Grubmüller im U-Ausschuss: "Das ist ein mafiöses System"
Der Donnerstag ist „Prikraf“-Tag im U-Ausschuss. Und damit man verstehen kann, worum genau es hier geht, muss man zunächst das sperrige Kürzel erklären: Prikraf steht für Privatanstalten-Finanzierungsfonds. Und dieser hat im Gesundheitssystem eine spezielle Aufgabe: Aus ihm bekommen Privatspitäler Geld für die Behandlung von Pflichtversicherten, fast 150 Millionen Euro werden laut SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer mittlerweile jedes Jahr ausgeschüttet – es geht also um viel Geld.
Zurück ins Parlament: Bei der Prikraf-Befragung geht es dem Grunde nach um eine einfache Frage. Sie lautet: Hat Heinz-Christian Strache im Gegenzug für eine Parteispende dafür gesorgt, dass Walter Grubmüller, früherer Speedway-Profi, Mitbegründer eines Wett-Konzerns und vormaliger Betreiber einer Währinger Privatklinik, mit diesem seinen Spital in den Fonds darf und damit Zugang zu den Millionen-Zahlungen aus öffentlichen Mitteln erhält.
Welche belastbaren Argumente gibt es für diese Behauptung?
Grubmüller hat im Sommer 2017 exakt 10.000 Euro an die FPÖ gespendet. Zusätzlich liegen dem U-Auschuss Handy-Nachrichten vor, die laut Grünen und SPÖ Folgendes zeigen: Während der Regierungsverhandlungen mit der ÖVP hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Grubmüller via Kurznachricht gefragt „Welches Gesetz brauchst Du?“
Für Nina Tomaselli, Fraktionschefin der Grünen, ist damit vorab belegt: Hier hat sich jemand im Gegenzug für eine stattliche Parteispende ein Gesetz erkauft.
Soweit schien die Sache klar – bis am Donnerstag Walter Grubmüller selbst im Untersuchungsausschuss auftritt.
Unter Wahrheitspflicht sagt er gleich zu Beginn, dass er kein Parteigänger der FPÖ, sondern über Jahrzehnte hinweg Sozialdemokrat war. „Anton Benya war ein Freund unserer Familie, ich wurde tief sozialistisch erzogen.“
49 Jahre war der frühere Speedway-Fahrer Mitglied der SPÖ, und damit ist man wieder retour beim „Prikraf“. Denn die Geschichte, die der wohlhabende Unternehmer unter Wahrheitspflicht erzählt, ist eine überraschend andere als die von den Ausschuss-Fraktionen ursprünglich kolportierte.
Laut eigenen Angaben hat Genosse Grubmüller über Jahre hinweg versucht, mit seiner Währinger Klinik in den Prikraf zu kommen – ohne Erfolg. 2018 trat er deshalb aus der SPÖ aus. „Weil mir die SPÖ nicht zu meinem Recht verhelfen konnte“.
Hat sich Grubmüller ein Gesetz erkauft oder kaufen wollen? „Nein, ich wollte mir nie ein Gesetz kaufen.“
Vielmehr sei ihm der Zugang zum Prikraf gesetzlich zugestanden, das würden auch Gutachten von Experten wie Heinz Mayer und anderen belegen.
Die Wirtschaftskammer und die dortige Interessenvertretung hätten allerdings mit allen Mitteln versucht, ihm den Zugang zu verweigern – inklusive der ordentlichen Gerichte. „Mir wurde klar gesagt, dass man auch verhindern wird, dass sich ein Richter der Sache annehmen wird.“ Und das sei passiert.
Irgendwann in der Befragung will SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer wissen, ob man den Prikraf und die dortigen Verhältnisse als „maföse Struktur“ bezeichnen kann. „Ja, das ist ein mafiöses System“, antwortet Grubmüller.
Das klingt ziemlich flapsig und reichlich pauschal. Wie kommt Grubmüller zu seiner Einschätzung?
Im Kaffeehaus in Perchtoldsdorf
Dazu muss man Folgendes wissen: Im Zuge von Grubmüllers jahrelangem Streit mit der Wirtschaftskammer bzw. dem Fachverband ist der frühere Pressesprecher von Alois Mock, Herbert Vytiska, auf Grubmüller zugegangen. „Wir haben uns in Perchtoldsdorf in einem Kaffeehaus getroffen, und er hat gesagt: ,Ich höre, Du hast Schwierigkeiten mit der Wirtschaftskammer. Dir kann geholfen werden'“, erzählt Grubmüller. Und weiter: „Das geht aber nicht gratis, das kostet 250.000 Euro.“ In dieser Viertelmillion sollen 100.000 Euro Zahlungen an ÖVP-nahe Vereine wie das Alois-Mock-Institut enthalten sein. „Vytiska hat gesagt, Du musst dir den politischen Willen erkaufen.“ Aber genau das habe er, Grubmüller, nicht gemacht. „Weil ich der Meinung war, der Prikraf steht mir zu.“
Herbert Vytiska ist nicht mehr am Leben, er kann weder das Gesagte bestätigen, geschweige denn sich wehren. Und seitens des Alois-Mock-Instituts stellte Gründer Wolfgang Sobotka am Donnerstag auch klar, dass Vytiska nie für das Institut habe sprechen können. Allerdings behauptet Grubmüller, dass ein anderer Zeuge, nämlich sein Pilot Gottfried L., Gespräch und Inhalte bestätigen könne.
ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl formuliert an diesem Vormittag einen verständlichen Einwand: Selbst wenn der mittlerweile verstorbene Vytiska behauptet haben sollte, dass er mit hunderttausenden Euro Grubmüllers Probleme hätte lösen können, so stellt sich dennoch die Frage, ob Vytiska überhaupt in der Lage war zu tun, was er behauptet. „Immerhin“, sagt Gerstl, „war Vytiska ab 1988 in keinem formalen Verhältnis zur ÖVP, sondern Consulter.“ Hinzu kommt: Grubmüller hat aus Überzeugung, wie er sagt, ohnehin nie Geld überwiesen – bis auf die Spende an die Freiheitlichen.
Damit ist man wieder bei Heinz-Christian Strache.
Was war eigentlich mit den 10.000 Euro, Herr Grubmüller?
"Ich habe Strache immer dann kontaktiert, wenn ich um Geld angebaggert wurde." Einmal waren Grubmüller und Strache auch gemeinsam in Korfu auf Urlaub. Den entsprechenden Flug soll sich Strache aber selbst bezahlt haben. "Er hat dann vier Tage mit mir in meinem Haus gewohnt."
Was die Zahlungen an die ÖVP-nahen Vereine angeht, soll Strache zu Grubmüller immer wieder gesagt haben, dass man da besser "nicht anstreift".
Bleibt die Frage, wieso ein langjähriger Sozialdemokrat eine 10.000 Euro Parteispende an die FPÖ leistet? „Ich habe mir nichts erwartet von der Spende, ich wollte die Wahlwerbung finanzieren.“ Grubmüllers Motiv war also Enttäuschung. Enttäuschung darüber, dass ihm weder die SPÖ noch sonstjemand zu seinem Recht verhelfen konnte. „Nur die FPÖ hat Juristen beschäftigt, die sich mit meinen Gutachten (und seiner Streit-Causa) beschäftigt haben. Das hat mir gefallen.“
Fachverband wehrt sich
Für Thomas Kreuz, den Sprecher der Privatkrankenanstalten, ist es schlichtweg unwahr, was Grubmüller unter Wahrheitspflicht im U-Ausschuss gesagt hat. "Wieso Herr Grubmüller behauptet, die anderen Privatspitäler wären gegen ihn gewesen, ist völlig rätselhaft." Der Fachverband habe sich stets für Grubmüllers Aufnahme in den Prikraf ausgesprochen. Es sei vom Fachverband aber auch klargestellt worden, "dass eine Aufnahme nur bei einer entsprechenden Erhöhung des Fondsvolumens möglich ist." Das entspreche "dem Hausverstand - ohne Erhöhung müssten ja die anderen Spitäler die neu hinzugekommenen finanzieren - und zudem der lang gelebten Praxis".
Bernhard Wurzer von der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK bestätigte das als Auskunftsperson insofern, als auch er der Schilderung Grubmüllers widersprach. Es gebe ein Direktverrechnungsübereinkommen mit der Wiener Gebietskrankenkasse, das rückwirkend abgeschlossen worden sei und in das die ÖGK mit 2020 eingetreten sei. Mittlerweile habe Grubmüller auch schon einen Teil der Kosten abgerechnet, so Wurzer.
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