Grüne verklagen Facebook

Eva Glawischnig
Das US-Unternehmen weigert sich, ein diffamierendes Posting zu löschen und dessen Urheber preiszugeben. Jetzt folgt die Klage gegen Goliath.

"Eini mit ihren in die Gaskammer." Aufgrund von Postings wie diesem haben die Grünen vor einem Jahr ihren Kampf gegen Hasspostings im Internet gestartet. Ihre Botschaft: Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Rund 40 Verfahren führte die Partei gegen Hassposter auf Facebook.

Allerdings konnte nicht bei jedem Posting der wahre Urheber hinter den oftmals verwendeten Fakeprofilen gefunden werden. Mehrmalige Aufforderungen an Facebook, ein Posting zu löschen, in dem Parteichefin Eva Glawischnig im April als "miese Volksverräterin" und "korrupter Trampel" bezeichnet wird, blieben erfolglos. Außerdem forderte die Partei die Offenlegung des wahren Namens hinter dem Fakeprofil "Michaela Jaskova" - ebenfalls ohne Erfolg. Facebooks Reaktion: Das Posting widerspreche nicht den Community-Standards. Es ist immer noch abrufbar. Die Reaktion von Grünen-Mediensprecher Dieter Brosz am Freitag: "Es reicht."

Die Suche nach "Michaela Jaskova"

Die Suche nach der wahren Identität hinter dem Fakeprofil führte schließlich zur Klage gegen Facebook selbst. Laut Grünen-Mediensprecher habe die Partei mehrere Gespräche mit Facebook geführt – ohne Ergebnis. Brosz Schlussfolgerung: "Facebook reagiert auf Hierarchie."

Grüne verklagen Facebook
ABD0042_20160615 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Grüne Abgeordnete Dieter Brosz am Mittwoch, 15. Juni 2016, anl. eines Runden Tisches zur Briefwahl-Reform im Parlament in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Mit den Rechten der "herkömmlichen User" würde schleißig umgegangen. Die Rechtslage in den einzelnen Ländern werde nicht berücksichtigt. Erst die Einschaltung von Anwälten zwinge den multinationalen Konzern zum Handeln. Im konkreten Fall wollte Facebook die Daten erst auf richterliche Anordnung herausgeben. Nur ohne die wahre Identität zu kennen, könne man das Fakeprofil nicht klagen, erläuterte Mediensprecher Brosz am Freitag.

Medien-Anwältin Maria Windhager erläuterte die Klage. Es handle sich um den Tatbestand der üblen Nachrede sowie der Ehrenbeleidigung. "Eine gmahte Wies'n", sagte Windhager. Das österreichische E-Commerce-Gesetz komme zur Anwendung. Da Facebook nicht auf die Aufforderung reagiere, das Posting zu löschen, falle das sogenannte Haftungsprivileg weg, so Windhager. Facebook wird selbst für die verbreiteten Inhalte zur Verantwortung gezogen. Außerdem fordern die Grünen die Herausgabe der Userdaten.

"Jaskova" bereits bekannt

Interessantes Detail am Rande: Laut den Grünen wurden auch die Krebsgerüchte über Bundespräsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen zuerst über dieses Facebook-Profil verbreitet. Viele Hass-Poster stünden außerdem in einem Naheverhältnis zur FPÖ, sagte Brosz.

Grüne führen Kampf für normale User

Laut Brosz hätten normale User keine Chance gegen Facebook. Deshalb klagen die Grünen. Sie wollen Facebook dazu zwingen, sich an geltendes österreichisches Recht zu halten und aktiver gegen Hassposter vorzugehen. Am vergangenen Freitag hat die Grünen-Chefin die Klage gegen Facebook am Handelsgericht Wien eingereicht. Eine englische Übersetzung der Klage wurde beigelegt.

Facebook löscht nicht

Noch ein Problem: Bei erfolgreicher Meldung löscht Facebook Postings nicht, es sperrt nur die Kommentare in dem betreffenden Land. Zum Teil mit der Begründung: Ein Verbotsgesetz gebe es nur in Österreich, führen Brosz und Windhager weiter aus.

Ob die Klage internationale Folgen haben könnte? Eine Einschätzung mag Windhager nicht wagen. Die Grünen seien die Ersten, die eine derartige Klage gegen einen multinationalen Konzern anstreben. Die Partei hat sich auch schon auf eine lange Verfahrensdauer vorbereitet. Laut Windhager kostet das Verfahren 50 bis 60.000 Euro: "Wenn wir gewinnen, zahlt Facebook."

"Jaskova" scheint jedenfalls davon Wind bekommen zu haben. Seit 2.Juli wird nicht mehr gepostet.

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