Eva Blimlinger: "Was für die Opfer angemessen wäre"

Eva Blimlinger: "Was für die Opfer angemessen wäre"
Gedanken zum Gedenken. Die Autorin ist Historikerin und Rektorin der Akademie der Bildenden Künste.

Woran an alles 2018 gedacht werden soll, wird schön langsam unübersichtlich, findet sich doch nahezu für jeden 8er ein Anlass. Das geht soweit, dass da und dort kritisiert wird, warum es denn kein Gedenken an den 30-jährigen Krieg gäbe. Im Zentrum sollte jedenfalls 1848, 1918 und 1938 stehen und ich würde aus erinnerungspolitischen Gründen noch 1998 erwähnen. Ja, da und dort eine Ausstellung, einige gute wie jene im mumok, „Photo/Politics/Austria“ oder „1848 – Die vergessene Revolution“ im Palais Niederösterreich. Manche kommen erst, wie jene zu „100 Jahre Frauenwahlrecht – die Wahlzelle“.  Manche nehmen ein Spezialthema in den Blick wie  das „vorarlberg museum“ mit „ Otto Ender. Landeshauptmann, Bundeskanzler und Putschist?“, um die Vorgeschichte zu 1938 zu erklären. Dazu gibt es auch eine umfassende Publikation, wie überhaupt das zu den jeweiligen Gedenkjahren Publizierte unüberschaubar ist, kaum Neues.
Festakte wie gewohnt mit mahnenden und „Nie wieder“ Worten, die dann in der gegenwärtigen Alltagspolitik nicht berücksichtigt werden, wenn zum Beispiel in rechtsextremen Medien wie Wochenblick von Ministerien inseriert wird. Und immer noch wird diskutiert Ständestaat? Systemzeit? Kanzlerdiktatur? Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur? Oder gar Austrofaschismus?  Lesen Sie die ausführlichen Studien des vielfach ausgezeichneten Emmerich Tálos, dann wissen Sie es: Austrofaschismus.


Das Vorzeigeprojekt Haus der Geschichte Österreich – schon grammatikalisch falsch – ist schon jetzt Geschichte und war gescheitert, bevor es noch aufgesperrt hatte. Es bleibt ein parteipolitischer Spielball, soll ein Haus der Republik werden, also Nationalsozialismus draußen, dafür Nation drinnen und das noch konsensual, Hegemonie nix mit Diskussion, Republiksgeschichte kann selbstverständlich ohne Beteiligung des Parlaments vermittelt werden und nein aus der Geschichte kann man nicht lernen.


Und warum 1998?

Nach Diskussionen, angeregt durch Hubertus Czernin und Thomas Trenkler, und ausgehend von der Beschlagnahme zweier Schiele-Bilder in New York aus der Stiftung Leopold wurde schließlich das Kunstrückgabegesetz beschlossen. Bis heute wurden über 30.000 Objekte aus Bundessammlungen zurückgegeben – eine international anerkannte Erfolgsgeschichte. Der damals neue gewählte Präsident der Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, forderte eine Historikerkommission, die dann  im Oktober 1998 eingesetzt wurde. Es wurde schließlich das umfangreichste zeitgeschichtliche Forschungsprojekt der Zweiten Republik und schaffte zum Beispiel  die wissenschaftliche Grundlage für die Entschädigung der Zwangsarbeiter_innen, die Gestezahlungen für entzogene Mietrechte oder die Rückgabe von Liegenschaften im Bundeseigentum. Was fehlt? Aus Anlass des 70. Jahrestages des Anschlusses 2008 gab es noch eine so genannte Erinnerungszuwendung für Opfer und Hinterbliebene – für die Wenigen, die noch leben, wären 2018  5000 Euro angemessen.

 

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