Peter Haubner: "Arbeitsverhältnis mit Rosenkranz ist korrekt"

Peter Haubner
Der Zweite Nationalratspräsident der ÖVP spricht über den FPÖ-Parlamentspräsidenten, die Rückgabe der Wurm-Skulpturen und seine Erwartungen an Landeshauptfrau Karoline Edtstadler.

Nach seiner langen Zeit als ÖVP-Nationalratsabgeordneter ist der Salzburger Peter Haubner in das Parlamentspräsidium gewechselt. Als Abstellgleis sieht er die Funktion nicht.

KURIER: Herr Haubner, beginnen wir mit einer aktuellen Geschichte aus dem Parlament: FPÖ-Präsident Walter Rosenkranz hat zwei Skulpturen des anerkannten Künstlers Erwin Wurm zurückgegeben, die sein ÖVP-Vorgänger Wolfgang Sobotka angeschafft hatte. Was sagen Sie als Zweiter Nationalratspräsident zu dieser Aktion?

Peter Haubner: Erwin Wurm ist ein international anerkannter Künstler und genießt natürlich hohe Wertschätzung von allen Seiten für seine Werke. Der eine Präsident hat die Skulpturen im Rahmen seiner geschäftsordnungsmäßigen Rechte angekauft, der jetzige amtierende Präsident hat das wieder rückabgewickelt. Das kann er machen und liegt im formalen Entscheidungsrahmen eines Präsidenten.

Aber ist das so einfach möglich? Dem nächsten Präsidenten missfallen vielleicht andere Kunstwerke und er lässt diese aus dem Parlament entfernen.

Es gibt für Präsidenten gewisse Rahmenbedingungen. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob das bei diesen Kunstwerken angebracht war oder nicht. Aber grundsätzlich deckt die Geschäftsordnung diesen Vorgang.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz? Es hat in der bisher noch kurzen Parlamentsperiode immer wieder Aufregung wegen seiner Vorgangsweise gegeben. Sie müssen tagtäglich im Parlament mit ihm zusammenarbeiten.

Man kann sagen, dass unser Arbeitsverhältnis, wenn es um den Parlamentsbetrieb geht, ein korrektes und professionelles ist.

Abseits des pragmatischen Arbeitsverhältnisses gibt es aber schon Punkte, über die diskutiert werden müsste: sein Umgang mit Ordnungsrufen, wenn es um FPÖ- Abgeordnete geht, oder der Parlamentsbesuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Weil Sie die Ordnungsrufe ansprechen: Jeder Präsident führt seinen Sitzungsteil in seiner Verantwortung. Jeder versucht natürlich, dass die Sitzungen und Debatten ordentlich ablaufen. Ich sage immer: In einer Demokratie darf gestritten werden, aber mit Anstand. Und was den Besuch von Viktor Orbán betrifft, da waren wir, glaube ich, alle irritiert. Das haben wir in der Präsidiale dann auch genau besprochen.

Vorgänger Wolfgang Sobotka hat das wieder eröffnete Parlament als offenes Haus konzipiert. Mit vielen Besuchern, mit vielen Veranstaltungen. Walter Rosenkranz sieht das ein bisschen anders. Für ihn ist wichtig, dass das Haus in erster Linie für die Parlamentarier da ist. Wo liegt da Ihre Position?

Wenn es um die Rolle des Parlaments geht, da hat Wolfgang Sobotka wirklich viel geleistet. Ich meine, dass das Haus, das Herz der Demokratie, ein offenes Haus ist. Wir haben heuer schon wieder 500.000 bis 600.000 Besucher gezählt. Die Menschen nehmen das Haus in Anspruch. Die Demokratiewerkstatt ist da ein wesentlicher Punkt. Ansonsten ist es wichtig, dass die Sitzungen, die die Parlamentarier abhalten, etwa die Ausschüsse, in den dafür vorgesehenen Räumen stattfinden können. Da müssen wir die Balance finden zwischen offenem Haus und dem Geschäftsbetrieb.

Zum ausführlichen KURIER TV-Interview mit Peter Haubner

Wochen hindurch war das Parlament damit beschäftigt, die Vorsitzführung beim Nationalfonds für die Entschädigung von Nazi-Opfern zu klären. Mitglieder wie die Israelitische Kultusgemeinde wollten nicht, dass ein FPÖ-Politiker wie Walter Rosenkranz den Vorsitz führt. Er ist jetzt zur Seite getreten und hat Ihnen den Vorsitz übergeben. Wie sehen Sie den Konflikt?

Ich wurde von Walter Rosenkranz gebeten, den Vorsitz zu übernehmen. Das war wichtig, damit der Nationalfonds wieder tätig werden kann. Mir war es ein sehr großes Anliegen, dass hier wieder Brücken gebaut werden, dass wir gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde und den Opfergemeinschaften an einem Tisch sitzen. Das Erfreuliche ist, dass die bisherigen Beschlüsse einstimmig von allen fünf Parteien gefasst worden sind. Es waren auch in der Komiteesitzung alle Beschlüsse einstimmig. Ich bin sehr froh, dass jetzt wieder das Gemeinsame im Vordergrund steht.

Das kann man natürlich auch von einer anderen Seite sehen, und in der FPÖ tun das manche auch: Da werde von außen bestimmt, ob der Parlamentspräsident dem Nationalfonds vorsitzen darf oder nicht.

Indem Walter Rosenkranz mich gebeten hat, das zu machen, ist es ordentlich geklärt worden. Es sind alle fünf Parteien am Tisch, es ist somit ein gemeinsames Projekt des Parlaments. Das ist im Kampf gegen den Antisemitismus sehr, sehr wichtig.

Nun zu Ihnen. Sie waren fast zwanzig Jahre im Nationalrat in erster Linie für die Wirtschaft im Einsatz. Fühlt man sich da nicht ein wenig auf dem Abstellgleis, wenn man von seiner Partei in das Parlamentspräsidium entsandt wird?

Nein, es ist vielmehr ein Umstieg. Ich war 16 Jahre lang wirtschaftspolitischer Sprecher der ÖVP und habe in diesem Bereich sehr viel verhandelt. Dann bin ich gefragt worden, ob ich diese Aufgabe übernehmen möchte. Ich bin im Parlament schließlich mit rund 90 Prozent der Stimmen zum Zweiten Nationalratspräsidenten gewählt worden, das ist eine Auszeichnung, Wertschätzung für das, was man bisher geleistet hat. Es ist ein Umstieg, es ist eine neue Tätigkeit. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr flexibel bin.

Sie sprachen von Debatten mit Anstand. Wie beurteilen Sie das aktuelle Klima im Parlament?

Es ist natürlich spürbar, dass sich etwas verändert hat. Es gibt in Wahrheit eine Frontal-Opposition und eine sehr breite Regierung. Da sind die Konflikte vorprogrammiert. In einer Demokratie darf gestritten werden, aber – wie gesagt – mit Anstand. Was ich weniger schätze, sind diese persönlichen Diffamierungen. Da würde ich mich freuen, wenn diese weniger würden.

Ein Thema, das jedenfalls aufs Parlament zukommt, ist der U-Ausschuss, den die FPÖ einsetzen will. Da geht es um den Tod des ehemaligen Sektionschefs Christian Pilnacek, das Innenministerium, und es wird auch um die Corona-Zeit gehen.

Der U-Ausschuss ist ein ganz wichtiges Instrument und Element des parlamentarischen Lebens. Jetzt müssen wir einmal abwarten, welcher Untersuchungsgegenstand genau kommen wird. Der U-Ausschuss wird dann höchstwahrscheinlich noch im Herbst starten.

Noch ein Abstecher in Richtung Salzburg. Sie gelten als ein enger Vertrauter von Ex-Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Wie überraschend war es für Sie, als er plötzlich gesagt hat, er wird sich aus dem Amt zurückziehen?

Wilfried Haslauer ist einer, der immer einen Plan hat und genau weiß, was er tut. Ihm war ganz wichtig, dass er aus der Position der Stärke sein Amt übergibt. Das hat er jetzt einfach gemacht und den Generationenwechsel eingeleitet. Das ist nicht nur für ihn, sondern auch für das Land wichtig. Die Übergabe an Karoline Edtstadler ist harmonisch erfolgt, das Prozedere dazu war gut aufgesetzt.

Überraschend war auch, dass Ex-Ministerin Karoline Edtstadler in seine Fußstapfen tritt. Was erwarten Sie von ihr?

Wilfried Haslauer ist immer für Überraschungen gut. Er weiß, was er tut, indem er eine sehr erfahrene Politikerin mit großem Engagement, mit Kompetenz, gebeten hat, ihm nachzufolgen. Das ist gut für das Land, weil sie die bürgerliche Handschrift fortsetzen wird.

Manche sagen auch, der Wechsel ist erfolgt, weil die FPÖ im Land immer stärker wird.

Ich glaube nicht, dass deswegen der Wechsel stattgefunden hat. Es ist vielmehr so, dass Haslauer 21 Jahre zuerst als Landeshauptmannstellvertreter, dann als Landeshauptmann Salzburg geführt hat. Er gibt jetzt seiner Nachfolgerin Karoline Edtstadler genügend Zeit, bis zur nächsten Wahl ihre eigenen Spuren zu hinterlassen.

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