Gefälschte ÖVP-Mails: Mutmaßlicher Betrüger nahm Geld für Dokumente

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer: An Ibiza-Mails "absolut nichts dran"
Ermittler der Staatsanwaltschaft und der "Soko Ibiza" haben einen Verdächtigen ausgeforscht. Internetplattform zahlte für Fake-E-Mails.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte Mitte Juni in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz beklagt, dass gefälschte E-Mails im Umlauf seien, die sowohl ihn selbst als auch den Wiener VP-Chef Gernot Blümel in einen Zusammenhang mit der Entstehung des Ibiza-Videos rücken. Wenig später wurde bekannt, dass die fraglichen E-Mails der Internetplattform "EU-Infothek" zugespielt worden waren. Das Portal beschäftigt sich seit Auffliegen des Ibiza-Videos ausgiebig mit der Causa.

Der Betreiber des Rechercheportals, Gert Schmidt, räumte nun im Ö1-Morgenjournal ein, dass er einem Hochstapler aufgesessen sei. Dieses Bekenntnis findet sich bereits seit Tagen auf dem Portal selbst, wo außerdem darauf hingewiesen wird, dass man "zu jeder Zeit der Berichterstattung darauf hingewiesen" habe, "dass es NICHT feststellbar ist, ob diese beiden Mails echt oder gefälscht sind." 

3000 Euro bezahlt

Schmidt, ein Kenner des Glücksspielgeschäfts, weist außerdem darauf hin, dass das Motiv für diese Fälschungen "ursächlich nicht im politischen Bereich zu finden" sei, "sondern in einem eher tragischen, persönlichen Schicksal". Fabriziert wurden die beiden Mails demnach von einem ewa 30-jährigen Mann aus Oberösterreich mit beachtlicher IT-Kenntnis. Im Morgenjournal sagte Schmidt, dass der Mann als "pathologischer Spieler" einer Betreuung bedürfe.

Er habe dem mutmaßlichen Betrüger knapp 3.000 Euro als Lohnvorauszahlung bezahlt, da dieser auch behauptet habe, noch viel mehr E-Mails und sogar das Ibiza-Video selbst zu besitzen, berichtet das "Morgenjournal". Der Mann habe den vereinbarten Job aber nie angetreten.

Nach Details in Blümels Terminplan gesucht

Eines der Mails enthielt folgenden Text: "Wir haben mehrstündiges Videomaterial, das jeder Überprüfung standhält. Strache + Gudenus. Da sind alle anderen obsolet. Wir brauchen aber eine perfekte Strategie dazu."

Mehrere Indizien hätten die Ermittler der Staatsanwaltschaft Wien und der "Soko Ibiza" zur Erkenntnis geführt, dass die Mails gefälscht sind, berichtet Ö1. Der Verdächtige habe damals behauptet, er habe die E-Mails vom ÖVP-nahen "Verein zur Förderung der Wirtschaft in der Ukraine" im ersten Wiener Bezirk abgesaugt. Dieser Verein hatte zu jener Zeit seinen Sitz aber nicht mehr in der Inneren Stadt, sondern war schon in den 19. Bezirk übersiedelt.

Zudem habe die Auswertung des Suchverlaufs auf dem Computer des Mannes ergeben, dass er nach Details gesucht hatte, die die Echtheit der E-Mails glaubhaft machen sollten. Zum Beispiel suchte er danach, ob sich der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel im Februar 2018 in Brüssel aufgehalten habe.

Laut dem von der Presse zitierten Anwalt des Verdächtigen wird vor allem wegen des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem ermittelt. Der Vorwurf der Täuschung spiele im Akt kaum noch eine Rolle, meint der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft Wien gibt in der Causa keine Informationen bekannt, weil es sich bei den Ermittlungen rund um die Ibiza-Affäre um einen "Verschlussakt" handelt. Die Staatsanwaltschaft bestätigte der APA lediglich eine Hausdurchsuchung, bei der Daten sichergestellt wurden. Diese würden derzeit ausgewertet.

ÖVP sieht sich bestätigt

"Die Vorwürfe gegen die Volkspartei brechen wie ein Kartenhaus zusammen", sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung am Donnerstag.

Die ÖVP sei im Wahlkampf mit "massiven Unterstellungen" konfrontiert gewesen, sagt Nehammer, der in diesem Zusammenhang neben den gefälschten E-Mails auch an die "Schredder-Causa" oder den Hacker-Angriff erinnerte. Dabei sei die Volkspartei immer Vorwürfen ausgesetzt gewesen, dass die Partei etwas zu verstecken habe oder unrechtmäßig agiere. Jetzt zeige sich, dass "absolut nichts dran war", argumentierte Nehammer.

Kein Zusammenhang mit Hacker-Affäre

Klar ist mittlerweile auch, dass zwischen den gefälschten Ibiza-Mails und dem mutmaßlichen Hackerangriff auf die ÖVP kein Zusammenhang besteht. In letzterer Causa wartet die Staatsanwaltschaft Wien noch auf die Antwort der französischen Behörden. Diese wurden per Europäischer Ermittlungsanordnung um Hilfe gebeten, weil die mutmaßlich gestohlenen Daten auf einem Server in Frankreich gefunden wurden. Diese sollten ursprünglich per Ende September gelöscht werden. Ob die französischen Behörden die Daten zuvor sicherstellen konnten, sei derzeit nicht bekannt, hieß es.

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