Neuer Kurs bei den Grünen: Gewessler will auch für Autofahrer da sein

47. BUNDESKONGRESS DER GRÜNEN MIT WAHL DER NEUEN PARTEIFÜHRUNG: GEWESSLER
Leonore Gewessler zeigt sich im "Morgenjournal" problembewusst, was das Grüne Image als Verbotspartei angeht.

Die Grünen wollen ihr Image als Verbotspartei im Namen des Klimaschutzes abschütteln und sich künftig offenbar stärker als soziale Kraft positionieren und auch volksnäher werden. Das betonte die neue Parteivorsitzende Leonore Gewessler am Montag im Ö1-„Morgenjournal“. „Wir müssen uns ganz fest verankern als Partei an der Seite aller Menschen – auch jener, die auf ein Auto angewiesen sind oder sich im Supermarkt bücken müssen, weil Biosiegel-Produkte zu teuer sind“, so Gewessler.

Gewessler räumt Versäumnisse ein

Mit Blick auf vergangene Fehler zeigt sich Gewessler selbstkritisch. Man habe es offenbar nicht immer geschafft, auch Menschen außerhalb des urbanen Milieus mitzunehmen.

„Wenn der Eindruck entstanden ist – wie mir ein Ehepaar aus Vorarlberg erzählt hat – dass man die Grünen nicht wählen kann, wenn man ein Auto besitzt, dann haben wir etwas falsch gemacht.“

Trotz der Kritik bleibt die Verkehrswende ein zentrales Thema für Gewessler. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel müsse so einfach wie möglich werden. Doch künftig will die Partei auch Themen wie Wirtschaft, Sicherheit, Bildung und Gleichberechtigung stärker in den Vordergrund stellen – und auch dort Wort halten, „so wie beim Klimaschutz“, so Gewessler.

Wir müssen uns ganz fest verankern als Partei an der Seite aller Menschen – auch jener, die auf ein Auto angewiesen sind.

von Leonore Gewessler

über die Neuausrichtung der Grünen.

Kritik an Klimamaßnahmen? Gewessler kontert

In der aktuellen Budgetdebatte stehen insbesondere teure Klimamaßnahmen wie das Klimaticket der ÖBB, das teurer werden soll, unter Beschuss. Verantwortung dafür weist Gewessler zurück: „Die Grünen haben viel gemacht, aber ich war keine Minute Finanzministerin“, stellt sie klar.

Stattdessen kritisiert sie "Privilegien" für internationale Digitalkonzerne und ausländische Frächterlobbys. Dafür sei offenbar schon Geld da.

Soziale Staffelung beim Klimabonus und Einkommensteuer

Der von Gewessler eingeführte Klimabonus war in die Kritik geraten, weil er alle Einkommenschichten im Visier hatte: Auch jene, die keine Unterstützung wegen höherer Spritpreise und Energiekosten gebraucht hätten, waren in den Genuss einer staatlichen Zahlung gekommen. Bei Änderungen bei dieser Förderung spricht sich Gewessler für eine soziale Staffelung aus. Ähnliches fordert sie bei der „kalten Progression“, deren Abschaffung Millionen an Steuereinnahmen gekostet habe. „Ich kann mir vorstellen, bei den oberen Einkommen regulierend einzugreifen“, sagte sie im Interview.

Kurs im Parlament: Klare Opposition, aber konstruktiv

Als neue Parteivorsitzende betont Gewessler, dass die Grünen zwar Opposition machen werden – aber nicht nur: „Wir Grünen können Opposition, darauf können sich alle verlassen." Und weiter: "Aber wenn es gute Vorschläge gibt, werden wir diese auch unterstützen" – etwa bei notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheiten.

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