Pensionsungleichheit: Kritik an Regierung zum Equal Pension Day
Die SPÖ hat angesichts des "Equal Pension Day" am Dienstag (an dem Männer bereits so viel Pension bezogen haben, wie Frauen erst bis zum Jahresende erhalten werden) die Regierung für ihre "Untätigkeit" kritisiert.
Zwar sei das Problem "altbekannt", dennoch gebe es seitens der Regierung aktuell keine Pläne, die Pensionslücke zu schließen, hieß es. Kritik kam auch von der FPÖ, den NEOS und der Gewerkschaft. ÖVP wie die Grünen hingegen verwiesen auf beschlossene Maßnahmen. "Jährlich grüßt das Murmeltier", sagte die stellvertretende Klubvorsitzende und Frauensprecherin, Eva-Maria Holzleitner, bei einer Pressekonferenz am Montag angesichts des jährlichen "Equal Pension Day".
Frauen erhalten im Durchschnitt um 40,09 Prozent niedrigere Pensionsbezüge als Männer. "Das ist extrem viel", betonte Holzleitner. Schließlich bedeute dies, dass Frauen 922 Euro brutto pro Monat "im Börserl fehlen". Die Vorschläge der Regierung, speziell der ÖVP, würden die Lücke "nur noch stärker aufmachen", Stichwort "Großelternkarenz", kritisierte die rote Frauensprecherin.
Island als Vorbild
Mit den Plänen der SPÖ hingegen könnte diese "kontinuierlich und dauerhaft" geschlossen werden. Nötig sei dafür aus roter Sicht zunächst einmal eine tatsächliche Lohntransparenz, denn nach wie vor würden Frauen für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt. Holzleitner schwebt dabei eine Regelung wie das isländische Gleichbezahlungsgesetz vor, das auch Sanktionen für Unternehmen und eine Beweislastumkehr vorsehe. Derzufolge müssten Unternehmen belegen, dass eine höhere Bezahlung tatsächlich gerechtfertigt sei.
Väterbeteiligung bei der Karenz
Zudem brauche es eine Verbesserung bei den Kindererziehungszeiten. Diese würden zwar angerechnet, aber mit einem niedrigeren Wert als das derzeitige Medianeinkommen (2.568 Euro), nämlich mit 2.100 Euro. Die SPÖ fordert daher eine Steigerung zumindest auf das Medianeinkommen.
Zusätzlich muss die Väterbeteiligung bei der Karenz angehoben werden, hier sei der Trend sogar negativ. Weitere Forderungen der SPÖ sind ein Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr und eine dauerhafte Aussetzung der Aliquotierung der Pensionen, statt des jährlichen "Flickwerks". Von der SPÖ würden konkrete Gesetzesvorschläge, etwa zur Einkommenstransparenz, im Parlament liegen.
Von Mindestpensionen und Hacklerregelungen
Anders sieht das naturgemäß die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski. Im Gegensatz zu den Regierungen davor hätten ÖVP und Grüne "gehandelt" und Maßnahmen gesetzt, die sich "positiv auf Frauenpensionen" auswirkten. Etwa habe man die Mindestpensionen angehoben und aus der Hacklerregelung den Frühstarterbonus gemacht, der vor allem Frauen zu Gute komme. Mit der Pflegereform habe man die Gehälter in der weiblich dominierten Pflege erhöht. Zudem trage die automatische jährliche Erhöhung der Familien- und Sozialleistungen dazu bei, Altersarmut bei Frauen entgegenzuwirken. Und in den kommenden Jahren werde man mit dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen "einen großen, längst überfälligen Schritt bei der Vereinbarkeit" setzten.
Damit "Frauen bis in die Pension finanziell unabhängig leben können, müssen ihnen dieselben Karriere- und Verdienstmöglichkeiten offen stehen wie Männern", sah auch Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) die Notwendigkeit, die Ungleichheiten schon vor Pensionsantritt anzugehen.
Gleichzeitig sei es aber wichtig, dass Frauen "genau jenes Lebensmodell wählen können, das sie möchten", so die Ministerin in einer Aussendung. Dabei setze die Regierung auf einen breiten Maßnahmen-Mix wie den Ausbau der Kinderbetreuung mit 4,5 Mrd. Euro bis 2030, Informationsangebote, die Attraktivierung der MINT-Berufe für Frauen und den LEA Frauenfonds, erinnerte sie an bereits gesetzte Schritte. "Zudem setzen wir uns für ein automatisches Pensionssplitting ein, um die Verantwortung bei gemeinsamen Kindern zwischen den Paaren fair zu verteilen." Somit stärke man Frauen bis in die Pension hinein.
Teilzeit arbeitende Mütter
Die NEOS zogen - wie die SPÖ - eine weniger wohlwollende Bilanz der Regierungsarbeit. Dass sich die Kluft nur "im Schneckentempo" verringere, sei ein "Armutszeugnis für diese Bundesregierung", betonte die pinke Frauensprecherin Henrike Brandstötter. Weder hätte Schwarz-Grün einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung noch das verpflichtende Pensionssplitting geschafft. Auch scheiterte die Koalition daran, die Steuer- und Abgabenquote wie versprochen auf unter 40 Prozent zu senken, damit sich Arbeit lohnt.
Die freiheitliche Frauen- und Seniorensprecherin Rosa Ecker betonte, dass vor allem der "Beruf Mutter" - "der wichtigste und anspruchsvollste Job der Welt" - der Hauptgrund der enormen Pensionslücke bei Frauen sei. Dieser gehöre "endlich angemessen entlohnt", forderte Ecker auch die staatliche Anerkennung für Kinderbetreuung in Form von anrechenbaren Pensionszeiten.
Außerfamiliäre Kinderbetreuung und deren Ausbau sei "gut" - "doch es kann nicht sein, dass eine Mutter aus finanziellen Gründen wieder in die Berufstätigkeit 'getrieben' wird und ihr Kind dann in eine Betreuung geben muss", so die FPÖ-Politikerin. Sie forderte außerdem u.a. eine Anhebung der Löhne und Gehälter in Niedriglohnberufen und Pensionszuschüsse für Teilzeit arbeitende Mütter. Auch brachte sie das FPÖ-Kernthema Migration aufs Tapet: "Denn während die ÖVP-Grüne-Regierung und davor auch die SPÖ genügend Geld für Menschen aus aller Herren Länder ausgegeben haben und ausgeben, die aber davor keinen Cent in unser Pensionssystem eingezahlt haben, diskutieren wir Jahr für Jahr über die Pensions-und Gehaltslücken von Österreicherinnen", sagte sie.
Kritik kam auch vom SPÖ-nahen Pensionistenverband. "Seit zehn Jahren werden die entsprechenden Zahlen erhoben und veröffentlicht. Die Situation hat sich nur marginal verbessert", kritisierte Präsident Peter Kostelka. Gehe es in diesem Tempo weiter, werde es "ewig dauern", bis eine Gleichstellung bei den Pensionen erreicht sei.
Fehlende Schritte
Kritik an der ÖVP und an der von ihr ventilierten "Großelternkarenz" übte auch die Frauenorganisation der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE). Gründe für die Pensionslücke macht Bundesfrauenvorsitzende Elfriede Schober in der ungleichen Verteilung der Care-Arbeit, längeren Teilzeitphasen, niedrigeren Einkommen oder Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Kindererziehungs- und Pflegezeiten aus. Daher brauche es neben einer besseren und längeren Anrechnung der Kindererziehungszeiten einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Geburtstag, forderte ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Korinna Schumann.
Auch der Vorsitzenden des Österreichischen Frauenringes, Klaudia Frieben, fehlen Schritte im Pensionsrecht. Frieben kritisierte unter anderem die Einführung der "Lebensdurchrechnung" für die Bemessungsgrundlage statt der besten 15 Jahre im Jahr 2003. Damit sei das Vertrauen darin, eine angemessene Pension zu erhalten, "zerstört" worden. Für Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger ist es "eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir Frauen in diesem Land sozial absichern".
Relativiert wurde der "Equal Pension Day" vom industrienahen Thinktank Agenda Austria. Denn multipliziere man die durchschnittlichen Pensionsbezüge mit der Pensionsdauer, dann zeige sich, dass der Gap im Pensionsvermögen deutlich geringer ausfalle. Obwohl Frauen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben als Männer, gehen sie nach wie vor früher in den Ruhestand, hieß es. Waren Frauen 1970 laut Angaben von Agenda Austria rund 18,5 Jahre in Pension, sind es heute bereits fast 26 Jahre.
Kurz zusammengefasst:
- Frauen bekommen 40 Prozent weniger Pension als Männer.
- SPÖ, NEOS und Gewerkschaft kritisieren die Regierung.
- Der Equal Pension Day macht auf die Pensionsunterschiede zwischen Männern und Frauen aufmerksam.
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