Gemeinnützigkeitsreform - Abänderungsantrag besänftigt NGOs nicht

Gemeinnützigkeitsreform - Abänderungsantrag besänftigt NGOs nicht
Koalition will mit Abänderungsantrag aufschiebende Wirkung bei Beschwerde gegen Widerruf gewährleisten - Für NGOs ist dieser "beinahe wirkungslos"

Am Donnerstag soll im Nationalrat die Gemeinnützigkeitsreform beschlossen werden. Nachdem NGOs massive Kritik geäußert hatten, wonach Vereinen und Organisationen künftig ohne Rechtsverfahren mit aufschiebender Wirkung die Spendenabsetzbarkeit entzogen werden könne, reagierten ÖVP und Grüne mit einem Abänderungsantrag, um eben diese Möglichkeit im Beschwerdefall schaffen. Dieser Antrag sei jedoch beinahe wirkungslos, kritisierte Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit.

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"Besonders perfide" sei, dass Beschwerden gegen die Aberkennung nur dann aufschiebende Wirkung hätten, wenn die gleiche Behörde, die die Aberkennung ausspricht, damit auch einverstanden sei. "Verwaltungsübertretungen können jederzeit zum Entzug der Spendenabsetzbarkeit und damit zum finanziellen Ruin führen. In Zukunft werden sich also Organisationen bei jedem Protest überlegen müssen, ob dieser sie ihre Existenz kosten wird (...) Beamtinnen und Beamte können kritischen Vereinen die Spendenabsetzbarkeit entziehen und sie so von einem Tag auf den anderen finanziell ruinieren", sagt der Greenpeace-Geschäftsführer in einer Aussendung. 

"Existenzbedrohender Angriff"

Greenpeace, aber auch die Volkshilfe, Fridays for Future und der Verein gegen Tierfabriken kritisieren das Gemeinnützigkeitsreformgesetz weiter als "schweren, existenzbedrohenden Angriff auf zivilgesellschaftliche Organisationen in Österreich."

Ein Widerruf der Spendenbegünstigung kann durch das Finanzamt erfolgen, wenn eines der gesetzlichen Kriterien für die Spendenbegünstigung nicht (mehr) erfüllt wird. Wie das Finanzministerium mitteilte, werde in der Nationalratssitzung am Donnerstag von den Regierungsfraktionen ein Abänderungsantrag eingebracht, mit dem die Möglichkeit einer aufschiebenden Wirkung im Beschwerdefall geschaffen werden soll.

Damit bleibe die Spendenbegünstigung während des Rechtsmittelverfahrens aufrecht. Und die Spender hätten jederzeit Rechtssicherheit über die Abzugsfähigkeit ihrer Spenden. Mit dieser Ergänzung soll die Effizienz des Rechtsschutzes verbessert, zugleich aber etwaiger Missbrauch der Spendenbegünstigung verhindert werden, hieß es.

"Orbanisierung"

Kritik übte bei der Debatte im Plenum die SPÖ. Der sozialdemokratische Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter sprach von „einer Orbanisierung unseres Gesetzessystems“, wenn künftig Verwaltungsbeamte im Ministerium entscheiden würden, ob ziviler Protest noch stattfinden dürfe oder nicht. Der Abänderungsantrag ändere gar nichts daran, so Matznetter, der insbesondere den Grünen vorwarf, ihre Seele an den Koalitionspartner zu verkaufen.

Gemeinnützigkeitsreform - Abänderungsantrag besänftigt NGOs nicht

Christoph Matznetter (SPÖ)

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) verteidigte die Regelung zur Möglichkeit der Aberkennung der Spendenabsetzbarkeit. Das sei notwendig, um sich vor Missbrauch zu schützen, denn „es geht um Geld der Steuerzahler“, so Brunner. Mit dem Abänderungsantrag sei Rechtssicherheit sichergestellt. Die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger lobte das Gesetz als „wirklich eine ganz grundlegende Wende in der Berücksichtigung des gemeinnützigen Sektors“.

Gemeinnützigkeitsreform - Abänderungsantrag besänftigt NGOs nicht

 Eva Blimlinger  (Grüne)

Die Neos freuten sich insbesondere, dass auch Bildungsinitiativen und -einrichtungen von der neuen Regelung profitieren. Schade sei nur, dass freie Schulen anders als konfessionelle Schulen nicht bedacht würden, so die pinke Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.

Nicht nur Kritik

Zufriedene Reaktionen kamen indes vom Bündnis für Gemeinnützigkeit, dem Fundraising Verband Austria und dem Verband für gemeinnütziges Stiften. Dass Beschwerden gegen eine Aberkennung der Spendenabsetzbarkeit aufschiebende Wirkung bekommen, schaffe mehr Rechtssicherheit, betonte Stefan Wallner, Geschäftsführer des Bündnis für Gemeinnützigkeit. Um bei etwaigen Aberkennungen „höchste Sorgsamkeit und eine Wahrung der Verhältnismäßigkeit in der Vollziehung“ sicherzustellen, gebe es eine regelmäßige Evaluierung im Spendenarbeitskreis im Finanzministerium, in dem u.a. der Fundraising Verband Austria und das Bündnis für Gemeinnützigkeit als Dachverbände vertreten sind.

Die Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf Bildung, Sport, Kultur, Menschenrechte und Tierschutz sah das Bündnis als „Zeichen der Wertschätzung für die gesamte Zivilgesellschaft“, laut Einschätzung des BMF könnten durch das Gesetz bis zu 45.000 Vereine Zugang zur Spendenbegünstigung erhalten. 

Zudem bringe die Reform Verwaltungserleichterungen für große und kleine Vereine, mehr Anerkennung für Freiwilligenarbeit und attraktive Rahmenbedingungen für gemeinnützig aktive Stiftungen. Der Fundraising Verband Austria lobte per Aussendung „die größte Reform zugunsten gemeinnütziger Organisationen, ihrer Spendenden und freiwillig engagierter Menschen in der Geschichte Österreichs“. Für den Verband für gemeinnütziges Stiften rückt damit Österreichs gemeinnützige Stiftungslandschaft „zu international führenden Philanthropie-Nationen auf“.

Neuregelung

Durch die Neuregelung können ab dem kommenden Jahr alle gemeinnützigen Vereine und Körperschaften, die die gesetzlichen Kriterien der Gemeinnützigkeit und Spendenbegünstigung erfüllen, beantragen, vom Finanzamt Österreich als begünstigte Einrichtung anerkannt und in die Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen aufgenommen zu werden. Besonders die Bereiche Bildung, Sport, Kunst und Kultur sollen von der Ausweiterung profitieren.

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