Eine für alle: Rechnungshof drängt auf Neustart bei Mindestsicherung

ABD0060_20160311 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Illustration zum Thema "Mindestsicherung", aufgenommen am Freitag, 11. März 2016, in Salzburg. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Prüfer warnen vor steigenden Kosten und monieren bundeseinheitliche Regelung. Minister Stöger winkt ab, wegen Nein der Länder sei das wenig realistisch.

Es war ein hehres Ziel der Sozialdemokratie: Für den Kampf gegen die Armut und eine dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben sollte die "bundeseinheitliche und bedarfsorientierte Mindestsicherung" einen sozialpolitischen Meilenstein darstellen. Doch Flüchtlingskrise und laute Warnungen vor einer "sozialen Hängematte" machten das Prestigeprojekt zunichte.

Am Freitag veröffentlichte der Rechnungshof einen durchaus vernichtenden Bericht über die Mindestsicherung in Wien der Jahre 2011 bis 2015 – allerdings über eine Regelung, die es so gar nicht mehr gibt. Ergebnis der Prüfung war unter anderem, dass von Anfang an klare Ziele dieser sozialpolitischen Maßnahme fehlten, und daher auch unklar war, was erreicht werden hätte sollen. Zudem seien die Leistungsüberprüfungen unvollständig oder verspätet durchgeführt worden.

Von 100 € bis 2000 €

Die Bandbreite des monatlichen Mindestsicherungsanspruchs in Wien reichte von weniger als 100 Euro bis zu 2000 Euro (bei einem nicht erwerbstätigen Paar mit fünf minderjährigen Kindern). Alleinstehende erhielten bis zu 941 Euro monatlich.

Im Prüfzeitraum stiegen die Anzahl der Bezieher als auch die Kosten mit 71 Prozent massiv an. Zwischen 2010 und 2015 verdoppelte sich die Zahl beinahe auf 138.592 Personen. Die Ausgaben der Stadt stiegen zeitgleich um 50 Prozent auf 543,72 Millionen Euro. Wiens Soziallandesrätin Sandra Frauenberger konterte die Kritik mit dem Hinweis, dass es inzwischen eine Neuregelung gebe und besser kontrolliert werde.

Fazit des Rechnungshofes: Es sollte dringend einen neuen Anlauf für eine bundesweit einheitliche Regelung geben. Das Sozialministerium möge einen entsprechenden Entwurf vorlegen, da der Bund seine "verfassungsrechtliche Möglichkeit als Grundsatzgesetzgeber, einheitliche beziehungsweise harmonisierte Vorgaben im Bereich der Mindestsicherung festzulegen, bisher nicht wahrgenommen" habe.

Am Freitag erklärten fast alle Landeschefs, dass sie ein einheitliches Modell zur Mindestsicherung unterstützen. Derzeit hat jedes Land ein eigenes Modell, auch wenn jenes von Salzburg, Tirol und Vorarlberg sehr ähnlich ist, "um Mindestsicherungstourismus zu verhindern", wie Tirols Landeshauptmann Günther Platter erklärte.

Jeder will seines

Sozialminister Alois Stöger hält einen neuen Anlauf für eine bundeseinheitliche Regelung aber für wenig realistisch. Denn trotz grundsätzlichem Ja, sieht jeder Landeshauptmann sein Modell als Schablone für alle anderen. Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer: "Ich möchte von dieser Vorgangsweise, die das Land Oberösterreich gefunden hat, nicht abrücken."

Stögers nüchternes Resümee gegenüber dem KURIER: "Da die Positionen der Länder derzeit festgefahren sind, ist meine Hoffnung auf eine neue Regelung gering."

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