Gewessler kritisiert ÖVP-Minister: "Damit ist er auf dem Holzweg"

Die Bundesregierung hatte bis zum Sommer drei große Energiegesetze versprochen, daraus wurde nichts – und es dürfte noch viel länger dauern. Nach der extra verlängerten Begutachtungsfrist für das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) liegen nun über 500 Stellungnahmen vor, die vom Wirtschaftsministerium nun gesichtet und eingearbeitet werden müssen. Erst dann kann Minister Wolfgang Hattmannsdorfer einen Ministerratsvortrag einbringen. Und das wird der Startpunkt für Verhandlungen mit der Opposition.
Im föderal verwalteten Österreich sind große Gesetze wie jenes zum Strommarkt nämlich Verfassungsmaterie, die türkis-rot-pinke Regierung braucht also die Stimmen einer Oppositionspartei.
Die Freiheitlichen hatten vor wenigen Tagen in einer Aussendung massive Kritik am Entwurf geäußert, besonders wegen der steigenden Netzkosten. Sie würden nun Fachgespräche führen, um eine „faktenbasierte Energiepolitik ohne ideologische Scheuklappen“ zu erreichen.
Auf Nachfrage beim Dachverband der erneuerbaren Energien EEÖ hieß es dort, dass es bisher keine Anfrage der FPÖ gegeben habe, man stehe aber jederzeit zur Verfügung.
Donnerstagvormittag luden dafür die Grünen ins Palais Eppstein neben dem Parlament, wo Unternehmer der Energiebranche und Vertreter der Erneuerbaren mit den Grünen den Gesetzesentwurf der Regierung für den Strommarkt diskutierten.
„Auf dem Holzweg“
Fazit von Energiesprecherin und Grünen-Chefin Leonore Gewessler: „Mit diesem Gesetzesentwurf sind Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer und Staatssekretärin Zehetner auf dem Holzweg.“ Sie verlange in weiten Teilen einen neuen Entwurf des ElWG. Hattmannsdorfer soll die breite Kritik ernst nehmen.
Konkret würde die Energiewende – weg vom Strom aus Gaskraftwerken, der den Strom wesentlich verteuere – hin zu den Erneuerbaren mit diesem Gesetz gebremst, statt beschleunigt. Die dringend benötigten Investitionen in den Ausbau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen würden damit deutlich unattraktiver werden.
Die Sprecherin des Erneuerbaren-Dachverbandes EEÖ, Martina Prechtl-Grundnig, nennt die geplanten zusätzlichen Netzentgelte für Erzeugungsanlagen „ein energie- und wirtschaftspolitisches Eigentor“, dass den Ausbau bremst und Strom-Importe begünstigt: „Wir hoffen, dass diese Fallstricke noch korrigiert werden können.“
Wie fahren ohne Vignette
Florian Maringer vom Dachverband der Windbranche IG Wind ist speziell irritiert über die Besserstellung von Stromimporten – weil für importierten Strom keine Netzgebühren bezahlt werden müssen: „Das heißt nichts anderes, als dass jeder Österreicher eine Vignette für die Nutzung der Autobahn-Infrastruktur benötigt, ein Deutscher oder Tscheche, der Kohle- oder Atomstrom nach Österreich bringt, braucht aber keine Vignette, weil dafür keine Netzgebühren zu zahlen sind. Das ist doch einfach nur mehr absurd.“
Kommentare