Mehr als 60 Jahre ist es her, dass zuletzt Mandatare der Kommunisten im Nationalrat saßen. Nach Jahrzehnten der völligen Bedeutungslosigkeit will man jetzt – beflügelt durch die jüngsten Erfolge in Graz und Salzburg – den Wiedereinzug schaffen.
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Wie, das will die KPÖ am Samstag bei einem Pressegespräch in ihrer Hochburg Graz verkünden. Anwesend sind neben Bürgermeisterin Elke Kahr und dem Salzburger Klubchef Kay-Michael Dankl auch der einer breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Bundesvorsitzende Günther Hopfgartner.
Womit auch schon eines der Kernprobleme der Kommunisten sichtbar wird: Während auf regionaler Ebene Personal und Programme vorhanden sind, die beachtliche Wahlerfolge zulassen, fehlt im Bund derzeit noch beides.
„Dabei hätte die KPÖ in der Theorie das erste Mal seit vielen Jahren realistische Chancen, in den Nationalrat einzuziehen“, sagt Politologie Peter Filzmaier zum KURIER. Das liege an der derzeitigen Konjunktur sozialpolitischer Themen wie Teuerung und Wohnen, welche zuletzt der KPÖ in Salzburg fast aus dem Stand mehr als elf Prozent der Stimmen bescherte. In Graz waren es 2021 sogar 29 Prozent und Platz eins. Zum Vergleich: Bei der Nationalratswahl 2019 kam die KPÖ auf 0,69 Prozent.
Erfolgsrezept
Die Voraussetzungen für die regionalen Höhenflüge waren laut Filzmaier die Konzentration auf ein Thema mit allen seinen Aspekten (in Salzburg war es Wohnen), das von den anderen Parteien vernachlässigt wurde, gepaart mit einem zugkräftigen Spitzenkandidaten, der dieses Thema im direkten Wählerkontakt an den Mann bringen konnte.
Vor allem Letzteres sei in kleinen, überschaubaren Städten, deren Bevölkerung zudem ohnehin eher links orientiert ist, wesentlich einfacher als auf Bundesebene, analysiert der Experte.
Hinzu komme die bei Nationalratswahlen traditionell relativ hohe Wahlbeteiligung, die der KPÖ tendenziell schaden würde. Und eine SPÖ, die unter dem neuen Parteivorsitzenden Andreas Babler deutlich nach links gerückt ist. „Wäre Hans Peter Doskozil SPÖ-Parteichef geworden, wären die Chancen für die KPÖ deutlich größer“, sagt Filzmaier.
Wenig helfen dürfte der KPÖ auch ihre vergleichsweise distanzierte Haltung gegenüber Israel im Zusammenhang mit den jüngsten Hamas-Terrorattacken. So hatte sich Bürgermeisterin Kahr dagegen ausgesprochen, eine Israel-Flagge auf dem Grazer Rathaus zu hissen.
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„Wenn der wenige Raum, der kleinen Parteien medial eingeräumt wird, großteils mit Rechtfertigungsnotwendigkeiten für derartige Verhaltensweisen ausgefüllt wird, kann das zum Problem werden“, sagt der Experte.
Grundmandate
Angesichts der begrenzten Möglichkeiten und Ressourcen könnte die KPÖ versuchen, sich im Wahlkampf auf ihre Hochburgen zu konzentrieren, sagt Filzmaier. So könnte es vielleicht gelingen, mittels Grundmandaten in Graz oder Graz-Umgebung doch in den Nationalrat einzuziehen.
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