2016
Nach einem Jahr erteilt dem Teenager das Bundesamt für Fremden- und Asylwesen, kurz BFA, den Status eines „subsidiär Schutzberechtigten“. Das heißt: Er ist kein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Verfolgung wegen Rasse, Religion etc.). Das BFA ist aber überzeugt, dass er in Afghanistan um sein Leben fürchten muss. Daher der Status und die Erlaubnis zu bleiben.
2018/19
Der junge Mann hat elf Anzeigen gesammelt. Wegen Handel mit Suchtgift, gefährlicher Drohung und Raufhandel wird er insgesamt zu viereinhalb Monaten bedingter Haft verurteilt – er muss aber vorerst nicht ins Gefängnis.
Juli 2019
Aufgrund der nachgewiesenen Straftaten beginnt das BFA ein Aberkennungsverfahren für den Status des „subsidiär Schutzberechtigten“.
Oktober 2019
Das BFA entscheidet, dass der junge Mann nicht mehr unter Schutz steht. Der „Aberkennungsbescheid“ sieht vor, dass er außer Landes gebracht wird und sechs Jahre nicht wieder einreisen darf.An diesem Punkt kommt es zu einer absurden Situation: Der Schutzstatus ist zwar nicht mehr gegeben, gleichzeitig kann aber der Staat nichts vollstrecken bzw. die Person zur Ausreise zwingen, weil zu diesem Zeitpunkt noch Minderjährigkeit vorliegt. Die Menschenrechtskonvention verbietet das Abschieben Minderjähriger.
November 2019
Der Afghane bringt einen Einspruch gegen den Bescheid am Bundesverwaltungsgericht, kurz BVwG, ein. Formal sollte das Gericht nach drei Monaten entscheiden, schafft dies aber nicht. Einer der Gründe: 2015/16 kam es zu extrem vielen Asylanträgen. Das BVwG ist die Beschwerde-Instanz für die Entscheidungen der Asylbehörde. Nach und nach landen die Einsprüche in dieser Instanz. 2019 stauen sich 40.000 Verfahren am BVwG – davon 80 Prozent Asylverfahren.
2020
Der Afghane wird erneut straffällig. Das Delikt: räuberischer Diebstahl. Das Gericht verfügt eine unbedingte Haft von zehn Monaten, er muss ins Gefängnis.
August 2020
Nach zwei Monaten verbüßter Haft wird der Täter vorzeitig entlassen.
Jänner 2021
Der Mann gilt als volljährig, könnte nun abgeschoben werden – allerdings sitzt er nicht in Haft und das BVwG hat noch immer nicht entschieden. Den Grund erklärt Thomas Friedrich aus der Stabsabteilung des BVwG: „Unter den noch offenen 18.000 Fällen ist auch der Fall des Verdächtigen.“ Darüber sei natürlich niemand glücklich.
Im BFA lässt man die Erklärung nicht gelten: Man habe das Gericht mehrfach auf vorliegende Verurteilungen hingewiesen, auch sei es rechtlich vorgesehen, dass derartige Verfahren prioritär zu behandeln seien. Trotz allem habe das Gericht nicht entschieden. Laut BFA-Direktor Gernot Maier kann das BFA nicht abschieben, so lange ein Verfahren bei Gericht anhängig ist.
Kommentare