Zur Stunde wissen wohl nicht einmal die Regierungsverhandler von FPÖ und ÖVP, was am Ende in Sachen Klimaschutzpolitik übrig bleibt. Gelingt die Regierungsbildung und hält diese die volle Amtszeit bis 2029, müsste auch Bundeskanzler Herbert Kickl (FPÖ) Klimapolitik machen.
Den Rahmen dafür gibt der 347-seitige "Integrierte nationale Energie- und Klimaplan für Österreich, Periode 2021-2030“ vor, den die türkis-grüne Regierung mühsam ausverhandelt und mit der EU-Kommission in Brüssel vereinbart hat.
Zur Erinnerung: die damalige Klimaministerin Leonore Gewessler hatte aus Sicht der Volkspartei ein schweres Foul begangen, als sie einen Klimaplan ohne Konsultation der ÖVP an die EU-Kommission schickte. Europaministerin Karoline Edtstadler war wütend und ließ durch den EU-Botschafter das Dokument offiziell wieder zurückziehen, weil dieser nicht in der Regierung abgestimmt gewesen sei und somit nicht die Position Österreichs darstelle. Die Einigung von Türkis-Grün auf einen Klimaplan bis 2030 dauerte dann noch acht Monate bis zum August 2024 – ohne nennenswerte Änderungen.
Minus 48 Prozent CO2 bis 2030
Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) gibt vor, wie Österreich das mit der EU rechtsverbindlich fixierte Klimaziel erfüllen will. Ausgemacht ist, dass die Treibhausgasemissionen 2030 um 48 Prozent niedriger sein müssen als im Jahr 2005. Die EU-27 hat für 2030 ein Gesamtziel von minus 55 Prozent beschlossen und im Rahmen der Lastenteilung ("burden sharing“) mit jedem Staat individuelle Ziele vereinbart, sodass am Ende die minus 55 Prozent darstellbar sind. Deutschlands NEKP-Ziel bis 2030 ist ein Minus von 65 Prozent.
Die Freiheitlichen lehnen Klimaschutzmaßnahmen bekanntlich grundsätzlich ab und nennen das "Klima-Kommunismus“. Was von den Verhandlungen bisher durchgesickert ist, soll etwa der Klimabonus nicht mehr ausgezahlt werden, das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige nicht mehr ausgestellt werden, die klima-relevanten Förderungen um 20 Prozent gekürzt und möglicherweise das Tempolimit auf der Autobahn auf 140, 150 oder 160 km/h angehoben werden. Und auch die PV-Förderung (keine MwSt.) soll fallen.
Was würden diese Änderungen konkret und Abweichungen vom NEKP allgemein für Auswirkungen haben?
Das Aus für den Klimabonus hat keine Auswirkungen auf den Klimaplan, der ist eine Sozialmaßnahme, um die höheren fossilen Energiekosten durch die CO2-Bepreisung auszugleichen und gilt in der Wissenschaft ohnehin als fossile Förderung. Gleiches gilt für das Aus des Gratis-Klimatickets, das jungen Erwachsenen zeigen sollte, wie man ohne Moped oder Pkw nur mit Öffis mobil sein kann.
Klimaziel in Gefahr
Alle anderen genannten Maßnahmen hätten hingegen Auswirkungen auf Österreichs Klimaplan und damit auf die Zielerreichung. Eine Anhebung des Tempolimits auf 150 km/h verursacht knapp 20 % mehr CO2 Ausstoß und über 40 % mehr Stickoxidemissionen. Abgesehen von den Luftschadstoff- und Treibhausgasemissionen wirkt sich die gefahrene Geschwindigkeit auch deutlich auf den Straßenverkehrslärm aus.
"Bei den NEKP-Berechnungen sind wir davon ausgegangen, dass sämtliche eingemeldeten Maßnahmen in einer relativ hohen Intensität umgesetzt beziehungsweise beibehalten werden“, erklärt Günter Lichtblau, der Klimaexperte des Umweltbundesamts, das die Auswirkungen des Klimaplans im Auftrag des Klimaministeriums berechnet hat.
Jede neue Regierung könne selbstverständlich den NEKP mit einem demokratischen Beschluss abändern, sagt Lichtblau. "Es muss uns dabei klar sein, wenn Maßnahmen herausgestrichen werden, dann wird sich bei der jährlich nach Brüssel gemeldeten Klimabilanz eine Lücke auftun – und damit auch eine Finanzlücke, denn eine Zielverfehlung kostet viele Milliarden.“
Um das zu vermeiden, müssten neue Maßnahmen beschlossen werden, um die Lücke wieder zu schließen. "Der NEKP ist ein lange verhandelter Kompromiss, wie man die Klimaziele erreichen will. Es gibt darüber hinaus natürlich auch andere Maßnahmen.“ Das könnten fiskalische Maßnahmen sein, wie zum Beispiel ein flächendeckendes Roadpricing für Lkw und Pkw sein , oder ein niedrigeres Tempolimit. „Kurzum: Alles, was aus dem NEKP herausgestrichen wird, müsste ersetzt werden. Viele dieser Alternativen sind allerdings nicht gerade populär“, sagt der Experte.
Spannend wird die Diskussion des neuen Bundeskanzlers in Brüssel im Europäischen Rat bezüglich des EU-Klimaziels für 2040: Denn am Tisch liegt ein Vorschlag einer Reduktion um 90 Prozent.
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