Grüne legen neuen Entwurf gegen Korruption vor, ÖVP will prüfen

Eigentlich wollte die grüne Justizministerin Alma Zadić zum ersten Jahrestag des Ibiza-Videos mit einem Vorstoß punkten: Damals, im Frühjahr 2020, hatte ihr Ministerium Ideen zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechtes zu Papier gebracht – stieß aber auf wenig Resonanz beim Koalitionspartner. Ein fertiger Gesetzesentwurf liegt nun schon seit mehr als einem Jahr bei der ÖVP, wie Zadić kürzlich in der ZiB 2 erklärte.
Druck machte zuletzt auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Als vergangene Woche die Einvernahmeprotokolle von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid publik wurden und Korruptionsvorwürfe gegen türkise Politiker neuen Zunder bekamen, sagte das Staatsoberhaupt, es müssten Maßnahmen gesetzt werden, um das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Am Nationalfeiertag legte Van der Bellen nach: Er forderte Integrität von der Politik ein.
Bundeskanzler Karl Nehammer erklärte, er nehme die Worte des Präsidenten „sehr ernst“ – und tatsächlich tut sich jetzt etwas. Dem Vernehmen nach haben die Grünen einen neuen, überarbeiteten Entwurf vorgelegt, der nun von der ÖVP geprüft wird. Die Klubs sind eingebunden.
Wahlkampf
Ziel des Gesetzesentwurfes ist es, Lücken, die im Zuge der Ibiza-Affäre offenkundig wurden, zu schließen. Da wäre erstens der Anlassfall Heinz-Christian Strache: Der damalige FPÖ-Chef stellte der vermeintlichen Oligarchin im Sommer 2017 in Aussicht, ihr Staatsaufträge zukommen zu lassen, wenn die FPÖ in die Regierung kommt.
Laut derzeitigem Gesetz ist das nicht strafbar, weil Strache zum damaligen Zeitpunkt noch nicht Regierungsmitglied war. Vizekanzler wurde er erst im Dezember 2017.
Nun soll der Amtsträger-Begriff erweitert werden. Und zwar insofern, dass man sich mit derlei Versprechen schon dann strafbar macht, wenn man sich unmittelbar vor oder in einem Wahlkampf befindet – das Versprechen darf also nicht rein hypothetisch sein. Das gilt auch für Bewerber vor bzw. in einem Ausschreibungsverfahren für ein Amt, beispielsweise bei Sektionschefs.
Mandatskauf
Zweiter Anlassfall ist eine ehemalige FPÖ-Abgeordnete, die behauptete, Strache habe von ihr Geld verlangt, damit sie vor einer Wahl auf einen wählbaren Listenplatz gesetzt wird. Ein solcher „Mandatskauf“ soll für beide Seiten strafbar werden: für denjenigen, der zahlt, damit er selbst bzw. sein Wunschkandidat einen Platz bekommt, und für denjenigen, der eine Gegenleistung verspricht.
Bei diesem Punkt hatte die ÖVP dem Vernehmen nach Bedenken: Viele türkise Kandidaten führen selbstständig Wahlkampf, um mittels Vorzugsstimmen von den unteren Listenplätzen hinaufzuklettern und ein Mandat zu ergattern.
Zur Klarstellung, dass Unterstützung bei diesen individuellen Wahlkämpfen nicht prinzipiell verboten ist, wurde im Gesetzesentwurf eine Klausel hinzugefügt: Was den „guten Sitten“ entspricht, soll weiterhin erlaubt sein.
Nachdem der überarbeitete Entwurf nun bei der ÖVP liegt, heißt es aus grünen Kreisen zum KURIER: „Wir haben uns bewegt, jetzt muss die ÖVP über ihren Schatten springen und zeigen, dass sie es mit der Korruptionsbekämpfung ernst meint.“
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