FPÖ-Nepp: Vermögenszugriff nur bei "schwerem sozialen Missbrauch"
Der designierte Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp ist dagegen, dass auf das Vermögen von Arbeitslosen zugegriffen wird - so lange sie keinen "schweren sozialen Missbrauch" begangen haben. Das sagte er im Interview mit der APA. Auch dass Gemeindebau-Mieter nach Gehaltserhöhungen sofort zur Kasse gebeten werden, lehnt er ab. Dies solle nur in Ausnahmefällen möglich sein, befand er.
Der Noch-Klubchef übernimmt von Johann Gudenus den Posten des - nicht amtsführenden - Vizebürgermeisters. Die Angelobung erfolgt am 25. Jänner im Gemeinderat. Sein Vorgänger ist ins Parlament gewechselt und dort nun geschäftsführender Klubobmann. Mit dem Start der neuen FPÖ-ÖVP-Koalition ist der Rathaus-Blaue höchst zufrieden, wie er versicherte: "Im Gegensatz zur alten Regierung kann man sagen, dass es sehr harmonisch läuft."
Lob für Regierungsarbeit
Es sei "erfrischend", dass die Bundesregierung nicht miteinander streite und die "Probleme der Zeit" erkannt habe: "Die ersten Maßnahmen wurden schon umgesetzt und in diesem Takt geht es weiter." Lob erntete etwa der Familienbonus. Auch seien weitere Steuerentlastungen geplant, hob er hervor.
Die andauernden Querelen um die Zukunft des Arbeitslosengeldes oder die Verwirrung um eine mögliche Unterbringung von Asylwerbern in Kasernen, wollte Nepp nicht überbewerten. Er ortet "schon einen gewissen linken Alarmismus": "Da hat man sich Gedanken gemacht über ungelegte Eier. Ich warte auf den Letztvorschlag, über den kann man dann debattieren. Hier ist viel von der SPÖ hineininterpretiert worden."
Im Bereich Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe werde noch verhandelt. "Grundkonsens ist, dass jeder Langzeitarbeitsloser zu viel ist. Das soll so rasch wie möglichst behoben werden. Wie das dann aussieht, ob mit Vermögenszugriff oder nicht, wird man sehen." Zugleich sprach sich aber auch der künftige Wiener Vizebürgermeister klar dagegen aus, diesen nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes jedenfalls vorzunehmen - wie es bei dem laut Regierung geplanten Wechsel in die Mindestsicherung der Fall wäre: "Ich halte vom Vermögenszugriff nur dann etwas, wenn wirklich Sozialmissbrauch betrieben wird. Aber sonst nicht."
Stärkere Kontrollen
"Wir sehen, was Wien betrifft, gibt es genügend Fälle, wo auch das Verwaltungsgericht Wien, aber auch der Rechnungshof Missstände aufgedeckt hat." Hier gelte es, stärker zu kontrollieren: "Wenn jemand jahrelang gearbeitet hat und unverschuldet in Not gerät und arbeitslos wird, dann soll man nicht auf das Vermögen zugreifen, sondern nur bei schwerem sozialen Missbrauch, wo man sich Leistungen erschlichen hat und wo man mit betrügerischer Absicht gearbeitet hat, um an solche Sozialleistungen zu kommen." Auf die Frage, warum nun eine Neuregelung nötig sei, da es doch jetzt bereits Sanktionen bei Missbrauch gebe, meinte Nepp: "Ich warte auf das fertige Paket, darüber werde ich dann urteilen."
Falls Menschen, die länger arbeitslos sind, doch in die Mindestsicherung fallen, sei zu überlegen, wer die Kosten übernehme. Nepp stellte in den Raum, dass der Bund über den Finanzausgleich hier den Ländern (die für die Mindestsicherung zuständig sind, Anm.) unter die Arme greifen könnte. Apropos Arbeitsmarkt: Kritik an der raschen Beendigung des Jobbonus oder der Aktion 20.000 lässt Nepp nicht gelten: "Die Aktionen wurden ja nicht aufgehoben, sondern nur sistiert. Jetzt wird einmal geprüft." Allerdings hätten auch "führende Persönlichkeiten" im AMS befunden, dass die Aktion nicht sinnvoll gewesen sei, gab er zu bedenken.
"Leistung nicht bestrafen"
Die im Regierungsprogramm enthaltenen Gehaltschecks im sozialen Wohnbau sieht Nepp aus Gründen der "Kostenwahrheit" positiv. Daran Mehrbelastungen von Mietern zu knüpfen, wie die Regierung angekündigt hat, hält er aber für keine gute Idee: "Grundsätzlich muss man sagen, dass Leistung, die jemand erbringt, nie bestraft werden soll. Ich bin auch für eine soziale Durchmischung im Gemeindebau." Er könne sich Anpassungen "vielleicht" vorstellen, wenn jemand "wahnsinnig mehr" verdiene: "Aber bei kleinen Gehaltserhöhungen halte ich das nicht für sinnvoll." Und er betonte: "Wenn es nach oben angepasst werden kann, dann muss es auch nach unten angepasst werden. Vielleicht gibt es dann für den einen oder anderen auch eine Mietreduzierung, das kann durchaus der Fall sein."
Am Zwölf-Stunden-Arbeitstag will Nepp hingegen nicht rütteln. Ob ihn die Kritik, die auch von FPÖ-Sympathisanten gekommen ist, zu denken gegeben habe? Nepp: "Wir haben sehr viel auch positiven Zuspruch bekommen. Der war überwältigend und überwiegend. Hier geht es darum, dass man niemandem einen Zwölf-Stunden-Tag aufzwingt, sondern dass das im Rahmen einer Freiwilligkeit und im Rahmen einer Betriebsratsübereinkunft der Fall sein kann - dass jemand zwölf Stunden arbeiten will und dafür die nächsten Tage frei haben kann, um sich so besser der Familie zu widmen, Hobbys nachzugehen." Niemand müsse mehr arbeiten, es handle sich nur um eine Flexibilisierung der Arbeitszeit: "Wenn das mit Übereinkunft des Arbeitnehmers geschieht, sehe ich da kein Problem."
Es gebe dabei nicht nur Vorteile für die Industrie, sondern für beide Seiten: "Das ist auch Sinn und Zweck dieser Maßnahme." Um drohende Schwierigkeiten in Sachen Kinderbetreuung abzufedern, wünscht er sich die Unterstützung der Stadt. Er hätte nichts dagegen, wenn die Kindergärten in Wien länger offen halten würden, meinte Nepp: "Wir haben immer gesagt, dass sich vor allem die Kindergärten der Gemeinde Wien nach den Arbeitszeiten der Wienerinnen und Wiener richten müssen."
Massenquartiere für Flüchtlinge
Dass die Unterbringung von Menschen, die in Österreich Schutz vor Krieg oder Verfolgung suchen, künftig in staatlich organisierten Massenquartieren erfolgen soll, begrüßt der künftige Vizebürgermeister. Dies sei auch kein Widerspruch zu den Protesten, die die Blauen gegen größere Asyl-Übergangsunterkünfte organisiert haben, schwor Nepp: "Wir haben uns immer gegen Massenquartiere im Wohngebiet eingesetzt." Nun seien "Rescue Center" dort angedacht, wo es keine Nachbarn gebe.
Dass die Stadt darauf verweise, dass kleinere Unterkünfte kostengünstiger seien, will Nepp nicht als Argument gelten lassen: "Was der Private billig machen kann, kann auch der Staat zum gleichen Preis machen." Es sei "Grundaufgabe" des Staates, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Konkrete Örtlichkeiten wollte Nepp nicht vorschlagen, er hielt jedoch fest: "Es gibt genügend Industriezonen, wo keine Wohngebiete sind, auch in Wien." Ob damit etwa Simmering in Betracht käme (wo es inzwischen einen FPÖ-Bezirksvorsteher gibt, Anm.)? Darüber zu spekulieren, lehnte er ab: "Ich warte auf die Vorschläge des Innenministers." Zusatz: "Dass Wien die Hauptlast nicht tragen kann, ist klar."
Kein Alarmsignal für FPÖ
Der designierte Vizebürgermeister - ein Posten, der den Blauen laut Stadtverfassung zusteht, da sie über mehr als ein Drittel der 100 Mandate verfügen - befürchtet laut eigenen Angaben nicht, dass Pläne wie der Zwölf-Stunden-Tag, die Einschnitte für Arbeitslose oder mögliche Gehaltschecks im geförderten Wohnbau den Freiheitlichen in Wien schaden könnten. Auch das Abschneiden bei der Nationalratswahl wollte er nicht als Alarmsignal sehen. Die FPÖ ist im vergangenen Oktober in Wien von der ÖVP überholt worden und auf Platz drei zurückgefallen, wobei die Zuwächse der Volkspartei und der SPÖ deutlich höher waren als jene der FPÖ. Das Plus der Blauen in Wien betrug nur 0,8 Prozentpunkte.
Es gebe anhand dieser ersten Maßnahmen der Regierung "nichts zu bekritteln", beteuerte Nepp. Und bei der Nationalratswahl habe die FPÖ in keiner Stadt so gut abgeschnitten wie in Wien: "Ich sehe auch der Wien-Wahl gelassen entgegen. Ich sage, wir sind im Rennen um Platz eins." Der nächste Urnengang in der Bundeshauptstadt steht 2020 am Programm.
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