Fünf Gründe, warum die Politik transparenter werden muss
Was haben die befremdliche „Operation Reißwolf“, die Debatte um das neue Parteispendengesetz und geheim gehaltene Studien aus einzelnen Ministerien gemein? Bei allen geht es im Kern um ein Thema: Transparenz in der Politik.
Warum Österreichs Politik insbesondere nach der Ibiza-Affäre viel mehr Transparenz vertragen würde, dafür sprechen zumindest die folgenden Gründe:
1. Weil Bürger wissen dürfen, wohin ihr Geld fließt
Es gibt sympathischere Argumente als „Wer zahlt, schafft an“. Im öffentlichen Bereich trifft es aber vollends zu. Wenn Steuerzahler ein Parlament und damit eine Bundesregierung wählen, dann sollen sie wissen dürfen, wofür die Regierung ihr Steuergeld ausgibt. „Österreich ist die letzte Demokratie Europas, in der es kein Recht auf Dokumenteneinsicht gibt. Niemand darf wissen, was im Detail in der Verwaltung passiert“, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit, kurz FOI.
Seit Jahren drängt das FOI darauf, das Amtsgeheimnis umzukehren. Das würde bedeuten: Die Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung wären grundsätzlich öffentlich – also jede Privatisierung, Auftragsvergabe, Klima-Studie oder Genehmigung für einen Stand auf einem Christkindlmarkt. „In der Slowakei werden Verträge der öffentlichen Hand überhaupt erst dann rechtskräftig, wenn sie im Internet veröffentlicht worden sind“, sagt Huter. Geheim bleiben würden Informationen nur, wenn durch die Veröffentlichung ein Schaden entsteht – etwa wenn persönliche Daten von Bürgern betroffen sind.
2. Weil gläserne Parteien die Demokratie schützen
Die Frage, wie Parteien finanziert werden, ist eine Schlüsselfrage der Demokratie – das wurde nach dem Ibiza-Skandal deutlich. Es spricht nichts gegen Spenden an Parteien, schon gar nicht, wenn damit Bürgerbewegungen „von unten“ das politische System beleben. Voraussetzung dafür aber ist, dass die Wähler vor einer Wahl wissen, wem eine Partei oder Politiker (finanziell) im Wort sind. Dafür wäre es freilich notwendig, dass nicht nur die Wahlkampfkosten, sondern sämtliche Parteifinanzen (auch Vermögen, Kredite, etc.) öffentlich leicht einsehbar sind, und dass der Tatbestand der illegalen Parteifinanzierung ins Strafgesetz kommt. Experte Huter: „Nur wenn der Rechnungshof prüfen und die Staatsanwaltschaft ermitteln können, müssen Parteien befürchten, dass kreative Umgehungsstrategien auffliegen.“
3. Weil das Sicherheitsargument nicht mehr zieht
Man stelle sich vor, der Kaufvertrag für die Eurofighter wäre auf der Homepage des Verteidigungsministeriums abrufbar. Vollständig und als PDF-File. Klingt absurd? Ist es nicht.
Wie Österreich hat auch Großbritannien Eurofighter gekauft. Und wer sich dafür interessiert, dem schickt das „Ministry of Defence“ den Tausende Seiten zählenden Kaufvertrag zu – mit der Einschränkung, dass Details, die Vertragspartner als ernsten Wettbewerbsnachteil sehen (Ersatzteilkosten, Rabatte etc.) geschwärzt sind. Die (militärische) Sicherheit des Vereinigten Königreichs und der NATO-Partner nimmt durch die Transparenz offensichtlich keinen Schaden.
4. Weil weniger Verschwiegenheit den Kommunen beim Sparen hilft
Ein weitgehend unbeachtetes Argument für mehr Transparenz im öffentlichen Bereich sind die Sparmöglichkeiten bei öffentlichen Ausgaben. Ein Beispiel: Derzeit gibt es keinen flächendeckenden zentralen Einkauf der Bundesländer und Gemeinden – und das, obwohl sie kostenintensive Einrichtungen wie Pflegeheime, Spitäler etc. betreiben. Könnte ein Spital im Burgenland (online) sehen, wie viel ein Krankenhaus in Niederösterreich für ein Röntgengerät bezahlt hat, könnte es besser verhandeln und sicherstellen, vom Lieferanten nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Ein anderes Beispiel: Das neue Wiener Krankenhaus Nord hätte vermutlich von vornherein keinen „Energie-Schutzring“ um 95.000 Euro bekommen, hätten die Verantwortlichen gewusst, dass diese Rechnung automatisch veröffentlicht werden würde.
5. Weil mehr Transparenz niemandem mehr hilft als den Politikern selbst
Ist es (rechtlich) in Ordnung, wenn Organisationen Parlamentariern helfen – etwa, indem sie Mitarbeiter zur Verfügung stellen? Wie deklariert ein Kandidat fürs Parlament Wahl-Events, bei denen ein Sympathisant das Buffet bezahlt, weil er den Vorzugsstimmenwahlkampf unterstützen will? Fragen wie diese sind hierzulande eine Grauzone. Grauzonen schaffen aber Unsicherheit – und die können Wähler und Abgeordnete derzeit am wenigsten gebrauchen.
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