FPÖ-Bundesratspräsident: "In mir sitzen keine Feindbilder"

Der steirische FPÖ-Abgeordnete führt sechs Monate lang als Präsident den Bundesrat. Er will die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen pflegen.
KURIER: Herr Samt, seit dem 1. Juli sind Sie Präsident des Bundesrates. Protokollarisch ist es das dritthöchste Amt in der Republik. Welche Bedeutung hat die Präsidentschaft für Sie?
Peter Samt: Das Amt hat eine hohe Bedeutung für mich, weil ich schon eine volle Periode Bundesrat gewesen bin. Es ist das dritthöchste Amt im Staat, dem muss man sich mit Demut nähern. Man hat einen gewissen Gestaltungsraum und den sollte man auch ausnutzen. Immerhin vertritt man die Republik im In- und Ausland.
Jetzt genießt der Bundesrat in der Öffentlichkeit bei Weitem nicht die Bedeutung, die der Nationalrat hat. Deswegen wird auch weniger darauf geschaut, was dort passiert. Wie sehen Sie das?
Rein von der Verfassung her hat man sich für ein Zwei-Kammern-System im Parlament entschieden. Der Bundesrat hat die Möglichkeit, Gesetzesentwürfe, die den Nationalrat schon passiert haben, kritisch zu prüfen und sogar an den Nationalrat zurückzuschicken. Wenn es um Verfassungsgesetze geht, dann muss es auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit geben, sonst muss das Gesetz neu erarbeitet werden. Damit hat man schon ein gewisses Kontrollinstrument in der Hand. Der Bundesrat hat schon seine Berechtigung.
Genau wie Ihr Parteikollege Walter Rosenkranz sitzen Sie als Präsident an der Spitze einer Kammer, obwohl Ihre Partei nicht der Regierung angehört. Also Opposition ist. Wie gehen Sie damit um?
Als Präsident hat man – wie der Name sagt – präsidiale Aufgaben. Die Vorsitzführung muss eine neutrale sein. Ich kann nicht irgendeine Partei bevorzugen oder verstärkt maßregeln. Es gibt einen fertigen Katalog für Ordnungsrufe, der eine gewisse Bandbreite vorgibt. Aber grundsätzlich muss ich einen SPÖ-Bundesrat genauso zur Ordnung rufen wie einen FPÖ-Bundesrat.
Wie enttäuscht sind Sie oder wie sehr ärgert es Sie, dass die FPÖ nicht den Kanzler stellt, obwohl sie bei der Wahl stimmenstärkste Partei gewesen ist?
Nachdem ich schon sehr lange der Partei angehöre und Herbert Kickl auch persönlich gut kenne, weiß ich, dass das zwar ein Schritt war, der uns als Gesamtpartei getroffen hat, der aber gerechtfertigt gewesen ist. Es hat mit der ÖVP eben nicht diese Schnittmengen gegeben, die notwendig sind, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch die der Partei. Herbert Kickl wollte nicht um des Amtes willen faule Kompromisse eingehen. Jetzt muss man sehen, wie sich alles weiterentwickelt. die Regierung ist keine einfache Konstellation, und es ist zu erwarten, dass die Regierungsarbeit heute oder morgen nicht mehr friktionsfrei abgehen wird.
Wie gut ist eigentlich Ihre Gesprächsbasis mit den drei Regierungsfraktionen ÖVP, SPÖ und Neos im Bundesrat?
Ich habe vor Kurzem die erste Präsidialsitzung mit den Vorsitzenden der Fraktionen und meinen Vizepräsidenten von ÖVP und SPÖ gehabt. Wir haben eine sehr gute Gesprächsbasis. Ich hatte mit den anderen Parteien traditionell gute Beziehungen. In mir sitzen keine Feindbilder. Ich gehe davon aus, dass alle Abgeordneten, die im Parlament sitzen, das Beste für Österreich im Sinn haben. Auf dieser Basis findet man immer gewisse Gemeinsamkeiten. Wobei es schon eine Kontroverse zwischen Nationalrat und Bundesrat gibt. Ich gebe den Bundesräten schon zu bedenken, dass sie in der Länderkammer sitzen und Länderinteressen zu vertreten haben. Nicht Bundesinteressen oder die Interessen der Regierung. Auch wenn ich weiß, dass das sehr schwierig ist.
Zum Start Ihrer Präsidentschaft haben Sie das Thema „Brauchtum leben, Tradition bewahren, Generationen verbinden“ ausgegeben. Was schwebt Ihnen davor? Geht es um die Angst, dass das Brauchtum verschwindet?
In der globalisierten Welt, in der wir leben, kommt das Brauchtum schon unter die Räder. Wir dürfen nicht vergessen, dass die autochthone Bevölkerung im Schwinden ist. Und in vielen Bereichen werden die Lücken durch Migration geschlossen, umso mehr muss man dafür sorgen, dass Brauchtum und Traditionen nicht verloren gehen. Ich will dafür sorgen, dass dazu auch Studien erarbeitet werden. Wohin bewegt sich Brauchtum, wie wird es beeinflusst, warum verlieren wir gewisse Traditionen?
Zum ausführlichen Interview mit Bundesratspräsident Peter Samt
Da geht es in erster Linie um die ländlichen Regionen. Welche Botschaft haben Sie in diesem Zusammenhang an die Bundeshauptstadt Wien?
Wien hat logischerweise aufgrund der hohen Migrationszahlen Schwierigkeiten, weil die Zuwanderer mit unseren Traditionen nicht viel anfangen können. Jetzt sage ich nicht, dass sich jeder Zuwanderer einem Trachtenverein anschließen muss. Aber es geht um die Akzeptanz gewisser Bräuche, die teilweise natürlich religiösen Ursprung haben. Ich sehe das auch im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte, dass ein Ukrainer nicht die Bundeshymne singen wollte. Wenn ich aber – egal aus welchen Gründen – in ein fremdes Land komme und nicht akzeptiere, dass es dort gewisse Bräuche, Traditionen oder Vorgaben gibt, dann muss ich damit rechnen, dass ich Probleme bekomme.
Ein zweites Thema, das Sie während Ihrer Präsidentschaft auf der Agenda haben, ist der Landschafts- und Naturschutz. Mit dem interessanten Nebensatz, dass man sich dem Thema „ideologiebefreit“ nähern muss. Was meinen Sie damit?
Wir müssen uns dem Landschafts- und Naturschutz, letztlich auch dem Umweltschutz, ideologiebefreit nähern, weil wir wissen, dass die Grünen da ganz andere Vorstellungen haben. Ich denke nur an das EU-Renaturierungsgesetz, dem Leonore Gewessler als grüne Ministerin zugestimmt hat.
Sie hätten gegen dieses EU-Gesetz gestimmt?
Natürlich, weil viele Dinge, die jetzt renaturiert werden sollten, in Wirklichkeit auf Basis von natürlichen Vorgaben gemacht worden sind. Man muss nur an die Arbeiten an den Uferböschungen und den Hochwasserschutz denken. Wenn wir das jetzt wieder rückgängig machen, bekommt die Landwirtschaft, bekommen die Wohnbereiche ein Problem. Wir müssen also schon genau schauen, wo wir uns hinbewegen. Natur- und Landschaftsschutz haben unsere Landwirte seit Jahrhunderten gemacht. Wir können jetzt nicht hergehen und sagen, es ist alles falsch, was da gemacht worden ist. Ich will diese Diskussion aber bewusst nicht in Richtung Klimaschutz abwandern lassen.
Der 68-jährige Steirer Peter Samt begann seine FPÖ-Politkarriere 1995 als Gemeinderat in Gassendorf. Es folgten der Landtag und der Bundesrat. Seit 1. Juli ist er Präsident des Bundesrates.
Aber den Klimaschutz bzw. den Klimawandel kann man nicht wegschieben.
Den Klimawandel nicht zu bemerken, ist eine Dummheit. Ich bin Techniker und habe auch im Elektrobereich zu tun. Der Klimawandel ist ein Faktum. Wir müssen aber nur aufpassen, dass wir nicht über Ziele hinausschießen.
Die Regierung will mit den Bundesländern Strukturmaßnahmen erarbeiten und beschließen. Was ist da zu erwarten? Wo muss da gehandelt werden?
Die Steiermark hat unter der neuen Landesregierung bereits erste Maßnahmen im Bereich der Entbürokratisierung ergriffen. Wir haben noch immer zu viele behördliche Parallelläufe von Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften und Landesabteilungen. Man muss nur an die Bauverhandlungen denken. Da gibt es viel Luft nach oben. Auch in dem Bereich, dass die Bundesländer mehr und besser zusammenarbeiten.
Sie sind Föderalist. Wenn Strukturmaßnahmen angekündigt werden, herrscht in den Ländern immer die Angst, dass vieles nun in Wien zentralisiert wird.
Das Zentralisieren von Abläufen ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Je weiter man von einem Problem entfernt ist, desto weniger treffsicher sind meist die Maßnahmen dazu. Deswegen ist die Zusammenarbeit der Länder in solchen Fragen enorm wichtig. Länderübergreifende Maßnahmen können in der Landeshauptleutekonferenz besprochen werden. Da ist noch viel möglich. Da braucht man lange noch nicht an das Zentralisieren denken.
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