"Ein Zaun würde den Tourismus lahmlegen"

Wollen die Menschen Grenzzäune? Nicht zwingend – sofern richtig kontrolliert wird
Die südsteirischen Winzer und Bürgermeister sind primär für mehr Kontrolle. Nur bei der Grenzstation Spielfeld sind mehr Barrieren gewünscht.

Brauchen die Südsteirer einen Zaun, um sich angesichts der Flüchtlingsmärsche sicher zu fühlen? Soll die Grenze mit Maschendraht- oder einem Stacheldraht-Wall geschützt werden? Wer sich in diesen Tagen mit Bürgermeistern und Unternehmern der Region unterhält, bekommt fast allerorten die selbe Antwort: Kaum jemand befürwortet einen Zaun.

"Die Menschen wollen keine kilometerlangen Barrieren. So wollen nur, dass die Flüchtlinge kontrolliert werden, und dass dies geordnet abläuft", sagt Karl Wratschko, Bürgermeister der Wein-Gemeinde Gamlitz zum KURIER. Gamlitz liegt von Spielfeld aus betrachtet im Hinterland. Die Sorge, dass ihn bzw. seine Bürger Ausweich-Bewegungen von Flüchtlingen treffen, hegt Wratschko nicht: "Die Flüchtlinge haben ein Ziel und die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist vorhanden. Am meisten schadet der Stimmung, wenn der Eindruck von Chaos entsteht."

"Die Ängste sind so groß, dass die FPÖ bei uns derzeit eine absolute Mehrheit hätte."

"Ein Zaun würde den Tourismus lahmlegen"
Anton Vukan
Apropos Eindruck: Um den steht es, so befundet Murecks Bürgermeister Toni Vukan, eben nicht gerade zum Besten: "Wenn wir am Sonntag Wahlen hätten, hätte die FPÖ bei uns im Ort eine absolute Mehrheit", prognostiziert der frühere Landesgeschäftsführer der SPÖ gegenüber dem KURIER.

Mureck liegt einige Kilometer flussabwärts und hat eine natürliche Grenze zu Slowenien – die ausnehmend schnell fließende Mur. An der Stimmung in der Bevölkerung ändert das aber wenig. "Unsere Bürger sind extrem besorgt. Die Bilder von Menschen, die Zäune durchbrechen, halten sich nachhaltig im Gedächtnis." Einen Grenzzaun hält Vukan nicht zwingend für geboten. Sehr wohl aber stärkere Patrouillen: "Mehr Präsenz von Polizei und Bundesheer würden das Sicherheitsgefühl wieder stärken."

„Ein paar Kilometer würden genügen, damit niemand die Grenzstation umgehen kann.“

"Ein Zaun würde den Tourismus lahmlegen"
Reinhold Höflechner /Bürgermeister von Spielfeld
Was den Zaun angeht, hat Reinhold Höflechner eine eigene Expertise. Als Bürgermeister von Straß-Spielfeld ist er unmittelbar von der Flüchtlingsthematik betroffen – und stand als gelernter Soldat zudem viele Jahre bei der Grenz-Sicherung im Burgenland.

Von der Performance der Bundesregierung ist Höflechner enttäuscht ("Das ist erschreckend"), einen Zaun erachtet er für nötig – aber nur rund um die Grenz-Station. "Ein paar Kilometer zur Mur, ein, zwei Kilometer hinauf ins Hügelige, das würde genügen. Es geht nur darum, dass diejenigen, die nicht lange warten wollen, nicht auf die Idee kommen, die Grenz-Station zu umgehen."

Soweit die Bürgermeister. Was sagen die Unternehmer, die Touristiker?

"Ein Zaun ist ein Unsinn, weil es den Tourismus lahmlegen würde. Die Symbolik wäre schlimm."

"Ein Zaun würde den Tourismus lahmlegen"
Imagefotos 2010 | Weingut Gross Pressefoto
"Der Grenzzaun ist ein Unsinn, weil er den Tourismus lahmlegen würde", sagt Winzer Alois Gross. "Unsere Familie ist historisch gesehen immer Doppelbesitzer gewesen – mit Weinbaufläche in Österreich und Slowenien. Ich sehe keine Probleme bei der Bewirtschaftung, wenn ein Zaun kommt, aber die Symbolik wäre schlimm. Ein Zaun steht für Ausgrenzung und Einsperren."

"Ich kann mir eine Landschaft mit Grenzzaun nicht vorstellen. Auch in der Tito-Zeit gab es keinen Zaun."

"Ein Zaun würde den Tourismus lahmlegen"
Winzer Walter Polz bewirtschaftet 120 Hektar und wohnt in Spielfeld an der Grenze. Auch er will sich die Landschaft mit Zaun nicht vorstellen. "Selbst während der Tito-Zeit hatten wir keinen Zaun. Bei der Grenzen müssen nur bessere Schleusen gebaut werden, die eine menschliche Behandlung der Flüchtlinge zulassen." Die Herausforderung sei schaffbar. "In den letzten zwei Wochen hat sich die Organisation an der Grenze schon stark verbessert."

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