Edtstadler erhöht Druck für Justiz-Reform: "Keine Zeit mehr verstreichen lassen"

Eine Frau spricht vor einer österreichischen und einer EU-Flagge.
VfGH prüft Grasser-Antrag zur Kontrolle der Verjährungsfrist. Edtstadler lässt Frist verstreichen und kritisiert das grüne Justizministerium scharf.

Der Verfassungsgerichtshof wartet vergeblich auf eine Stellungnahme der Regierung zur Buwog-Causa. ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat die Frist am Dienstag verstreichen lassen.

Es sei nicht zielführend, die derzeitige Regelung zur Verfahrensdauer bzw. zur Verjährungsfrist zu verteidigen, es brauche eine Reform, bekräftigte sie gegenüber dem KURIER - und verschärft nochmals ihren Ton in Richtung des grünen Justizministeriums.

Wie berichtet, haben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere (nicht rechtskräftig) Verurteilte beim VfGH einen Antrag zur Normenkontrolle eingebracht. Sie wollen erreichen, dass ihre Delikte als verjährt betrachtet und damit die Urteile aufgehoben werden.

Konkret fechten sie den Paragrafen an, der vorsieht, dass die Ermittlungsdauer die Verjährungsfrist hemmt. Behörden könnten beliebig lange ermitteln, lautet ihr Einwand. In der Buwog-Causa starteten die Ermittlungen 2009, die Anklage kam 2016 und die Urteile, die 2020 fielen, sind frühestens 2024 rechtskräftig.

Keine Stellungnahme an VfGH

Fachexperten im Verfassungsdienst und im Justizministerium hatten vergangene Woche eine 14-seitige Entgegnung zum Grasser-Antrag ausgearbeitet, diese hätte dann nur noch im Ministerrat abgesegnet werden müssen. Dass es nun keine Stellungnahme gibt, ist kein Schaden – der VfGH prüft selbstständig, ist auf die Ausführungen der Regierung und ihrer Experten nicht angewiesen. Ein politisches Signal ist es allemal. Und genau darauf legt es die ÖVP an.

Die Regierung habe sich Anfang 2021 darauf verständigt, Beschuldigtenrechte zu stärken, „bis heute wurden aber vom zuständigen Justizministerium keine konkreten Vorschläge vorgelegt, wie eine derartige Reform umgesetzt werden kann“, kritisiert ÖVP-Ministerin Edtstadler ihre grüne Kollegin Alma Zadić und wiederholt ihre Forderungen:

Verkürzung von Strafverfahren, Stärkung der Beschuldigtenrechte und fairer Kostenersatz bei Freispruch oder Einstellung. Dies sei ganz im Sinne des Rechts auf ein faires Verfahren laut Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, zu der auch eine angemessene Verfahrensdauer gehört. So argumentieren übrigens auch die Anwälte von Grasser und Co. in ihrem Antrag.

Edtstadler: „Die Reform des Strafverfahrens in Österreich ist längst überfällig, es braucht endlich konkret Vorschläge. Es muss im Interesse der Justiz sein, jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen für ein faires Verfahren zu schaffen und keine weitere Zeit mehr verstreichen zu lassen.“

ÖVP-Finanzministerium gefragt

Im Justizministerium verheißt es auf KURIER-Anfrage: „Die Beschuldigtenrechte werden derzeit gemeinsam mit der neu zu schaffenden Generalstaatsanwaltschaft als Paket verhandelt. Diesen Verhandlungen können wir nicht vorgreifen.“

Was den Kostenersatz betrifft, spielt das grüne Ministerium den Ball an ein ÖVP-geführtes Ministerium weiter: „Es wird vor allem auch der Finanzminister gefragt sein. Je nach Modell bewegt sich für den Ersatz der Verteidigerkosten die benötigte Summe bis zu einem dreistelligen Millionenbereich.“

Höchstgericht prüft Grasser-Antrag

Der VfGH hat den Grasser-Antrag und acht weitere Anträge zum Buwog-Prozess für das erste Halbjahr 2023 auf seine Agenda gesetzt. Kippt das Höchstgericht die derzeitige Regelung zur Fristhemmung, dann müsste die Regierung eine neue schaffen.

Ansonsten würden etliche Delikte verjähren – und können nicht mehr verfolgt werden. Davor warnten jüngst Vertreter der Staatsanwaltschaften und Justizministerin Zadić persönlich.

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