Ehefrau über Alois Mock: "Waren immer ein Team"
Ich weiß, dass er vieles mitbekommt, wenn ich mit ihm rede, doch er selbst sagt kaum etwas", erklärt Edith Mock, die hier zum ersten Mal ausführlich über das Parkinson-Leiden ihres Mannes spricht. Österreichs legendärer Außenminister Alois Mock feiert am kommenden Dienstag seinen 80. Geburtstag, ist aber seit vielen Jahren von schwerer Krankheit gezeichnet.
"Es begann mit unkontrollierten Bewegungen, die wir nicht deuten konnten", sagt Edith Mock. "Wir waren bei mehreren Ärzten, jeder hat etwas anderes vermutet, bis im Februar 1995 ein englischer Arzt eine leichte Form von Parkinson feststellte. Mein Mann konnte damals noch seiner Arbeit nachgehen." Doch die Krankheit nahm einen dramatischen Verlauf.
Operation
"Jeder hat seinen eigenen Parkinson", meint Edith Mock, die ihr Leben voll und ganz der Pflege ihres Mannes widmet. "Vor sechs Jahren wurde bei ihm mittels Operation eine Sonde gelegt, über die jede Minute das Parkinson-Medikament Dopamin in den Körper gepumpt wird, damit ist er medikamentös versorgt."
Sein Alltag sieht so aus: "Er schläft interessanterweise oft, obwohl er, als er noch gesund war, ein Frühaufsteher war, bis zwei, drei Uhr nachmittags", verrät Frau Mock. "Nach der Morgenpflege setzen wir ihn in den Rollstuhl, er bekommt sein Mittagessen und dann gehen wir – entweder die Dienst habende Schwester oder ich – mit ihm in den Türkenschanzpark, der unserer Wohnung gegenüberliegt. Leider haben wir keinen Lift, daher müssen wir den Rollstuhl 18 Stufen hinunter tragen. Nach dem Spaziergang gehen wir in eine Konditorei oder in einen nahen Eissalon. Süßigkeiten hat er sein Leben lang geliebt."
Es kommen immer wieder Besucher, über die er sich freut. Edith Mock: "Mein Mann kann diese Freude nicht artikulieren, aber er kann sie durch seinen Gesichtsausdruck zeigen. Nach einiger Zeit spüre ich, wenn es ihm zu viel wird und der Besucher wieder gehen soll."
"Noch dabei zu sein"
Zwischen neun und zehn Uhr abends wird Alois Mock zu Bett gebracht, dann sitzt seine Frau "noch zwei, drei Stunden bei ihm, bis er einschläft, und ich erzähle ihm etwas und erkenne an seinen Reaktionen, ob er mich versteht oder nicht."
Interviews kann er schon lange keine mehr geben, aber es kommen immer wieder Anfragen, "da stelle ich ihm dann die Frage des Journalisten. Manchmal antwortet er, manchmal nicht."
Ich versuche es: Was sagt Alois Mock, der als Außenminister maßgeblichen Anteil daran hatte, dass Österreich Mitglied der EU wurde, zur sinkenden Akzeptanz der Europäischen Union in der Bevölkerung?
Theater und Konzert
Noch vor einem Jahr haben Edith und Alois Mock Theateraufführungen – wenn auch nur bis zur Pause – besucht, "das hält er nicht mehr durch, aber hin und wieder gehen wir in ein Konzert". Jetzt hofft Frau Mock, dass er die drei Feierstunden schaffen wird, die ihm zu Ehren in den nächsten beiden Wochen aus Anlass seines 80. Geburtstags veranstaltet werden.
Therapie in Innsbruck
Zwei Mal im Jahr fährt das Ehepaar im Auto zu Alois Mocks behandelndem Arzt, Professor Werner Poewe, dem Chef der Neurologischen Universitätsklinik in Innsbruck, zu Untersuchungen und zur Therapie.
"Gott sei Dank lebt mein Mann schmerzfrei", sagt Edith Mock. "Die Gefahr in solchen Fällen ist der Ausbruch einer Lungenentzündung. Zwei Mal ist es schon passiert. Zunächst vor vier Jahren, da hat der Arzt gesagt, er hätte keine Chance zu überleben, aber es ist noch einmal gut gegangen. Und im vorigen November hat ein Ersatzpfleger gegen meine ausdrückliche Anweisung das Fenster in dem Zimmer geöffnet, in dem sich mein Mann aufhielt. Aber auch das hat er überstanden."
Abschlussfrage an Edith Mock, die seit 51 Jahren mit dem früheren Spitzenpolitiker verheiratet und seit 18 Jahren als Gymnasial-Direktorin in Pension ist: Wie geht es ihr selbst dabei, praktisch 24 Stunden an der Seite ihres kranken Mannes zu verbringen?
"Immer alles geteilt"
Frau Dr. Mock antwortet mit derselben Ruhe und Gelassenheit, die sie von Anfang an ausstrahlt: "Wir haben keine Kinder, wir waren immer aufeinander eingestellt. Er ist es gewöhnt, dass ich für ihn da bin, und was ich tue, ist ganz selbstverständlich für mich, ich sehe darin nichts Besonderes. Sicher muss man Abstriche machen, wir hatten uns vorgenommen, in der Pension gemeinsam Reisen zu unternehmen, das geht nicht mehr. Wir haben in unserem Leben immer alles geteilt, jetzt teilen wir auch das. Es kommt ja auch so viel zurück. Wenn er aufwacht und mich mit einem Lächeln anschaut, dann belohnt mich das für vieles. Er war immer liebevoll zu mir, hat mir zwei Mal in der Woche Blumen mitgebracht, jetzt bin halt ich liebevoll zu ihm, das ist doch ganz normal. Wir waren immer ein Team, und wir sind eines geblieben."
Alois Mock Geboren am 10. Juni 1934 in Euratsfeld/Niederösterreich als Sohn eines Molkereibesitzers, der zwei Wochen vor der Geburt seines Sohnes während einer Motorradfahrt an Herzversagen stirbt. Der Bruder des Vaters wird zum Stiefvater.
Unterrichtsminister Als Jusstudent tritt Alois Mock dem CV (Cartellverband) bei. Ab 1958 ist er Beamter im Unterrichtsministerium und im Bundeskanzleramt, ab 1966 Sekretär und Kabinettschef von Bundeskanzler Josef Klaus. 1969/70 Österreichs jüngster Unterrichtsminister. 1970/71 ist Mock Bürgermeister von Euratsfeld, 1970–1987 Abgeordneter zum Nationalrat. Weitere Stationen: ÖAAB-Bundesobmann und ÖVP-Klubobmann im Nationalrat.
ÖVP-Chef Von 1979 bis 1989 ist Alois Mock Bundesparteiobmann der ÖVP, 1983 gelingt es, die absolute Mehrheit der Kreisky-SPÖ zu brechen. 1987–1989 Vizekanzler und bis 1995 Außenminister, als der er die österreichische Delegation bei den EU-Beitrittsverhandlungen leitet. Seit 1995 ist Mock Ehrenpartei- obmann der ÖVP, bis 1999 Abgeordneter zum Nationalrat.
Privates Seit 1963 ist Alois Mock mit der Gymnasiallehrerin Edith Partik verheiratet; 1995 wird bei ihm die Parkinsonkrankheit diagnostiziert.
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