Wie Herbert Kickl die FPÖ weiblicher machen will
Vorbei die Zeiten als Jörg Haider und die FPÖ bei Wahlen mit schillernden Promi-Quereinsteigern vom Schlage eines Patrick Ortlieb im Wahlkampf für Furore sorgte. Bereits mit Parteichef Heinz-Christian Strache war bei der Kür der Kandidaten eine gewisse Sachlichkeit eingekehrt.
Die großen Überraschungen blieben auch bei der ersten von Parteichef Herbert Kickl präsentierten FPÖ-Bundesliste aus. Dennoch sticht eine Reihe von Personalentscheidungen ins Auge, die Rückschlüsse auf die Ausrichtung der FPÖ für die Nationalratswahl und darüber hinaus.
Kickls Frauenquote
Was bei anderen Parteien seit Jahren Standard ist, führt nun auch die FPÖ ein: Eine gleichmäßige Verteilung von männlichen und weiblichen Kandidaten nach dem Reißverschluss-System. Soll heißen: Nach Frontmann Kickl folgen auf den weiteren 29 Listenplätzen abwechselnd Frau auf Mann.
Wohl ein Signal an die weibliche Bevölkerung, die traditionell in der blauen Wählerschaft unterrepräsentiert war. Wenngleich dies bei der jüngsten EU-Wahl nicht mehr so ausgeprägt der Fall war wie in den Jahren davor.
Wer sind nun die blauen Frauen, die für Kickl ins Rennen gehen? Mit Verfassungssprecherin Susanne Fürst und Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch finden sich gleich zwei enge Kickl-Vertraute auf den Plätzen zwei und vier.
Dahinter rangieren drei Neulinge: Barbara Kolm war Innsbrucker Gemeinderätin, Mitglied des blauen Verhandlungsteams nach der Wahl 2017 und Vizepräsidentin in der OeNB.
Die niederösterreichische Lokalpolitikerin Lisa Gubik ist zuletzt vor allem als Moderatorin bei FPÖ-Events in Erscheinung getreten.
Wesentlich bekannter ist da schon Marie Christine Giuliani (Platz 14). Sie moderierte im ORF früher Shows wie „Millionenrad“ oder „Bingo“, neuerdings jedoch lieber Sendungen auf FPÖ-TV.
Corona-Maßnahmengegner ins Parlament
Giuliani ist gleichzeitig eines der bekanntesten Gesichter der blauen Kampagne gegen die Coronamaßnahmen, die auch in diesem Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen wird. Auf Youtube finden sich etwa Interviews, die sie unter dem Titel „So irre und gefährlich war Corona-Politik“ geführt hat.
Aufgefallen ist auch immer wieder Belakowitsch – etwa als sie 2021 auf einer Demo von den angeblich vielen Geimpften sinniere, die in Spitälern wegen Impfschäden behandelt werden müssten. Aus der Szene der Maßnahmengegner stammt auch die Psychologin Katayun Pracher-Hilander (Platz 16). Sie bezeichnete die Corona-Maßnahmen 2021 als „psychologische Kriegsführung“.
Wirtschaft
Bisher war das Thema Wirtschaft neben dem alles dominierenden Thema Migration eher ein Stiefkind auf der blauen Agenda. Mit Kolm, den ehemaligen Staatssekretär im Finanzministerium Hubert Fuchs und dem ehemaligen ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer will die FPÖ nun auch Wirtschaftskompetenz signalisieren.
Hofer fehlt
Einer der prominentesten Blauen fehlt hingegen auf der Bundesliste. Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer. An seiner Stelle kandidiert Burgenlands FPÖ-Chef Alexander Petschnig auf Platz 7.
Die ersten 20 Plätze:
- Herbert Kickl
- Susanne Fürst
- Christian Hafenecker
- Dagmar Belakowitsch
- Michael Schnedlitz
- Barbara Kolm
- Alexander Petschnig
- Lisa Gubik
- Norbert Nemeth
- Rosa Ecker
- Hubert Fuchs
- Tina Berger
- Walter Rosenkranz
- Marie Christine Giuliani
- Arnold Schiefer
- Katayun Pracher-Hilander
- Wendelin Mölzer
- Irene Eisenhut
- Reinhard Teufel
- Ricarda Berger
Zwar hat Hofer über die burgenländische Landesliste (Platz 1) ein Mandat so gut wie sicher, trotzdem sorgt das Nicht-Aufscheinen des hochrangigen Funktionärs auch intern für Spekulationen. Widerspräche dies doch den bisherigen Usancen.
Spekuliert wird über eine Rochade des Kickl-Gegenspielers, der von diesem 2021 als Parteichef abgesetzt wurde, mit Petschnig - der in breiten Teilen der Bevölkerung überaus beliebte Hofer könnte 2025 (entgegen der jüngsten Beschlüsse) bei der Burgenland-Wahl als FPÖ-Spitzenkandidat gegen Hans Peter Doskozil in den Ring steigen und mit ihm dann eine rot-blaue Koalition schmieden. Seine Wertschätzung gegenüber Doskozil hatte er erst vor kurzem im KURIER-Interview betont.
Dafür ist der nö. Klubobmann und Kickl-Intimus Reinhard Teufel auf der Liste, der als potenzieller blauer Innenminister gilt.
Rein rechnerisch sollten alle der ersten 20 Kandidaten den Einzug in den Nationalrat schaffen (sofern sie nicht nach der Wahl darauf verzichten). Denn der Großteil ist ohnehin über die jeweiligen Landeslisten abgesichert.
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