ziel: Die Ganztagesbetreuung soll bundesweit von derzeit rund 33 Prozent  auf 40 Prozent im Jahr 2022 ausgebaut werden. Für das Budget ergibt sich kein Mehr-Aufwand – die Mittel waren bereits im Budget vorgesehen.

Homo-Ehen

Gleichgeschlechtliche Paare dürfen seit Anfang des Jahres nach einem Spruch der österreichischen Verfassungsrichter heiraten. Aber: Aufgrund der geltenden Rechtslage für gleichgeschlechtliche Paare mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit besteht eine Rechtsungleichheit. Denn derzeit ist es so, dass keine gleichgeschlechtliche Ehe eingegangen werden kann, wenn dies im Herkunftsland nicht möglich ist (z.B. in Ungarn). In diesen Fällen kann nur eine Eingetragene Partnerschaft eschlossen werden. Die NEOS wollen diese Lücke schließen.

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