"Generelle Protesthaltung": Warum die KPÖ derzeit so erfolgreich ist

Thomas Hofer
Die große Überraschung der Landtagswahl in Salzburg ist die KPÖ Plus. Die Partei zieht erstmals seit 1949 wieder in den Landtag ein. Wie ist der Erfolg der KPÖ zu erklären?

Der Einzug der KPÖ plus unter Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl gilt als die Sensation der Landtagswahl in Salzburg. Nach der steirischen Landeshauptstadt Graz, die von einer KPÖ-Bürgermeisterin (Elke Kahr) regiert wird, sitzt die KPÖ von nun an auch im ehrwürdigen Chiemseehof, dem Salzburger Landtag. Den größten Zulauf erhielt die KPÖ in der Stadt Salzburg, wo sie mit rund 22 Prozent den zweiten Platz eroberte.

Wie lässt sich der Erfolgskurs der kommunistischen Partei erklären? Politikberater Thomas Hofer im KURIER-Gespräch.

Mehr dazu lesen Sie hier: Alles über den KPÖ-Spitzenkandidaten Kay-Michael Dankl

KURIER: Die KPÖ schaffte mit einem Sensations-Ergebnis von 11,7 Prozent überraschend klar den Einzug in den Salzburger Landtag. Wie haben sie das geschafft?

Thomas Hofer: Einmal ist klar, dass thematisch angerichtet ist für Protestparteien, für jene links und rechts, die da populistisch reingehen und die Schwäche der etablierten Parteien - vor allem von ÖVP und SPÖ - nutzen können. Genau das hat die KPÖ gemacht. Das allein reicht aber nicht, man braucht auch einen Spitzenkandidaten, der diese Kritik authentisch auf den Boden bringt, der eine gewisse Glaubwürdigkeit aufweist. Das hat Kay-Michael Dankl sehr gut umsetzen können. Die KPÖ ist aber nicht die einzige Kraft links, die aktuell für Furore sorgen kann. Man denke an das Abschneiden des Dominik Wlazny bei der Bundespräsidentschafts-Wahl, auch das hat gezeigt, dass es da Potenzial gibt. Das kann man aus der Steiermark und aus Salzburg mitnehmen: Wenn sich ein Kandidat, eine Kandidatin mit der entsprechenden Glaubwürdigkeit und Kommunikationsfähigkeit findet, der oder die das auch linkspopulistisch gut zuspitzen kann, dann kann man es durchaus in den Nationalrat schaffen.

Der Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl geht als Überraschungs-Gewinner hervor. Hätte die KPÖ auch mit einem anderen Spitzenkandidaten derart erfolgreich sein können?
Was die KPÖ in den meisten Wahlen auszeichnet, ist, dass sie unter dem medialen Radar und auch unter dem Radar vieler Bevölkerungsgruppen in der Wahlkabine stattfindet. Insofern ist eben der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin nicht egal. Das war bei Herrn Kaltenegger früher in der Steiermark so, ist jetzt bei Frau Kahr so und das ist auch bei Herrn Dankl so. In vielen anderen Landtagswahlen war die KPÖ, wie zumeist in der Zweiten Republik, bloß eine Fußnote. Jetzt hat man es in Salzburg geschafft, dass man dieses Erfolgsrezept aus der Steiermark kopiert hat. Man ist sehr stark auf das Thema Wohnen gegangen, und das ist natürlich gerade in Salzburg und Salzburg-Stadt ein brennendes Thema für sehr viele Menschen.

In der Stadt Salzburg geht Kay-Michael Dankl als Nummer zwei hervor. Aber auch im Lungau, also auf dem Land, hat die KPÖ überraschend viele Stimmen bekommen. Wie ist das zu erklären? Ist es dort auch das Wohn-Thema oder ist das eine generelle Protest-Haltung?

Ich glaube schon, dass eine generelle Protesthaltung dahinter liegt. Es gibt zwar ein deutliches Stadt-Land-Gefälle, aber es ist richtig, dass man auch im ländlichen Bereich ein sensationelles Abschneiden der KPÖ in Salzburg gesehen hat. Ich glaube auch, dass die Freiheitlichen, deren Ergebnis ein sehr gutes war, gestern in Salzburg noch besser hätten sein können, hätte es dieses zweite Populismus-Ventil mit der KPÖ nicht gegeben.

Das Thema, mit dem die KPÖ in Salzburg punkten konnte, war das Thema leistbares Wohnen. Auch in Graz war man damit erfolgreich. Müsste damit nicht eigentlich die SPÖ punkten?

Ja, natürlich ist das ein sozialdemokratisches Thema. Man hat das ja auch symbolisch immer wieder in der Geschichte aufgeladen, Stichwort Gemeindebauten etc. Das ist natürlich ein Problem der SPÖ aktuell, weil man eben eher mit internem Streit beschäftigt ist. Und man darf nicht vergessen, die SPÖ war lange im Kanzleramt eine dominante Partei, natürlich hat man da als etablierte, sogenannte staatstragende Kraft auch ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Zu den Wahlverlieren: Die Neos fliegen in Salzburg aus dem Landtag. Landesrätin Klambauer war für das Thema Wohnen zuständig. Sie war auch sehr stolz auf ihr Mietensenkungs-Programm. Offenbar ist sie damit nicht wirklich durchgedrungen, oder?

Sie ist nicht nur nicht damit durchgedrungen, sondern die Neos haben jetzt einen ganz herben Rückschlag einstecken müssen. Was noch dazukommt: das letzte Mal war natürlich Sepp Schellhorn ein Zugpferd. Jetzt gab es die Diskussion: Na, findet der nicht eigentlich den Herrn Haslauer sympathischer? Da müssen die Neos sich auch im Bund überlegen, wie sie ihre Botschaften ausrichten.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass Haslauer mit der FPÖ eine Koalition bildet? Mehr als 50 Prozent oder weniger?

Was seine persönliche Positionierung und seine Präferenzen angeht, sicherlich weniger als 50 Prozent. Allerdings haben wir in Niederösterreich schon gesehen, wie es auch anders gehen kann. Das war sicherlich auch nicht die erste Präferenz der Landeshauptfrau dort mit der FPÖ, die sie davor noch massiv attackiert hat, zu koalieren. Jetzt muss man erst einmal die Gespräche abwarten. Die FPÖ kann sich jedenfalls zurücklehnen, auch in Salzburg, denn beide Optionen können ihr durchaus recht sein. Wenn sie in eine Koalition gehen sollte, dann ist das der nächste Sieg nach Niederösterreich. Und wenn man in Opposition bleibt, dann kann man natürlich eine als Koalition der Verlierer gebrandmarkte Zusammenarbeit aus SPÖ und ÖVP bzw. vielleicht auch den Grünen vor sich hertreiben.

Wäre die SPÖ ein " billigerer" Partner, oder glauben Sie, dass Haslauer ohnedies wieder auf eine Dreierkoalition zusteuert, nämlich mit der SPÖ und den Grünen?

Zu Dritt hätten sie eine größere Mehrheit im Landtag. Mit der SPÖ alleine gäbe es nur einen Überhang von einem Mandat. Das ist nicht gerade komfortabel. Ob es zu Schwarz-Rot kommt, hängt natürlich auch von der SPÖ ab. Der Salzburger SPÖ-Chef David Egger legt es offenbar konsensualer an als die SPÖ-Niederösterreich.

 

Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat im Morgenjournal von einer „diffusen Proteststimmung“ unter den Wählerinnen und Wählern gesprochen. Kann er es sich so einfach machen und ist nicht letztlich auch die Bundes-ÖVP schuld an dem Ergebnis?

Es ist klar, dass alle Regierenden, das ist auch dem Herrn Kaiser in Kärnten nicht anders gegangen, abgestraft werden. Das ist eine schwierige Zeit, sehr krisenbehaftet. Und natürlich wird da auch der Bundesregierung nicht die nötige Lösungskompetenz zugeschrieben. Während Haslauer 2018 Rückenwind hatte, damals von Sebastian Kurz bei der letzten Wahl, war es jetzt Gegenwind. Aber diffus ist diese Proteststimmung eigentlich nicht. Die ist schon sehr konkret und das ist auch nicht überraschend.

Wie schätzen sie das schlechte Ergebnis der SPÖ Salzburg ein, kann man das als Absage an den Doskozil-Kurs werten?  

Es ist klar, dass jetzt alle drei Lager, also das Doskozil-, das Babler- und das Rendi-Wagner-Lager, versuchen, diese Geschichte für sich zu spinnen, den jeweiligen Dreh raus zu kriegen. Die Bundespartei versucht das dem Doskozil umzuhängen. Das Babler Lager kann mit Verweis auf das KPÖ-Phänomen sagen: Wer spricht am ehesten die linken Themen an? Das ist ja wohl der Herr Babler.

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