Foglar: EU-Richtlinie "von mafiösen Strukturen ausgenützt"
Lohn-, Steuer- und Sozialdumping ist vor allem ein EU-Thema, sagt ÖGB-Chef Erich Foglar. Auch wenn es in der EU wenig Bereitschaft gebe, darüber zu diskutieren. "Wenn ich die vier Freiheiten erhalten will, weil sie gut und positiv sind, muss ich ausreichend Maßnahmen setzen, dass sie nicht zu so großen Verwerfungen führen, dass die Akzeptanz für die vier Freiheiten sinkt."
"Die Entsenderichtlinie ist derzeit einer der Schuhlöffel für Sozial- und Lohndumping", kritisiert Foglar im Gespräch mit der APA. Die Grenze sei nur für die Entsendung der Arbeitnehmer offen, in der Gegenrichtung sei die Grenze für Kontrollen aber geschlossen. "Wir wissen, dass zum Teil diese Situation von mafiösen Strukturen ausgenützt wird - und haben keine Handhabe." Wenn heutzutage ein Strafmandat aus Mailand in Österreich exekutiert werden könne, dann müsse auch Lohn- und Sozialdumping das in Österreich passiert, in den Herkunftsländern exekutiert werden. Da brauche es eine Behördenzusammenarbeit wie im Sicherheitsbereich. Nur so könne man das Ziel erreichen, dass für gleiche Arbeit am gleichen Ort auch wirklich der gleiche Lohn gezahlt wird.
Gegen "Betrug" vorgehen
In Fällen, wo Menschen zwar den vollen Lohn versprochen bekommen aber dann daheim nur einen Teil ausbezahlt bekommen, "dann wird es schlicht und einfach notwendig sein, da das dort akzeptierter Betrug ist, dass man dagegen etwas macht". Auch als sich in der Flüchtlingskrise zeigte, dass die Kontrolle der Außengrenzen nicht funktioniert, wurden zwischen Schengenländern wieder Grenzkontrollen eingeführt, obwohl das den vier Freiheiten widerspricht, vergleicht Foglar.
Wenn die Ungarn ihre Arbeitslosigkeit in andere Länder exportieren und dann noch Steuern senken "und dafür bekommen sie noch jede Menge Förderungen aus der EU, die alle anderen mitzahlen", dann werde das nicht gehen, sagte Foglar. Das sei eine weitere Fehlkonstruktion nach Schengen (Aufhebung der Binnengrenzen), Dublin (Aufnahme von Flüchtlingen), Maastricht-Kriterien (Budgetkennzahlen). "Wenn man glaubt, es ist eh alles gut und daneben bröselt alles weg, dann ist man schwer im Irrglauben in der EU." Daher müsse man diese Themen laufend auf der Tagesordnung halten.
"Wenn man in der EU nicht aufwacht und auf der Doktrin der vier Freiheiten sitzen bleibt, wurscht was passiert in einem Land", dann werde die Akzeptanz dafür "kippen". Das habe auch die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen (Brexit), gezeigt.
Skepsis bei Kündigungsschutz-Lockerung für Ältere
Die Regierung will den Kündigungsschutz für Menschen über 50 lockern und hofft, damit die Arbeitslosigkeit in dieser Altersgruppe zu senken. Das gelte einzig und alleine für Personen, die neu eingestellt werden, betont ÖGB-Chef Erich Foglar. Für bereits bestehende Dienstverhältnisse in dieser Altersgruppe bleibe der Kündigungsschutz ohne Veränderungen aufrecht.
"Wir glauben, dass diese Maßnahme nicht den wahnsinnigen Erfolg bringen wird", sagt Foglar. Denn weder bei Menschen mit Behinderungen hätten solche Maßnahmen zu mehr Einstellungen geführt, noch habe die Anpassung der Behaltefrist bei Lehrlingen zu mehr Lehrstellen geführt. Aber andererseits handle es sich auch nicht um einen besonders großen Einschnitt in die grundsätzlichen Kündigungsschutzbestimmungen. Wichtiger sei das "Programm 20.000", das dauerhafte Beschäftigungen nach Kollektivvertrag ohne Verdrängungseffekt schaffe.
Arbeitsinspektorate: "Schauen, was nicht mehr notwendig ist"
Wie bei allen anderen Vorschlägen der Regierung komme es nun auf die Umsetzung an, so Foglar. Die angekündigte "Entrümpelung" bei den Arbeitsinspektoraten etwa müsse nicht zu weniger Kontrolle führen. Man müsse schauen, was heute nicht mehr notwendig sei, das in der Vergangenheit noch dringendst geboten war. Wenn man denselben Effekt an Sicherheit und Schutz "mit weniger Bürokratie und Zetteln" erfüllen könne und die Inspektoren entlaste, sodass sie ihrer Kernaufgabe mehr Zeit widmen können dann sei dies zu begrüßen. Wobei Foglar gerne mehr Personal in diesem Bereich hätte, auch wenn dies nicht vereinbart sei.
Auch die geplanten Investitionsfördermaßnahmen könnten sehr positiv sein - oder lediglich Mitnahmeeffekte auslösen, also ohnehin geplante Investitionen subventionieren, in diesem Fall wären sie nicht sinnvoll. Grundsätzlich sei es das Ziel, mit Investitionen 200.000 zusätzliche Jobs zu schaffen. Da die Effekte der Steuerreform abflachen, seien Investitionsanreize wichtig.
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