Experte: "Die Gäste essen nach der Krise ja nicht das Doppelte"

Gastronomie während der COVID-19-Pandemie
Bernd Winter, Managing Partner der BDO, lobt das Hilfspaket der Regierung und mahnt trotzdem eine rasche Öffnung ein.

KURIER: Die Regierung hat ihr Hilfspaket präsentiert. Reicht das aus?"

Bernd Winter: Das Paket ist gut und wichtig. Denn es bringt nicht nur die notwendige Liquidität rasch ins Unternehmen, sondern hilft auch auf der Ertragsseite. Denn in vielen Branchen wie dem Handel, der automotiven Industrie, Gastronomie, Hotellerie - da kommen verlorene Umsätze und Deckungsbeiträge nicht durch Nahholeffekte im Herbst zurück. Die Gäste im Hotel essen ja nach der Krise nicht das Doppelte, und schlafen auch nicht doppelt so viel in Hotels.

Wie wichtig ist Geschwindigkeit?

Das ist definitiv ein Thema. In vielen Unternehmen sind die Zahlungseingänge auf null, Ausgaben und Löhne müssen weiter bezahlt werden. Und das kann schnell existenzbedrohend sein. Daher: Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe.

Experte: "Die Gäste essen nach der Krise ja nicht das Doppelte"

Ist es wirklich flächendeckend so, dass Unternehmen in Österreich nach ein bis zwei Monaten das Geld ausgeht?

Das ist sicher größen- und branchenabhängig. In den besprochenen Krisenbranchen reicht das Geld für wenige Wochen, sicher aber nicht Monate.

Wie kommt man jetzt zum Hilfsgeld. Ich gehe zur Bank und sage "Geld her"?

Es wird ein bisschen mehr bedürfen. Antragsformulare, Nachweise, dass man nicht schon vor der Corona-Krise de facto insolvent war. Es wird auch Prüfungen geben. Insgesamt soll es aber schnell und unbürokratisch gehen.

Haben Banken genug Geld dafür?

Unsere Auskunft ist, dass sie mit Geld gut versorgt sind.

Wann müssen Kredite zurückgezahlt werden?

Beim Instrument des Betriebsmittelkredits sind das 5 Jahre mit einer Option, weitere 5 Jahre zu verlängern. Das zweite Instrument ist der nicht rückzahlbare Zuschuss, wo im ersten Schritt auch ein Darlehen der Bank ausgegeben wird. Nach einem Jahr folgt dann eine Überprüfung, wie hoch die Fixkosten waren, und die werden zu maximal 75 Prozent ersetzt. Das Geld kommt also auch hier zunächst von der Bank, was gut ist, weil das schnell und unkompliziert geht. Am Ende des Tages zahlt aber der Staat in Form eines Zuschusses.

Kriegen diese Hilfe alle Unternehmen?

Davon ist nicht auszugehen. Es sind finanziell gesunde Unternehmen gemeint. Die Kriterien, an denen das gemessen wird, werden noch im Verordnungsweg festgelegt.

Und Managerboni werden auf die Hälfte limitiert?

Ja, aber das gilt natürlich nur für jene, die Staatshilfe in aus dem Corona-Hilfsfonds in Anspruch nehmen. Aus den Hilfsgeldern darf es auch keine Ausschüttungen und Dividenden geben.

Wie lange hält Wirtschaft das aus? Was sagen die viele Eigentümer, Firmenchefs, mit denen Sie reden?

Ich glaube nicht sehr lange. Es laufen ja Kosten weiter, der Umsatz bricht weg. Und Konsumenten haben auch kein Geld mehr, weil die Arbeitslosigkeit steigt. Man muss sich mal die Job-Situation in Amerika ansehen (Anm.: siehe Grafik unten). Daher mein Appell: Die Maßnahmen, solange sie gesundheitlich notwendig zu setzen, sie aber dann rasch wieder zu reduzieren.

Wie groß ist noch das Verständnis der Firmenchefs? Halten sie den Preis für zu hoch?

Diskussionen wie hoch der Preis gesundheitlicher Maßnahmen ist, nehmen jede Woche zu.

Experte: "Die Gäste essen nach der Krise ja nicht das Doppelte"

Corona-Krise ist weit schlimmer als die Finanzkrise 2008.

Sie haben in diesem Job auch schon die Finanzkrise 2008 erlebt, was ist schlimmer?

Ad hoc gesagt, ganz deutlich die Corona-Krise. Die Finanzkrise hat von oben begonnen. Von den Banken und Kreditinstituten, sie kam aber nie zu die kleinen KMUs durch. Die Regierungen konnten Betriebe sozusagen einzeln verarzten, weil es in Österreich ungefähr gerade einmal 120 Geldinstitute und Banken betroffen hat. Diesmal geht es um hunderte, tausende Unternehmen, das geht in die Breite. Alles muss unmittelbar sofort passieren, die Zeit ist viel kürzer, man kann nicht jeden einzelnen Fall anschauen. Und das macht es viel schwieriger zu helfen.

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