Einigung bei Primärversorgung

Einigung bei Primärversorgung
Am Montag soll der Grundsatzbeschluss zur "Primary Health Care" gefasst werden.

Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich auf die Grundsätze der neuen Primärversorgung geeinigt. Am Montag soll der Grundsatzbeschluss zur "Primary Health Care" gefasst werden, gaben Gesundheitsminister Alois Stöger, die Länderverhandler Josef Pühringer und Sonja Wehsely sowie Hauptverbands-Chef Hans Jörg Schelling in einer Pressekonferenz am Mittwoch bekannt.

Die Ärztekammer wird das vorliegende Arbeitspapier am Donnerstag beraten, hat aber schon vorsichtigen Optimismus gezeigt. Die Gespräche waren hart, aber große Zugeständnisse habe man den Ärzten nicht gemacht. Es sei vielmehr gelungen, Missverständnisse zu klären und den niedergelassenen Ärzten "Sorgen und Ängste zu nehmen", sagte Schelling. Die Kommunikation sei wohl, meinte die Wiener Gesundheitsstadträtin Wehsely, mitunter "nicht optimal" gewesen.

In den Gesprächen habe man geklärt, dass das Vertragsrecht nicht "ausgehebelt" wird und der Gesamtvertrag bestehen bleibt - wobei es freilich auch neue Vertragsformen werde geben müssen. Darüber sei noch mit den Ärzten zu verhandeln, Schelling sieht die Sache auf gutem Weg. Die Finanzierung werde sich nach der seit 2013 geltenden Ausgabenobergrenze richten; ob es Änderungen geben muss, wisse man erst, wenn klar ist, wie die Projekte - die demnächst starten - aussehen und wirken; also ob es tatsächlich zu der angestrebten Entlastung der Spitalsambulanzen kommt.

Flexible Gestaltung

Klargestellt wurde überdies, dass die Ärzte die entscheidende Rolle haben. An kollegiale Führung in den geplanten Gesundheitszentren habe niemand wirklich glauben können, warf Wehsely ein. Wichtig für die Ärzte sei wohl - so der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer - auch gewesen, dass es nicht ein einziges Modell gibt mit einer Zwangsmitgliedschaft und "überbordenden neuen Ordnungsstrukturen", sondern freiwillige Teilnahme weiterhin selbstständiger Ärzte an verschiedensten Modellen.

Solche Modelle sollen nun in den Ländern getestet werden - und je nach Bedarf oder Lage (Stadt/Land) verschiedene Varianten angeboten werden. Beschlossen werden von der Bundeszielsteuerungskommission am Montag nur Grundsätze und Qualitätsstandards. In der Umsetzung wird sich auch zeigen, ob Gesetzesänderungen nötig sind.

Jedenfalls werde mit diesem Beschluss ein wichtiger Schritt für die konkrete Umsetzung der Gesundheitsreform gesetzt. "Das ist der Einstieg in den Umstieg", sagte Wehsely.

Ambulanzen entlastet

"Primary Health Care" soll die Primärversorgung auf neue Beine stellen: Teams von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen sollen die Patienten am Wohnort Versorgung "im gesamten Krankheitsfall" und mit längeren Öffnungszeiten (auch am Abend und Wochenende) bieten, erläuterte Stöger. Die Spitalsambulanzen sollen entlastet werden, betonte Schelling, und man komme den Wünschen der Bürger nach mehr Gesundheitsförderung, mehr Zeit des Arztes für ein Gespräch sowie einer integrierten Versorgung entgegen.

Von der Möglichkeit der Vernetzung werden auch die Ärzte profitieren, sind die Verhandler überzeugt. Sie können längere Öffnungszeiten bieten, ohne persönlich rund um die Uhr im Einsatz sein zu müssen - und manche Aufgaben wie z.B. Hausbesuche bei chronisch Kranken könnten auch an Krankenpfleger abgegeben werden. Pühringer sieht in der neuen Primärversorgung "das Zukunftsmodell" angesichts des drohenden Ärztemangels.

Vertreter verschiedener nicht-ärztlicher Berufsgruppen haben am Donnerstag in einer Pressekonferenz die Pläne zur neuen gesundheitlichen Primärversorgung in Österreich begrüßt. Dass sich künftig multidisziplinäre Teams gemeinsam um die Patienten kümmern sollen, stieß auf einhellige Zustimmung. Weniger Freude gab es über die Sonderwünsche der Ärzte.

Krankenpflege: Mehr Versorgungsleistungen übernommen

Ursula Frohner, Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, strich hervor, dass ihre Berufsgruppe im Akutkrankenhaus bereits heute viele Versorgungsleistungen übernommen habe. Dass dies nun auch im niedergelassenen Bereich Realität werden soll, bewertete sie ebenso positiv wie Martina Krieger vom Psychologen-Berufsverband.

Medizinisch-Technische Dienste

Für den Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD Austria) schwärmte Gabriele Jaksch von der gemeinsamen, multiprofessionellen Verantwortung rund um den Patienten, und zwar auf Augenhöhe. Dass sich die Ärztekammer zuletzt verstärkt in das Projekt hineinreklamiert und eine Sonderstellung der Allgemeinmediziner verlangt hat, kommentierte sie ablehnend. Es sei "nicht ganz so toll, dass nicht der Patient im Mittelpunkt steht, sondern eine Berufsgruppe".

Apotheker sind Schnittstelle

Thomas Veitschegger vom Apothekerverband unterstrich die Rolle seiner Berufsgruppe als niederschwellige Schnittstelle zwischen Arzt und Patient. Und auch ein Arzt wurde bei der Pressekonferenz aufgeboten, um die Vorzüge des Primärversorgungsmodells zu loben. "Primary-Health-Care-Modelle stellen ganz klar eine Aufwertung des Hausarztes und des extramuralen Bereichs dar", sagte Erwin Rebhandl von "AM PLUS", einer "Initiative für Allgemeinmedizin und Gesundheit".

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