"Wir verhandeln noch nicht die Koalition ..."

Kontrovers in der Sache, aber amikal im Ton: Die rot-schwarzen Kanzlerkandidaten Freitagmittag im Gesprächim KURIER-Medienhaus
Amtsinhaber Werner Faymann und Herausforderer Michael Spindelegger im Doppelinterview.

KURIER: Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, wird das ein Duell zwischen zwei Kanzlerkandidaten oder ein Gespräch zwischen zwei Parteichefs, die nach der Wahl wieder zusammen­arbeiten wollen?

Faymann: Ein Gespräch ist mir in jedem Fall lieber, ein Duell gehört eher in die Filmbranche.

Spindelegger: Jetzt geht es darum, wer am 29. die Nase vorne hat – und das werde ich sein.

Gewählt wird zwar eine Partei und nicht der Bundeskanzler, aber da gibt es von Ihnen, Herr Spindelegger, Zitate über Werner Faymann, die nicht so freundlich sind: „Ist das wirklich ein Bundeskanzler für das Land? Ich sage Nein.“

"Wir verhandeln noch nicht die Koalition ..."
Werner Faymann, Michael Spidelegger, im KURIER
Spindelegger:Werner Faymann hat auch schon über mich gesagt: „Der kann das nicht.“

Faymann: Aber wir sind der Meinung, dass wir gute Arbeit geleistet haben in den letzten fünf Jahren. Mir ist es lieber, dass wir über unsere gemeinsame Zukunft reden, da gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede, aber in jedem Fall eine tragfähige Basis zur Zusammenarbeit.

Herr Spindelegger, kann für Sie Werner Faymann den Job des Bundeskanzlers?

Spindelegger: Er hatte fünf Jahre Zeit. Jetzt möchte ich ans Ruder. Ich trete jetzt an, nicht um alles anders zu machen, aber vieles besser.

Was wollen Sie besser machen, und wo hat Faymann Ihrer Meinung nach versagt?

Spindelegger: Wir brauchen mehr Reformeifer. In der Außenpolitik haben wir sehr viele Gemeinsamkeiten gehabt, ich habe vor allem für die Zukunft andere Rezepte wie Faymann, wie keine neuen Steuern und mehr für Familien.

Gegenfrage an Herrn Faymann: Wäre Spindelegger Ihrer Meinung nach ein guter Kanzler?

Faymann: Ich glaube, dass die Schwerpunkte, wie wir sie setzen wollen, nämlich Beschäftigung sichern und Arbeit für alle, dem Land am meisten dienen.

Gut, da kommt keine Antwort, dann reden wir über Ihre Rezepte für Österreich. Die Republik hat zu wenig Geld und muss sparen. Wo wollen Sie sich dieses Geld konkret holen?

"Wir verhandeln noch nicht die Koalition ..."
Faymann:Wir haben ja bereits gemeinsam die Schuldenbremse beschlossen. In der Verwaltung werden z. B. frei werdende Dienstposten nicht nachbesetzt. Das bringt bis zum Jahr 2016 schon mindestens vier Milliarden Euro. Wir wollen aber die nächsten fünf Jahre für weitere Reformen nutzen. Ich schlage vor, dass wir regelmäßige Abstimmungssitzungen Bund/Länder machen, wo wir weitere Verwaltungsreformen gemeinsam vorantreiben. Es wird z. B. sinnvoll sein, dass der Brandschutz in Niederösterreich nicht anders geregelt wird als in Wien. Da gibt es viele Doppelgleisigkeiten – auch im Gesundheitsbereich, wo eine bessere Zusammenarbeit noch mehr Einsparungen bringen kann. Beide wollen wir weniger Ministerien, und ich habe darüber hinaus konkrete Vorstellungen, wie wir die Kompetenzen in den Ministerien neu bündeln. Es gibt viele Bereiche, wo mehrere Ministerien zuständig sind, von der Forschung bis zu den Förderungen. Das muss einfacher und dadurch billiger werden.

Die Liste der absurden Doppelgleisigkeiten liegt ja seit Langem auf dem Tisch. Die ungelöste Frage ist aber, wer treibt sie den Ländern aus?

Spindelegger: Bevor wir jetzt in ein Länderbashing verfallen, halten wir einmal fest, was wollen wir überhaupt erreichen: Ich will einen Wachstumspakt, der uns wieder mehr Jobs und Steuereinnahmen bringt. Dafür brauchen wir schnellere Behördenverfahren, etwa bei Unternehmensgründungen, Stichwort: One-Stop-Shop (also Erledigung von Genehmigungen bei einer Behörde, Anm.). Und zur Verwaltungsreform gehört für mich auch, wie kann ich die Zahl der vielen Beauftragten für die Überwachung von Vorschriften in den Firmen reduzieren, weil diese die Unternehmen immer mehr belasten.

Von der Verwaltungsreform redet seit Jahrzehnten jede Regierung, ohne große Fortschritte. Warum soll Ihnen ein Wähler glauben, dass es diesmal anders wird?

Spindelegger: Das ist doch nicht wahr. Die Zusammenlegung der Verwaltungsgerichte steht seit 30 Jahren in jedem Regierungsprogramm: Wir haben es gemacht.

Faymann: Ich glaube zudem, dass eine Wiederwahl einen politisch stärker macht und es bei einer fünfjährigen Regierungsperiode vor allem am Anfang die Chance gibt, wirklich etwas in Bewegung zu bringen.

Aber bei allem Respekt vor Ihren guten Absichten: Auch das haben uns schon mehrere Parteien vor der Wahl versprochen.

Spindelegger: Jetzt verteilt einmal der Wähler die Gewichte neu, und wenn ich Erster bin, dann sage ich, was ich tun werde. Natürlich brauche ich dann jemanden, der das mit mir mitmacht. Ich würde von Anfang an Projekte definieren, wo Österreich im Jahr 2020 sein muss, beispielsweise in Sachen Europa, in Sachen Forschung, und danach müssen sich dann die Reformen in der Verwaltung auch richten. Ich würde wie in der Wirtschaft eine Benchmark setzen und dann diskutieren, wie und wo erreiche ich diese Ziele.

Faymann: Es gibt ja bereits viele Beispiele, wo wir das begonnen haben, etwa bei Einsparungen im Fuhrpark der Ministerien oder bei Zusammenlegung von IT. Aber Arbeitnehmerschutzbestimmungen reduzieren ist für mich kein Weg, etwas einzusparen.

Und Beamte müssen so flexibel sein, dass sie Ministerien wechseln

Spindelegger: Selbstverständlich.

Herr Spindelegger, was ist Ihre Benchmark für die künftige Höhe der Steuern in Österreich.

Spindelegger: Unsere Steuerbelastung ist auch im OECD-Vergleich viel zu hoch, also müssen wir herunter. Wie viel kann ich erst sagen, wenn ich weiß, wie schnell das Wachstumspaket, das ich dafür brauche, greift. Dann würde ich als Erstes die Familien um 7000 Euro entlasten, dann den Eingangssteuersatz senken und die Lohnnebenkosten reduzieren.

Faymann: Dass Familien und untere Einkommen entlastet werden sollen, da sind wir uns einig. Wir wollen aber auch mehr in Bildung und Forschung investieren, und dafür braucht es neben Einsparungen auch Mehreinnahmen – und das geht nur über die Bankenabgabe und vermögensbezogene Steuern.

Spindelegger: Ich möchte auch mehr Steuereinnahmen, aber nicht durch sogenannte Eigentumssteuern, die am Ende den ganzen Mittelstand belasten werden, weil sie sonst nichts bringen. Ich möchte mehr Steuereinnahmen durch Belebung der Wirtschaft. Das hat einen doppelten Effekt. Wenn die Wirtschaft mehr boomt, dann muss der Staat weniger in die Sozialversicherungssysteme für die Krankenversicherung und Pension zuschießen.

Faymann:Ich glaube, dass wir ohne vermögensbezogene Steuern kein ausreichendes Volumen für ein Wachstumspaket zustandebringen werden. Wir haben einiges davon ja schon gemeinsam beschlossen, etwa bei der Bankenabgabe oder bei der Erhöhung von Stiftungssteuern, ohne dass es den Wirtschaftsstandort gefährdet hätte. Nachdem wir beide keine Sparpakete auf Kosten der Bürger wollen, werden wir darum nicht herumkommen. Ich sehe daher gute Voraussetzungen, dass wir beide zu einer Einigung kommen.

Spindelegger: Ich bleibe dabei, das werden am Ende Mittelstandssteuern, die alle belasten. Daher sage ich dazu Nein. Mit einem Bundeskanzler Spindelegger wird es keine neuen Steuern geben.

Porträt Werner Faymann:

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Werner Faymann
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Kurier
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Werner Faymann, Bergsteigen
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Werner Faymann, Autogramm
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Werner Faymann, Bundeskanzler
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Werner Faymann
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Werner Faymann

In Deutschland legen alle Bundesländer ihre IT-Abteilungen und Rechenzentren zusammen, in Österreich schaffen es nicht einmal die Ministe­rien. Noch einmal gefragt, wer gibt uns die Sicherheit, dass diesmal endlich eine Reform gelingt?

Spindelegger:Wir reden jetzt schon wieder von Details, es geht doch um große Würfe. Ich bin nicht der IT-Experte, aber wenn es geht, dann machen wir es natürlich.

Faymann:Es gibt ja bereits ein ganzes Paket von Vorschlägen der Sozialpartner für einen Wachstumspakt. Das werden wir nach der Wahl gemeinsam bewerten und gemeinsam entscheiden, was davon politisch umzusetzen ist, Reformen in der Verwaltung gehören sicher dazu.

Spindelegger: Ich habe einen komplett anderen Vorschlag. Die wichtigste Sicherheit, die wir der Wirtschaft und den Menschen in den nächsten fünf Jahren geben müssen ist, dass die Belastungen nicht steigen werden. Da verfolgt die SPÖ völlig andere Ideen. Das interessiert die Leute am meisten: „Wie geht’s mit meinen Kosten, die mich monatlich immer mehr belasten, weiter?“ Daher brauchen wir eine Gebührenbremse, nicht nur in Wien, sondern überall.

Faymann:Ja, daher brauchen wir auch im Bereich des Wohnens mehr Investitionen, auch in jenen Bundesländern, die sich hier in den letzten Jahren zurückgezogen haben.

Aber gerade in der SPÖ und der ÖVP sind die Länder-Organisationen sehr stark, und es gibt kein Beispiel, wo Länder gerne und freiwillig das tun, was der Bund von ihnen will:

Spindelegger: Einspruch. Gerade beim großen Budget-Sanierungspaket haben die Länder einvernehmlich ein Milliardenpaket an Einsparungen mitgetragen. Ähnlich wie bei Gesundheit und Asyl. Ich will eine gelebte Partnerschaft mit den Ländern mit regelmäßigen gemeinsamen Regierungssitzungen. Das werde ich als Bundeskanzler einführen.

Faymann: Ja, ich finde, da hat sich auch das Klima in den Gesprächen verändert, weil alle wissen, dass niemand die Bundesländer abschaffen will. Die Kultur, die wir im Umgang mit den Ländern erarbeitet haben, spricht für die Große Koalition.

Spindelegger:Nur damit kein Missverständnis entsteht: Wir verhandeln hier am Tisch nicht bereits die Große Koalition, dafür fehlt die neue Gewichtsverteilung durch den Wähler. Denn ich wäre ein Bundeskanzler, der sich auch darum kümmert, wenn bei Projekten nichts weitergeht. Da habe ich ein anderes Amtsverständnis.

Porträt Michael Spindelegger:

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BUNDESHEER-VOLKSBEFRAGUNG: STIMMABGABE SPINDELEGGE
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Archivbild Robert Lichal zu 65.Geburtstag
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Alois Mock
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Spindelegger of conservative People's Party OeVP s
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MINISTERRAT: SPINDELEGGER / FAYMANN
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RABBENHOF-THEATER: "BYE-BYE, ÖSTERREICH. DIE HADER
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ENQUETE GÖD-FCG : NEUGEBAUER/HAMESEDER/SPINDELEGGE
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"ÖSTERREICH-REDE" VON VIZEKANZLER UND ÖVP-CHEF SPI
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MINISTERRAT: SPINDELEGGER

Wie kommt die Regierung aus der Blockade in der Schulpolitik endlich raus, um unterschiedliche Kinder in einer gemeinsamen Schule bestmöglich zu fördern?

Spindelegger:Indem wir das Wort Gesamtschule aus unserem Wortschatz streichen und das Gymnasium erhalten. Mit mir wird es auch keinen verpflichtenden Nachmittagsunterricht geben.

Faymann: Wenn wir uns auf das Wort Gemeinsame Schule einigen, habe ich damit kein Problem, denn gemeinsam zu unterrichten ist ja nichts Negatives.

Spindelegger: Das Problem ist doch ein ganz anderes. Ich weiß das, weil ich zwei Kinder im Schulalter habe. Viele 6- bis 10-Jährige können trotz gemeinsamer Schule nicht lesen.

Herr Faymann, durch ein KURIER-Interview wurde offenbar, dass Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm die Höhe der ASVG-Pensionen zwar ausreichend findet, aber gleichzeitig seine Mitarbeiter 60 bis 80 Prozent des Letztbezuges als Pension beziehen.

Faymann: Es gibt in vielen Betrieben Zusatzpensionen, und das finde ich auch in Ordnung. Das ASVG verlangt nach wie vor die geringsten Zuschüsse aus dem Budget, daher geht das Sozialministerium davon aus, dass die Pensionen gesichert sind, bis 2060 und länger.

Spindelegger: Ich bin dafür, dass es mehr Anreize für Betriebspensionen gibt. Ob die Pensionen bis 2060 gesichert sind, kann man erst sagen, wenn es uns gelingt, mit einem Wachstumspakt das Wirtschaftswachstum wieder über zwei Prozent zu bringen.

Herr Faymann, wenn Michael Spindeleggers Hoffnung, doch noch Erster zu werden, am 29. September in Erfüllung geht, welchen Ministerjob würden Sie unter einem Kanzler Spindelegger annehmen?

Faymann: (lacht) Ich kämpfe so darum, als Kanzler wiedergewählt zu werden, dass ich keine Zeit habe, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen.

Herr Spindelegger, welches Ministerium streben Sie umgekehrt unter einem wiedergewählten Kanzler Faymann an?

Spindelegger: In der Frage bin ich mit ihm einig wie nie: Das ist für mich kein Thema. Aber eines kann ich sagen: Die Umzugskosten halten sich für mich als Kanzler in Grenzen, weil ich vom Außenministerium nur ein paar Schritte ins Kanzleramt habe.

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Der ÖVP-Chef versuchte es nach dem TV-Duell Rot gegen Grün mit einem scherzhaften Vergleich: „Ich habe geglaubt, der ORF sendet noch einmal ‚Liebesg’schichten und Heiratssachen‘.“ Die SPÖ trommelt mit bitterernster Miene: „Nein zu Schwarz-Blau“. Werner Faymann und Michael Spindelegger holen im Wahlkampf-Finale ihre liebsten Schreckgespenster aus der Mottenkiste: Rot-Grün gegen Schwarz-Blau.

Dass dieses Land bereits einmal schwarz-blau regiert wurde ist gerichtsnotorisch. Die paar couragierten Reformschritte (etwa bei den Pensionen) gingen längst im Skandal-Sumpf unter. Für eine Neuauflage fehlt die rechnerische Mehrheit und der politische Wille.

Die Liebe zu Rot-Grün ist nach den ersten zwei Beziehungsjahren in Wien nicht mehr so heiß wie am ersten Tag. Für eine Mehrheit wird es im Bund einmal mehr nicht reichen. Schwarz-Blau oder Rot-Grün sind am 29. September also genauso wahrscheinlich wie 30 Grad im Schatten am 24. Dezember auf dem Wiener Stephansplatz. Diese billige Wahlkampf-Mär wird in den zwei Wochen bis zur Wahl dennoch weiter getrommelt werden, als wären wir ein Volk von tumben Toren.

Die zynische Verhöhnung mit diesen hohlen Schreckgespenstern löst bei immer mehr Wählern nachhaltige Aversionen aus. An den Stammtischen aber auch in den bürgerlichen Salons heißt es so immer öfter: Wählen ist sinnlos, weil sich ohnehin nichts ändert.

Gefährliche Wahlkampf-Mär von unten

Diese Wahlkampf-Mär von unten mag emotionell verständlich sein. Sie wird durch ständige Wiederholung aber weder wahr, noch macht sie einen Sinn. Die zweite, große Mär dieses Wahlkampfs ist der klassische Fall einer Selffullfilling Prophecy: Je weniger am Wahltag mit ihrer Stimme kundtun, was sie wollen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich alles beim Alten bleibt.

Dabei ist die Auswahl so groß wie nie: Der Stimmzettel hat heuer in manchen Bundesländern (wo bis zu 14 Gruppen kandidieren) beinahe das Ausmaß eines Plakats. Für die neun in allen Bundesländern gelisteten Parteien können zudem erstmals österreichweit Vorzugsstimmen für einen Kandidaten vergeben werden. Das gibt die Chance auf echte Umwälzungen auf den Parteilisten.

Und der wahre Lager-Wahlkampf verläuft heuer an zwei hochspannenden Front-Linien. Das Oppositions-Lager liefert sich einen verbissenen Verdrängungswettbewerb: Grün will Blau Platz 3 streitig machen, Orange kämpft ums Überleben, die Neos um den Wiedereinzug einer liberalen Kraft ins Hohe Haus und Frank Stronach um den Sprung in zweistellige Prozenthöhen.Im Regierungslager ringen Rot und Schwarz um die Gewichtsverteilung in der kommenden Koalition.

Rot-Grün und Schwarz-Blau können sich in der Mottenkiste schon gemütlich einrichten.

Die Wahl 2013 bleibt auch ohne diese Schreckgespenster bis zuletzt hochspannend.

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