Hartwig Löger: Das stille Mastermind der Steuerreform
Er verspürt nicht den Drang, um jeden Preis eine Schlagzeilen zu liefern. Diese Attitüde ist es vielleicht, die den ÖVP-Finanzminister am augenscheinlichsten von seinen Vorgängern unterscheidet. Hartwig Löger absolviert keine wortgewaltigen Auftritte wie Hans Jörg Schelling, er ist nicht so leutselig unterwegs wie Josef Pröll und liefert auch keine PR-Gags der Marke Karl-Heinz Grasser. Kaum ein Finanzminister agierte bisher so unauffällig wie der gebürtige Steirer.
Ein gewisse Eitelkeit sagt man Löger zwar nach, er überschreitet hierbei keine roten Linien. Der Ex-Manager gilt als geerdet, ist ein stiller Rechner, weiß aber genau, was er als Finanzminister erreichen will – und er akzeptiert , wer der Superstar in der Regierung ist.
Als Finanzminister hätte er durchaus das Pouvoir, sich imagemäßig als Reservekanzler aufzubauen. Diese politische Karte würde der Humanist, den seine besten Freunde auch „Seneca“ (es ist sein Lieblingsphilosoph) nennen, nie ausspielen.
Vielleicht hat Sebastian Kurz den ehemaligen Manager auch deswegen in sein Team geholt, weil nicht in die erste Reihe drängt.
Vor elf Jahren lernten sich der 32-jährige Kanzler und 53-jährige Ex-Vorstand kennen, als Kurz beim Versicherungskonzern vorübergehend jobbte. „Sein Engagement und seine schnelle Auffassungsgabe waren auffällig. Über die Jahre haben wir entdeckt, dass wir in vielen Bereichen ähnlich ticken“, schwärmt der Finanzminister über Kurz.
Als der Anruf von Kurz im Dezember 2017 kam, ob Löger in sein Team als Finanzminister kommen wolle, passte es in die Lebensplanung des Ex-UNIQA-Vorstandes. Er war gerade Großvater geworden, wollte in seinem Leben nochmals eine neue Herausforderung suchen. Also wagte der Steirer aus dem Selzthal den Absprung aus seiner sicheren Berufszone.
Opposition vermisst Mut
Diesen Mut vermisst die Opposition allerdings in seinen budgetären Maßnahmen – vor allem in Zeiten der Hochkonjunktur hätte der Finanzminister mehr für die Steuerzahler herausholen müssen.
„Bei sprudelnden Steuereinnahmen wie es sie derzeit gibt, hätte der Finanzminister eine Steuerreform von 6,5 Milliarden Euro zustande bringen müssen“, kritisiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.
Zum Vergleich: Unter SPÖ-Kanzler Werner Faymann gab es 2015 Steuerreform von fünf Milliarden Euro, obwohl die Konjunktur damals in Schieflage war.
Einer, der stets im Schatten von Löger steht, ist FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs. Obwohl er es nicht leicht hat, sich neben Löger zu profilieren, weil er stets der zweite Mann im Finanzministerium ist, übt er sich trotzdem in Koalitionsräson.
Verkäufer nach außen
„Bei der Art wie Löger Projekte aufsetzt, spürt man, dass er aus der Wirtschaft kommt“, charakterisiert ihn Fuchs.
Die Rollenverteilung bei den Masterminds der Steuerreform läuft so: Löger ist der Präsentator nach außen. Der Arbeiter nach innen hingegen ist Staatssekretär Fuchs, weil er als Steuerexperte ein enormes Know-how besitzt. Er leitet auch die Task Force zur Steuerreform.
Die Budgetverhandlungen sind mehr Lögers Domäne, er vergleicht sie gerne mit einem Fußballmatch. „Manchmal muss man in eine härtere Gangart kommen. Bei manchen Ministerien geht man in die Verlängerung und wenn es Spitz auf Knopf steht, dann gehe ich auch ins Elfmeterschießen.“
Kein Gold, kein Prunk
Zu seiner stillen, unauffälligen Art, passt auch Lögers schmuckloses Büro. Er residiert nicht in den Prunkräumen von Prinz Eugen. „Als Finanzminister kann man in der Atmosphäre mit so viel Prunk und Gold nicht arbeiten“, sagt der Herr der Budgetzahlen.
Als Sohn eines Eisenbahners dritter Generation fühlt er sich in den Prunkräumen nicht sonderlich wohl. Sein Vater war noch Heizer bei der Eisenbahn.
Eine sozialdemokratische Prägung hat sich bei beim Finanzminister aber nicht verankert. Viel mehr als seine Herkunft hätte Löger in seinen Werten vor allem seine humanistische Ausbildung im Stiftsgymnasium Admont geprägt.
Hobby: Modelleisenbahnen
Seine Eisenbahner-Tradition lebt der Steirer nur mehr bei Modelleisenbahnen aus. „Weil so viele Erinnerungen an den Bahnhof in Selzthal existieren, habe ich jemanden gefunden, der mir ein Modell vom Bahnhof nachbaut.“ Fertig ist dieses Liebhaber-Projekt noch nicht.
Zuerst Versicherungsmakler, dann UNIQA-Vorstand, nun Finanzminister – das war ursprünglich nie in der Lebensplanung von Löger vorgesehen. Er wollte Pilot werden, trat beim Bundesheer ein, um sich ausbilden zu lassen. Bei einem Nachttraining stürzte er in eine Grube – damit war die Pilotenkarriere vorbei.
Der Vater wollte, dass sein Sohn Eisenbahner in der vierten Generation wird. Diese Perspektive ließ Löger nach Wien „fliehen“. Heute pilotiert kein Flugzeug, sondern das Staatsbudget.
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