Experten warnen vor Ausschluss von Sexualkundevereinen aus Schulen

Sowohl in der Volksschule als auch in der NMS Grundsteingasse sind in manchen Klassen zwei Lehrerinnen notwendig.
ÖVP und FPÖ wollen externe Vereine verbannen. Institutionen mahnen, Jugendliche würden intime Fragen zur Sexualität nicht mit Lehrern besprechen wollen.

Experten haben am Mittwoch vor dem Wunsch von ÖVP und FPÖ gewarnt, externe Vereine aus dem Sexualkundeunterricht zu verbannen. Damit werde Sexualpädagogik an Schulen de facto abgeschafft, heißt es in dem Appell, der von Experten und rund 100 Institutionen - von den Pfadfindern bis zur AIDSHilfe - unterstützt wird. Heute startet mit #redmadrüber eine Petition für "qualitätsvolle Sexualpädagogik".

Der Ausschluss von sexualpädagogischen Vereinen aus dem Unterricht sei "ein fundamentaler Rückschritt in der Prävention von sexualisierter Gewalt, ungewollten Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Infektionen", mahnt Gabriele Rothuber von der Fachstelle Selbstbewusst in der Aussendung. Laut den Experten würden Jugendliche dadurch mit ihren Fragen, Ängsten und Unsicherheiten allein gelassen. Schüler wollten intime Fragen zu Sexualität nämlich nicht mit ihren Lehrern besprechen, auch für manche Pädagogen würden dabei persönliche Grenzen überschritten.

ÖVP und FPÖ hatten zuletzt im Nationalrat per Entschließungsantrag an das Bildungsministerium appelliert, dass der Sexualkundeunterricht künftig "ohne Beiziehung von schulfremden Personen oder Vereinen" und nur durch die Lehrer der jeweiligen Schule erteilt werden soll. Die vom Staat vorgegebene Neutralität sei nämlich in diesem Unterrichtssegment oft nicht gewährleistet.

Debatte um umstrittenen Verein TeenSTAR

Eigentlich wurde der Einsatz von externen Sexualkundevereinen gerade erst von Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) neu geregelt. Auslöser war die Debatte um den christlichen Sexualkundeverein TeenSTAR Ende vergangenen Jahres. Dieser hat in seinen Schulungsmaterialien u.a. Homosexualität als heilbares Identitätsproblem und Selbstbefriedigung als schädlich dargestellt. Außerdem wurde Enthaltsamkeit vor der Ehe und natürliche Empfängnisverhütung propagiert. Nach längerer Diskussion hat Faßmann den Schulen deshalb empfohlen, nicht mehr mit TeenSTAR zusammenzuarbeiten. Außerdem sollten sich generell sexualpädagogische Vereine ab 2020/21 für den Einsatz an Schulen akkreditieren müssen.

Unterstützt wird der Appell für den weiteren Einsatz externer Sexualpädagogen von SPÖ, NEOS und Grünen. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid appelliert per Aussendung an ÖVP und FPÖ, gemeinsam mit allen Fraktionen einen Weg für den Erhalt bewährter Sexualaufklärung auf hohem Niveau zu suchen.

Würden externe Vereine verboten, verliere man deren Know-how und lasse die Lehrer mit dem Thema allein. Für NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos wäre es "absoluter Humbug und grob fahrlässig", als Folge der Causa TeenSTAR alle Experten von den Schulen zu verbannen. Gleichzeitig fordert er ein besseres Ausbildungsangebot für Lehrer, Qualitätsstandards und -kontrollen. Für die Grünen ist das geplante "unsinnige Verbot" eine Retourkutsche dafür, dass Faßmann den Schulen den Schulen schlussendlich von einer Zusammenarbeit mit TeenSTAR abgeraten hat.

Auch ÖVP-nahe Schülerunion dagegen

Auch Bundesschulsprecher Timo Steyer wendete sich gegen einen Ausschluss von schulfremden Experten aus dem Sexualkundeunterricht. Durch ausreichendes Qualitätsmanagement solle sichergestellt werden, dass auch Vereine richtige und objektive Informationen weitergeben, so Steyer in einer gemeinsamen Aussendung mit dem Obmann der VP-nahen Schülerunion, Tobias Hofstätter.

"Natürlich ist es die Aufgabe der Lehrperson, den Unterricht zu gestalten und Wissen zu vermitteln", betonte Steyer. "Das ist jedoch kein Widerspruch dazu, Expertinnen und Experten zu bestimmten Themen in den Unterricht einzubauen, auch z.B. im Sexualkundeunterricht." Außerdem müsse die Politik darauf reagieren, dass sich Lehrkräfte unsicher fühlen, mit ihren Schülern über Sex zu sprechen und umgekehrt. Deshalb sei nicht nur eine bessere Ausbildung nötig, sondern auch Weiterbildungen.
 

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