Außerdem führt er ins Feld, er habe sieben Jahre "unter Duldung der SPÖ-Wien" die Gratis-Tageszeitung Heute als Chefredakteur geleitet. Und selbst der Umstand, dass die Ex-Pressesprecherin von FPÖ-Chef Norbert Hofer und ein früherer Mitarbeiter des rechts-rechten Wochenblicks an Bord sind, lässt für Schmitt keinen Hinweis auf eine politische Ausrichtung zu. "Nur weil jemand bei der FPÖ tätig war, darf es kein Berufsverbot geben."
Der Exxpress steht stellvertretend für eine Reihe mehr oder weniger neuer, vorzugsweise aber digitaler Nachrichten-Portale, die die innenpolitische Berichterstattung zu prägen versuchen.
Dazu gehört auch das von Ex-Parlamentarier Peter Pilz gegründete zackzack.at. Das Startkapital von 1,2 Millionen Euro stammte von der Liste Pilz. Steuergeld, das die Partei für die politische Akademie erhalten hat. "Derzeit bauen wir einen Klub mit Mitgliedern auf, die uns unterstützen. Durchschnittlich 16 Euro pro Monat und Person wird überwiesen", sagt Pilz. 1000 Mitglieder gibt es bis jetzt. Ein Blick auf das Online-Medium lässt die Interpretation zu, dass es vor allem eine politische Ausrichtung gibt: Sebastian Kurz politisch zu demontieren. "Stimmt nicht", sagt Pilz. "Mir ist wurscht, welche Farbe der Skandal hat, wenn die Fakten stimmen, wird er veröffentlicht." Er wisse, dass auch Teile der SPÖ keine "Unschuldslämmer" sind. Parteiisch sei man nur, wenn es um die Pressefreiheit gehe. "Und Kurz stellt für mich eine Gefahr für die Pressefreiheit dar."
Vergleichsweise jung ist demgegenüber die Homepage zur-sache.at, die redaktionell vom bürgerlich-konservativen Journalisten Claus Reitan (ehemals Tiroler Tageszeitung, Österreich, Furche) geführt wird. Die Seite ist ÖVP-intern als Gegengewicht zu kontrast.at konzipiert.
Wer wissen will, warum sich kontrast.at an der "lügenden ÖVP" abarbeitet oder warum zur-sache.at die "wirkungslose Aktion 20.000" des früheren SPÖ-Kanzlers Christian Kern kritisiert, der muss nicht lange recherchieren. Ein Blick ins jeweilige Impressum genügt, und man weiß: Hier versucht der Parlamentsklub einer Partei mit so etwas wie einer neuen Parteizeitung die Deutungshoheit über den politischen Diskurs zu gewinnen.
Formal nicht ganz so einfach ist demgegenüber die Zuordnung von Portalen wie unzensuriert.at oder der eu-infothek. Initiiert vom damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, wird etwa unzensuriert.at offiziell von einer GmbH betrieben, deren Geschäftsführer für Graf gearbeitet hat.
Die Seite hat deutliche personelle Verschränkungen mit der FPÖ. So schreibt etwa die freiheitliche Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst eine regelmäßige Kolumne.
Im Unterschied zu klassischen Medien oder online-Portalen wie dem Exxpress stellt unzensuriert.at erst gar nicht den Anspruch, objektiv oder journalistisch zu arbeiten. Die Betreiber bezeichnen die Seite als "polemisch" und "parteiisch", und das ist vermutlich noch untertrieben. Denn abgesehen von zahlreichen Entschädigungszahlungen wegen übler Nachrede war der Verfassungsschutz schon vor Jahren der Ansicht, das Medium weise "zum Teil äußerst fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen" auf und neige bisweilen zu Verschwörungstheorien.
Für die Konsumenten, sprich Leser und Wähler, sind die neuen Plattformen eine Herausforderung. "Dass Parteien oder politische Lager eigene Medien betreiben, hat es immer gegeben", sagt Kommunikationsforscher Jakob-Moritz Eberl. "Neu ist aber die ,revolution of creation’."
Damit meint er, dass vermeintlich journalistische Produkte heute viel leichter herzustellen sind als davor.
"Es ist innerhalb kürzester Zeit und ohne IT-Kenntnisse möglich, eine Homepage zu gestalten, die optisch aussieht, als käme sie von einem seriös arbeitenden Medienhaus."
Für den Experten gibt es zwischen den erwähnten Seiten große Unterschiede: "Meines Wissens verbreiten vor allem infodirekt und unzensuriert Desinformation. Die anderen Websites sind politisch gefärbt – das gilt es zu unterscheiden."
Wer verdeckter Propaganda nicht auf den Leim gehen will, dem rät Eberl zu einem Blick ins Impressum. "Meist lässt sich mit einer kurzen Google-Suche klären, wer mit welcher Absicht hinter einer Seite steht." Eines sollte man ohnehin nie tun: "Politische Meldungen einfach gedankenlos teilen."
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