Fakt und Fiktion: Weit weniger Migration als gefühlt

Ende Mai 2018: Flüchtlinge kommen auf der griechischen Insel Lesbos an.
Österreicher schätzen Anteil doppelt so hoch ein, wie er ist.

Es gibt Fakten, und es gibt eine gefühlte Wahrheit. Mit letzterem spielen Rechtspopulisten in Europa beim Thema Migration nur zu gerne. Und das wirkt, wie eine Untersuchung des Eurobarometer aus dem Vorjahr zeigt.

Fakt ist, dass es im EU-Schnitt 7,2 Prozent Migranten gibt. Die gefühlte Wahrheit für EU-Bürger ist, dass es 16,7 Prozent sind. Zwischen den Ländern gibt es bei der Befragung starke Unterschiede: In Polen glaubt man, dass jeder zehnte im Land ein Migrant ist – tatsächlich ist es aber nur jeder hundertste (10 Prozent zu 1,1 Prozent). Nur in Estland wird der Migrantenanteil mit zwölf Prozent als zu niedrig eingeschätzt; es sind de facto 13,1.

Welchen Einfluss die Asyl-Debatte auf die gefühlte Wahrheit hat, zeigt Italien: Das Land am Mittelmeer ist ja Anlaufstelle für Bootsflüchtlinge, die Regierung liegt deshalb mit Brüssel im Clinch. So glauben die Italiener, dass fast ein Viertel der Menschen in ihrem Land ausländischer Herkunft ist (24,6 Prozent). Real sind es sieben Prozent.

Ungarn fast ohne Fremde

In Ungarn dürfte die Stimmungsmache von Viktor Orbán für einen Rekord zwischen Fiktion und Fakten sorgen: Der Ausländeranteil wird in der EU-Umfrage auf 8,8 Prozent geschätzt, faktisch beträgt er aber nur zwei Prozent.

Auch in Österreich fühlt sich die Migration doppelt so stark an wie sie ist. Die Österreicher glauben, dass jeder fünfte im Land ein Migrant ist, dabei ist es nur jeder zehnte (20,1 zu 10,4 Prozent).

Auch bei der Frage, ob mehr Legale oder mehr Illegale im Land sind, tun sich die Befragten schwer: In Österreich glauben 21 Prozent, dass sich die Mehrheit der Migranten illegal aufhält. Experten gehen davon aus, dass es 80.000 und 100.000 Illegale (Menschen ohne gültige Reisepapiere, untergetauchte Asylwerber, etc.) gibt. Die Zahl ist nicht belegbar, weil Illegale nirgends aufscheinen.

Legale Migranten sind etwa Asylwerber im laufenden Verfahren oder Drittstaatsangehörige, die hier arbeiten bzw. studieren.

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