Ethikunterricht: Umfrage stützt Kritiker des türkis-grünen Planes klar
Ab dem kommenden Schuljahr wird an Österreichs Schulen nach jahrzehntelanger Diskussion der Ethikunterricht starten. Allerdings nur für die Oberstufenschüler – das hat vor allem budgetäre und personelle Gründe – und auch nur für jene Schüler, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben.
Gar nicht zufrieden mit dem Gesetzesentwurf, der noch vor dem Sommer beschlossen werden dürfte, sind die Betreiber der Plattform „Ethik für alle“. Eytan Reif, der sich seit Jahren für dieses Anliegen engagiert, erklärt gegenüber dem KURIER, warum das Vorhaben aus seiner Sicht gleich in mehreren Punkten bedenklich ist:
"Benachteiligung für alle, die sich nicht abmelden"
Einerseits würde das Gesetz verfassungsrechtlich bedenklich sein, da es ein „grobe Verletzung der Religionsfreiheit“ jener darstellen würde, die gar keine religiöse Erziehung erhalten möchten. Dass nur jene einen Ethikunterricht besuchen können sollen, die sich vom Religionsunterricht abmelden, hält Reif zudem für ein Zugeständnis an die Kirche, da eine Abmeldung nun nicht mehr folgenlos wäre.
Noch viel problematischer aber sei, dass der Vorschlag der Regierung jene Schüler benachteilige, die sehr wohl den Religionsunterricht besuchen wollen, denen aber der Besuch eines Ethikunterrichts verwehrt bleibe. „Warum dürfen diese Schüler keinen weltlichen Ethikunterricht besuchen, um über Gott und die Welt diskutieren zu können“, sagt Reif.
Umfrage: Nur 16 Prozent für Regierungsplan
Eine Gallup-Umfrage im Auftrag des Vereins „Ethik für alle“ scheint ihrem Ansinnen recht zu geben: Demnach würden 70 Prozent der 1000 Befragten einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle befürworten; aber nur 16 Prozent stehen hinter dem Plan der Regierung eines Ethikunterrichts nur für jene, die sich von Religion abmelden. Nur unwesentlich weniger, 13 Prozent, würden laut Auswertung grundsätzlich gegen einen Ethikunterricht sein.
Spannend dabei, erklärt Reif, sei außerdem, dass ein Ethikunterricht für alle bei Älteren über 50 Jahre mit 75 Prozent die höchste Zustimmung bekomme, bei Pensionisten mit 80 Prozent sei die Zustimmung überhaupt am größten. Kaum Unterschiede bei der Auswertung zeigen sich hingegen bei der Bundesländerauswertung oder, ob die Befragten in Städten oder am Land leben.
"Bevölkerung befürwortet Ethik für alle Schüler"
„Das Ergebnis dieser Umfrage ist nicht nur erfreulich – es übertrifft sogar unsere kühnsten Erwartungen. Diese – in Österreich und zu diesem Thema zum ersten Mal durchgeführte – repräsentative Umfrage veranschaulicht sehr eindrucksvoll, dass die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung die Einführung eines vom Religionsunterricht unabhängigen Ethikunterrichtes befürwortet“, sagt Reif zum KURIER.
KURIER Talk mit Sybille Hamann und Eytan Reif
„Diese Umfrage veranschaulicht aber auch, dass das von der Regierung zur Begutachtung vorgelegte diskriminierende Modell eines Ethikunterrichtes nicht nur eine verfassungsrechtliche, sondern auch eine demokratiepolitische Zumutung darstellt“, schießt Reif scharf gegen die türkis-grünen Pläne. Für ihn sei die einzig logische Konsequenz, dass die Regierung den „Gesetzesentwurf umgehend zurückziehen“ müsse und „nach einem Vierteljahrhundert der politischen Verschleppung, Blockade und Konzentration auf die Partikularinteressen der Religionsgemeinschaften, endlich einen Ethikunterricht für alle einführen.“ Nachsatz: „Solch ein Ethikunterricht ist in Österreich nicht nur konsensfähig, sondern auch längst überfällig.“
SPÖ fordert Ethikunterricht für alle
Grüne: "Eine offene Türe"
Übrigens: Die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann hat Reifs Kritik zurückgewiesen, dieser sei „polemisch, in sich widersprüchlich und schwerst übertrieben“ gewesen, so Hamann im Standard. Sie würde, könnte sie alleine entscheiden, Ethikunterricht für alle gesetzlich verankern. Immerhin, erklärt Hamann abschließend: „Es ist ein Anfang, eine offene Tür.“
Kommentare