Diesmal soll Pamela Rendi-Wagner ihren Vorgänger sogar eingeladen haben. „Ich habe schon vor längerer Zeit Christian Kern als ausgewiesenen Energieexperten gebeten, gemeinsam ein Konzept auszuarbeiten“, erklärte die SPÖ-Chefin gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Und der Ex-Kanzler ergänzte: „Wir haben nicht vor, das zu einer Dauerveranstaltung zu machen.“ Für ihn sei dieser gemeinsame Auftritt eine einmalige Sache.
Freundliche Worte, die aber eine gewisse Anspannung nicht verbergen konnten. Tatsächlich sorgte die gemeinsame Pressekonferenz auch SPÖ-intern für einigen Gesprächsstoff. Dort ist es kein Geheimnis, dass seit dem doch chaotischen Wechsel an der Parteispitze im Jahr 2018 das Verhältnis zwischen Rendi-Wagner und Kern nicht das beste ist – um es zurückhaltend zu formulieren. Hinzu kommt, dass der Ex-Kanzler gerade beim Energiethema die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit voll auf sich gezogen hat. Mit zahlreichen Interviews in Österreich, mit Schlagzeilen in großen deutschen Zeitungen.
Tatsächlich soll es im Klub entschieden worden sein, dass es eine gemeinsame Pressekonferenz gibt. Das sei auch ihr Wunsch gewesen, sagte Pamela Rendi-Wagner. Sie sei mit ihrem Vorgänger immer wieder in Kontakt gewesen und habe ihn dazu animiert, sein Wissen zum Energiemarkt (siehe Artikel unten) auch der SPÖ zur Verfügung zu stellen.
Die freundlichen Worte, der harmonische Auftritt – all das konnte so manchen hohen Funktionär nicht davon überzeugen, dass zwischen den beiden plötzlich Tauwetter herrscht. Sie würden einander noch immer nicht über den Weg trauen, so ein Kommentar aus der Löwelstraße. Gleichzeitig wird gerätselt, welches Ziel Christian Kern verfolgt.
Dass er die SPÖ wieder übernehmen will, daran glauben nur die wenigsten in der Partei. Christian Kern hatte das auch immer wieder betont. Auch beim gemeinsamen Auftritt mit Rendi-Wagner hat er es verneint. Andererseits soll er in den vergangenen Monaten immer wieder lose Gespräche mit Wirtschaftsvertretern geführt haben. Und bei der Klubklausur der SPÖ Burgenland ist ebenfalls ein Referat des Ex-Kanzlers geplant.
Dass im Bereich der Wirtschaft politisch noch Platz sei, das deutete er am Donnerstag mit Hinweis auf die ÖVP an: „Der Platz einer Wirtschaftspartei ist unterbesetzt.“ Parteifreunde von Kern sehen diesen als „wirtschaftsfreundlichen Sozialdemokraten“, der diese Flanke der SPÖ gut abdecken könnte. Deswegen dürfte er auch wieder eingebunden worden sein. Wobei der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch einer jener SPÖ-Granden gewesen sein soll, die sich für Kern stark gemacht haben.
Es gibt aber auch eine andere Version über die Zukunftspläne von Christian Kern. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte ihn einmal als exzellenten Wirtschaftsmann auf EU-Ebene bezeichnet. Das mag vielleicht die erste Andeutung gewesen sein, dass sein politischer Weg nach Brüssel führen könnte. Und zwar als nächster österreichischer EU-Kommissar nach einem Regierungswechsel in Wien.
„Wenn einer einmal auf Bundesebene Kanzler war, dann kehrt er nicht mehr auf diese Ebene zurück“, sagt ein SPÖ-Funktionär. Was gegen die Version spricht, Christian Kern könnte einem möglichen Regierungsteam einer Kanzlerin Pamela Rendi-Wagner angehören. Die EU-Ebene hingegen wäre jener Schritt, den er ja schon im Jahr 2018 machen wollte. Den ihm aber damals seine Partei verwehrte.
Der gemeinsame Auftritt von Rendi-Wagner und Kern hat jedenfalls alle Gerüchte wieder befeuert – obwohl er von den beiden als ganz normal abgetan worden war.
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