Regierung möchte mehr AHS-Maturanten für Lehre begeistern

Regierung möchte mehr AHS-Maturanten für Lehre begeistern
Ein Mangel an Lehrstellen wurde befürchtet - und hat sich nicht bewahrheitet. Nun möchte die Regierung für die Zukunft vorbauen.

Wie hat sich der Lehrlingsmarkt durch Corona entwickelt? Und wie kann man auf den Fachkräftemangel reagieren? Die Regierung präsentierte am Freitag einen Plan via Pressekonferenz.

Experten befürchteten am Anfang der Corona-Krise, dass sich die Situation am Lehrstellenmarkt erheblich verschlechtert. "Ein Mangel von 10.000 Lehrstellen ist im Raum gestanden. Heute wissen wir: Der Lehrlingsbonus war eine Maßnahme, die doppelt geholfen hat", sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

Lehrlingsbonus: 50 Millionen Euro ausbezahlt

Befürchtungen, dass 20 bis 30 Prozent weniger Lehrstellen angeboten werden, hätten sich nicht bewahrheitet. Im April 2020 seien noch 80 Prozent weniger Lehrverhältnisse begonnen worden, als im Vorjahr. Nach der Einführung des Lehrlingsbonus sei die Zahl der Anfänger im Juni 2020 sogar gestiegen, so Schramböck. "In Summe gab es in den Monaten Juni bis September 2020 einen Rückgang der Lehrverhältnisse um nur zwei Prozent." 

Ein Fördervolumen von rund 49,5 Millionen Euro sei an Unternehmen im Rahmen des Lehrlingsbonus ausbezahlt worden, 12.915 Anträge habe es gegeben.

In Zukunft wolle man nun auf duale Ausbildung über "Duale Akademien", eine Modernisierung der Lehrberufe und Einführung neuer Lehrberufe sowie auf Maßnahmen zur betrieblichen Lehrstellenförderung setzen, so Schramböck. Über "Duale Akademien" sollen AHS-Maturanten, die nicht direkt ein Studium anstreben oder Studenten ohne Abschluss in den Lehrberuf locken. Vorbild sei hier Oberösterreich. Man wolle diese Ausbildung "nun sukzessive auf ganz Österreich ausweiten", betonte Schramböck.

In Deutschland werde dieses Angebot viel besser angenommen, weil "diese Wege" dort aus historischer Sicht früher gefördert worden seien. In Österreich würden Maturanten oft gar nicht wissen, welche Möglichkeiten es gebe. "Junge Frauen haben die große Chance, in digitale Berufe einzusteigen", sagte Schramböck - und nannte Duale Akademien als neue, österreichweite Option.

Kocher: Angebot "deutlich verbessert"

Derzeit stehen österreichweit rund 6.400 sofort verfügbare Lehrstellen zur Verfügung. "Das tatsächliche Lehrstellenpotential ist jedoch größer, da es Lehrstellen gibt, die nicht in der AMS-Datenbank aufscheinen. Allein in Wien und Umgebung stehen knapp 2.400 Lehrstellen zur Verfügung", sagte Arbeitsminister Martin Kocher.

Es gebe in gewissen Bereichen sogar zu viele Lehrstellen. Das Angebot habe sich im Vergleich zum Vorjahr "deutlich verbessert", so Kocher.

Als Vorbild nannte er die Online-Plattform "allejobs", die man gemeinsam mit dem AMS ins Leben gerufen habe: "Mit der Online-Plattform ,allejobs‘ haben Lehrstellensuchende erstmals die Möglichkeit, alle online verfügbaren Lehrstellen gesammelt auf einer Plattform abzurufen", so Kocher.

Er nannte einige Eckdaten:

  • Aktuell stehen rund 6.400 sofort verfügbare freie Lehrstellen landesweit zur Verfügung. Zum Vergleich: 2020 gab es 4.600 freie Lehrstellen, 2019 waren es 5.800.
     
  • Das entspricht einer Steigerung des Lehrstellenangebots um 40 Prozent im Vergleich zu 2020 und um 10 Prozent im Vergleich zu 2019.
     
  • In allen Bundesländern – bis auf Wien – gibt es einen Lehrstellenüberschuss. Derzeit gibt es rund 5.400 Lehrstellensuchende österreichweit.

Das Angebot sei recht breit, viele Unternehmen würden aber über zu wenige Lehrstellensuchende klagen, so Kocher. Es gebe ein "Mismatch" zwischen Angebot und Nachfrage. Man müsse zudem insgesamt das Image der Lehre verbessern. Arbeitsrechtlich seien für Lehrlinge keine größeren Änderungen geplant, so der Arbeitsminister.

"Frauen für technische Ausbildung begeistern"

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, betonte: Die Lehre müsse attraktiver gemacht werden. "Vor allem muss es uns gelingen, mehr Mädchen und junge Frauen für eine technische Ausbildung zu begeistern", sagte Knill.

Werner Steinecker, Präsident von "zukunft.lehre.österreich", meinte, dass die Berufsorientierung schon vor der Corona-Krise schwierig gewesen sei – und unter dieser gelitten habe. Diese bekomme nach wie vor nicht die notwendige Wertschätzung, so Steinecker, der das Bildungsministerium in die Pflicht nahm, das kommende Schuljahr verstärkt für Berufsorientierung zu nutzen.

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