Die Odyssee der Aquarius - Italien will Exempel statuieren
Die Odyssee der Aquarius geht weiter. Bei zunehmend schlechter werdendem Wetter muss das NGO-Rettungsschiff bereits den dritten Tag an der Küste vor Malta und Sizilien ausharren. Die viertägige Überfahrt nach Spanien sei nicht zu schaffen, die Lebensmittel gingen aus, einige Personen benötigten dringend medizinische Hilfe, appellierten die Helfer um Unterstützung.
Dienstagfrüh kam endlich die Entscheidung der italienischen Regierung: Ein Teil der Flüchtlinge wird auf Schiffe der italienischen Küstenwache und der italienischen Marine gebracht. Insgesamt befinden sich auf dem SOS Méditerranée-Schiff Aquarius 629 Asylsuchende, darunter 123 unbegleitete Minderjährige, elf Kinder und sechs schwangere Frauen. Wann genau die Schiffe Richtung Valencia aufbrechen, war offen.
Nach Spanien hatte sich schließlich auch Korsika bereit erklärt, die Leute aufzunehmen. „Wir haben mehrere Menschen in kritischem Zustand behandeln müssen, darunter einige, die fast ertrunken wären, sowie Personen mit Verätzungen. Wir mussten einige Menschen wiederbeleben“, berichten Helfer. Einige der ernsten Fälle müssten sofort in einen sicheren Hafen gebracht werden, forderte der Projektleiter von „Ärzte ohne Grenzen“. Ein maltesisches und ein italienisches Schiff lieferten Nachschub an Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Treibstoff.
Kampf den NGOs
Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega wollte mit dem Anlegeverbot für das NGO-Schiff ein Exempel statuieren. Er sagt damit – wie im Wahlkampf angekündigt – Flüchtlingen und Hilfsorganisationen den Kampf an, damit „Italien nicht zu einem Flüchtlingslager unter freiem Himmel“ werde. Auch in Zukunft, so Salvini, dürfe kein NGO-Rettungsschiff mehr in einen italienischen Hafen einlaufen.
Für Marine- und Küstenwache-Schiffe, die ebenfalls im Mittelmeer im Rettungseinsatz sind, stehen die Häfen weiter offen. 800 Flüchtlinge befinden sich zurzeit auf einem Marineschiff und werden in Sizilien erwartet.
Bereits nächste Woche will Lega-Chef Salvini nach Libyen reisen, um den Deal seines Amtsvorgängers Minniti zu erneuern. Nachdem die Fluchtwilligen von der libyschen Küstenwache brutal zurückgedrängt wurden, gingen die Ankünfte in Italien im Sommer 2017 drastisch zurück.
Die Regierung aus der ausländerfeindlichen Lega und den populistischen Fünf Sternen versucht zudem weitere Abkommen mit Herkunftsländern der Geflüchteten abzuschließen.
Vor dem Verkehrsministerium in Rom wurde für das Offenhalten der italienischen Häfen demonstriert: „Wir müssen Menschlichkeit beweisen und die Grenzen offenhalten.“ Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris kritisiert Salvinis Vorstoß scharf. Das sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für das er zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Als „richtigen, politischen Pragmatismus“ verteidigt hingegen Verkehrsminister Danilo Toninelli von den Fünf Sternen die Handlungsweise. Das Geschäft mit der Migration sei von nun an kein lohnendes Business mehr. I. Mayer-Kilani, Rom
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