Hartes Kontrastprogramm für Kurz in den USA

Sebastian Kurz im Gespräch mit Netflix-CEO Reed Hastings
Der ÖVP-Chef wirbt in Amerika für mehr Datensicherheit und eine "Ö-Cloud". Daheim erwartet ihn die Schredder-Affäre.

Im lässigen „Silicon-Valley-Look“ mit Jeans und Leinensakko (Anzug ist hier eher ein Kuriosum) trifft er im brandneuen Headquarter Apple-Chef Tim Cook zu einem 30-minütigen Meeting – das dann selbst zur Überraschung von Sebastian Kurz rund eine Stunde dauert. Absolutes Stillschweigen ist über die Inhalte des Gesprächs vereinbart.

Selbst ein gemeinsames Foto war nicht drinnen. Apple diktiert die Rahmenbedingungen. Viel lockerer agiert da Netflix-CEO Reed Hastings. Er wirkt tiefenentspannt, empfängt Kurz herzlich am Empfang des Unternehmens, das die westliche Welt entertaint.

„Haben Sie ein Abo von uns?“, fragt er scherzhaft zur Begrüßung. Für die meisten Digital-Giganten ist der Altkanzler nach wie vor „the Chancellor“. Was Kurz stets umgehend richtig stellt.

Es ist ein hartes Kontrastprogramm, das Kurz in Kalifornien erlebt. Während der ÖVP-Chef übers Handy nonstop die Attacken in der Heimat wegen der Schredder-Affäre verfolgt, erlebt er fast 10.000 Kilometer entfernt Wertschätzung. „Als ich vor vier Jahren das erste Mal ins Valley kam, war es schwer, einen Termin zu bekommen“, erzählt Kurz. Das ist heute kein Problem mehr. Tesla, Google, Uber & Co. standen in den letzten 48 Stunden auf dem Programm.

Hartes Kontrastprogramm für Kurz in den USA

Sebastian Kurz bei Tesla

Trotzdem schlägt sich das Schredder-Gate auf die Stimmung nieder. Spürbar größer wird bei dem sonst so disziplinierten Altkanzler die Verwunderung über die Entwicklung in Österreich. Sie wächst fast stündlich, möglicherweise weil ihm trotz der Distanz zur Heimat bewusst wird, dass es wieder ein sehr schmutziger Wahlkampf werden dürfte.

Das ist erst die Ouvertüre. Ja, der ÖVP-Chef gibt Fehler seines Mitarbeiters zu. Aber er spricht auch von einem „normalen Vorgang bei einem Regierungswechsel“. Eine ausführliches Statement will Kurz erst abgeben, wenn er wieder in Österreich ist.

Zurück nach Kalifornien: Am letzten Tag der Tour steht auch Uber am Programm. Der umstrittene Fahrdienst residiert in einer Fabrikshalle am Pier 70 in der US-Metropole San Francisco. Es geht um die Zukunft der Autoindustrie, kein noch so kleines Geheimnis darf nach außen dringen. Deswegen findet auch dieser Termin mit dem Uber-CEO Dara Khosrowshahi hinter verschlossenen Türen statt. Und es gab viel besprechen, denn erst Anfang Juli wurde die Lex Uber beschlossen. In dem Vier-Augen-Gespräch legte Kurz seine Standpunkte klar.

Seine Conclusio aus dem Trip? „Wir müssen Lust auf Unternehmertum machen. Die Freude an der Innovation darf nicht durch Regulierungen eingeschränkt werden.“

Handlungsbedarf sieht Kurz bei Cloud-Services. „Die Server dazu stehen meist in Asien und USA. Wir dürfen uns nicht abhängig machen, wir müssen eine eigene Infrastruktur aufbauen.“ Es gehe darum, „Datensicherheit für die österreichischen Menschen und Unternehmen zu gewährleisten.“ Der ÖVP-Chef kann sich die Schaffung einer „Ö-Cloud“ vorstellen.

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