Faßmann: „Allgemeines Handyverbot ist nicht denkbar“

Faßmann: „Allgemeines Handyverbot ist nicht denkbar“
Gegen „Rohrstaberl-Pädagogik“: Der Bildungsminister plädiert in puncto Handy für einen Mittelweg – er selbst nutzt sein Smartphone eher selten.

Herr Minister, wo ist Ihr Smartphone?

In meiner Tasche.

Wie oft benutzen Sie es?

Sicher fünf, sechs Mal. In der Früh, am Abend und dazwischen auch.

Sie sind also trotz Ministeramts nicht die ganze Zeit am Handy?

Nein. Auch dann, wenn es piepst, habe ich genug Disziplin, um nicht unmittelbar zu reagieren. Ich benutze Whatsapp für private Dinge, etwa um mit meinem Sohn zu kommunizieren – ihn erreiche ich so am besten. Am Telefon reagiert er seltener. Facebook nutze ich zum Austauschen von Bildern und Nachrichten. Ich habe aber nur sieben Freunde, nur den engsten Familienkreis. E-Mail und Internet nutze ich natürlich auch.

Wären Ihre Kinder noch klein: Wie würden Sie deren Umgang mit Handys reglementieren?

Beim Mittagessen müssten sie es zur Seite legen. Ebenso, wenn wir uns unterhalten, dann hat die Unterhaltung Priorität. Das würde ich auch so handhaben, wenn beim Essen das Telefon läutet. Da drängt sich ja ein technisches Medium in eine soziale Beziehung hinein, und das ist ungerechtfertigt. Da würde ich auch selbst mein eigenes Telefon klingeln lassen.

In den Schulen soll nun auf Ihre Initiative Digitale Grundbildung gelehrt werden. Birgt das nicht auch die Gefahr, dass die Kinder noch mehr vor dem Bildschirm sitzen, als sie es ohnehin schon tun?

Nein. Die Faszination dieses Geräts ist so groß, das kann die Einführung eines neuen Schulfaches nicht noch steigern. Wir sorgen nicht für eine weitere Popularisierung, sondern für einen sinnvollen Einsatz. Zwischen totaler Abstinenz und völligem Laisser-faire braucht man einen vernünftigen Mittelweg.

Wie sieht der aus? Wie stellen Sie sich die ideale Klasse vor?

Die ideale Klasse ist fit in der neuen Technologie, aber setzt sie nur gezielt ein. Etwa dann, wenn es darum geht, Faktenwissen zu aktualisieren: Wer findet zuerst Geburts- und Sterbedatum eines Politikers? Wo liegt Novosibirsk, wer findet eine Karte im Internet? Was früher mehr Zeit in Anspruch genommen hat – Informationsbeschaffung –, kann man nun leichter in den Unterricht integrieren.

Es geht also nicht darum, dass Kinder programmieren lernen?

Natürlich gibt es auch Bereiche, wo Programmieren nicht schlecht wäre – um zu lernen, was das sequenzielle Abarbeiten einer Befehlskette bedeutet. Das Fach soll integrativ in den unterschiedlichen Fächern verschiedene Aspekte einer digitalen Grundbildung vermitteln. In der Geografie kann es das schnelle Kartenbeschaffen sein, in Mathematik das ein fache Programmieren von komplexen Formeln.

Studien besagen, dass Smartphones und Laptops dicke Kinder noch dicker machen. Bräuchte es nicht – als Ausgleich – auch einen verstärkten Fokus auf körperliche Fitness?

Man soll das nicht monokausal auf Handy und Tablet zurückführen, dicke Kinder sind auch durch Fernsehen und andere Medien verleitet. Wir sind umgeben von einer technischen Kommunikationswelt, und die hat die Be wegungsarmut schon vor dem Handy geprägt. Na tür lich soll man übergewichtige Kinder aktivieren. Aber für das Wie habe ich auch kein Patentrezept.

Soll bei Digitaler Grundbildung hauptsächlich mit dem Laptop gearbeitet werden – oder auch mit dem eigenen Handy?

Das Handy gehört ge nau so dazu – es ist ja von der Technologie kein Unter schied zum Laptop.

In manchen Schulen gelten Handyverbote, in vielen nicht. Warum wird das nicht österreichweit geregelt?

Zu viele Regelungen bringen uns den Vorwurf der Rohrstaberl-Pädagogik ein. Sind wir einmal liberal und sagen, das soll nach dem Subsidiaritätsprinzip die Schule in ihrem sozialen Umfeld selbst entscheiden, werden wir wiederum gefragt: Warum macht ihr das? In diesem Fall denke ich, es ist besser, wenn Lehrer, Schüler und El tern das jeweils gemeinschaftlich entscheiden, dann wird so eine Entscheidung auch getragen. Es geht ja um eine diffizile Art und Weise der Kommunikation – darum, wie man miteinander spricht. Das sollen die Menschen selbst entscheiden.

Ist ein allgemeines Verbot wie in Frankreich für Sie denkbar?

Nein. Da müssten wirklich starke Argumente kommen. Und die habe ich bisher nicht gehört.

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