"Ermittlungen wie im Kabarett"

Peter Pilz mit Taschenlampe
Pilz droht in einem 17 Jahre alten FPÖ-Skandal nun als Einzigem eine Verurteilung.

Wer sich gefragt hat, was eigentlich passiert, wenn man nicht mehr durch seine Immunität als Abgeordneter geschützt ist, kann bei Peter Pilz nachfragen. Er hatte nämlich kürzlich einen Termin beim Staatsanwalt.

Der Grund dafür war aber nicht der Vorwurf der sexuellen Belästigung in Alpbach, der ja auch Gegenstand von Ermittlungen ist. Anlass war eine Causa, die das Gros der Österreicher wohl längst vergessen hat: Der EKIS-Spitzelskandal aus dem Jahr 2000, bei dem sich Polizisten via Exekutivsystem über Kollegen, Freunde und Feinde informiert hatten – einer der ersten handfesten Skandale unter Schwarz-Blau I, denn unter den Verdächtigen waren viele FPÖ-Funktionäre.

Dass ihn die Sache 17 Jahre nach ihrem Auffliegen einholt – während der Immunität sind Verfahren nur quasi "eingefroren" –, entbehrt darum nicht einer gewisse Ironie. Denn zum einen war Pilz maßgeblich daran beteiligt, dass der Missbrauch ans Licht kam und die Praxis infolge dessen beendet wurde; zum anderen wurden von den gut 80 Beschuldigten – ermittelt wurde ja auch gegen frühere FPÖ-Größen wie Jörg Haider und Ewald Stadler – niemand verurteilt.

Sechs Monate Haft

Dem Ex-Grünen, der in der Causa lediglich interne, ihm anonym zugespielte Dokumente veröffentlicht hatte, die den Missbrauch belegten, droht damit nun als Einzigem eine Strafe. "Es kann sein, dass ich verurteilt werde – nur, weil ich meine Arbeit als Abgeordneter erledigt habe", sagt er. Der Strafrahmen für verbotene Veröffentlichung: sechs Monate Freiheits- oder eine Geldstrafe in Höhe von 360 Tagsätzen.

Wirft man allerdings einen Blick in die damaligen Ermittlungsakten, bekommt die Causa eine zusätzlich absurde Dimension. Die Aufzeichnungen liegen Pilz ja nun vor, und er spricht da von " Ermittlungen im Kabarettbereich": Denn beobachtet wurde damals nicht nur er als "Quelle" der internen Polizeiinformationen. Die Staatspolizei ermittelte auch gegen all jene Journalisten, die eine Pressekonferenz von Pilz besucht hatten und dann über seine Ausführungen berichtet hatten: Angeführt sind da etwa zehn Artikel, publiziert von der Nachrichtenagentur APA ebenso wie vom KURIER.

"Es wurden V-Männer in meine Pressekonferenz geschickt", sagt Pilz lachend. Die hätten dann wiederum die jeweiligen Journalisten ausfindig gemacht und befragt, wie sie zu den Informationen gekommen seien. Allein, besonders ergiebig war deren Auskunft nicht: Die Informationen über den EKIS-Skandal kamen – wenig überraschend – von Pilz, und im Bericht der Staatspolizei wird resümierend festgestellt, dass die Journalisten den Fragen "mit Misstrauen begegnet" seien. Auch die Angst vor "Einschränkung der Pressefreiheit" wird erwähnt.

"Freiheitliches Erbe"

Für Pilz ist das – 17 Jahre später – noch immer ein Skandal. Er habe nun "das Erbe von freiheitlichem Daten- und Justizmissbrauchs am Hals", sagt er. Dass er die Akten veröffentlich habe, tue im freilich nicht leid – "das Risiko war mir bewusst", sagt er.

Und wenn er verurteilt wird, was ja durchaus im Bereich des Möglichen liegt? Dann würde er damit leben – selbst wenn er wieder ins Parlament einzieht und damit seine Immunität zurückerlangt. "Das ist mein Berufsrisiko", sagt er.

Sexuelle Belästigung Pilz wird vorgeworfen, beim Forum Alpbach im Jahr 2013 eine EVP-Mitarbeiterin sexuell belästigt zu haben. Pilz sagte zunächst, er könne sich daran nicht erinnern, zog aber die Konsequenzen und nahm sein Nationalratsmandat nicht an. Einige Zeit nach dem Rücktritt sagte er, es habe sich um einen Streit und keine Belästigung gehandelt – er lässt derzeit von Mitarbeitern die Umstände eruieren. Seit Kurzem ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck in diesem Fall.

Die Fälle EKIS und Kampusch In beiden Fällen wird wegen verbotener Veröffentlichung ermittelt – Pilz hatte interne Akten, die ihm zugespielt wurden, der Presse zugänglich gemacht. Eine Verurteilung ist möglich, da seine Immunität derzeit nicht gilt.

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