Nach Meinung der Neos soll sich das ändern: „Raumordnung und Flächennutzung können nicht länger ausschließlich in den Gemeinden und auf Länderebene entschieden werden. Es braucht mehr Transparenz, Kontrolle und einen bundesweiten Rahmen“, meint Umweltsprecher Michael Bernhard. Beate Meinl-Reisinger, Parteichefin der Pinken, hat diese Argumentation bereits vor zwei Jahren im ORF-Sommergespräch vorgebracht.
Damals einer ihrer lautesten Kritiker: Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP), der gleichzeitig Bürgermeister von Grafenwörth ist. Riedl wird nun wiederum vorgeworfen, von einem Großbauprojekt in Grafenwörth profitiert zu haben. Auch deshalb stellen die Neos nun wiederholt infrage, dass Bürgermeister als oberste Bauherren geeignet seien.
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Industriellenvereinigung für Änderung
Die Industriellenvereinigung (IV) sieht das ähnlich. Durch den „teils rasanten Landverbrauch“ werde Raum „immer knapper“, heißt es aus der IV auf KURIER-Anfrage. Den Raum bräuchte man aber vor allem für industrielle Bauprojekte: Straßen, Bahntrassen, Industrieanlagen.
Deshalb sei „eine bessere Steuerung der Siedlungsentwicklung und eine rationellere Bodennutzung notwendig“, heißt es. Die IV kritisiert, dass in Österreichs neun gesetzliche Grundlagen zur Raumordnung bestehen: „Es ist daher eine arbeits- und zeitintensive Aufgabe für Planungs- und Projektträger, sich in das jeweilige Planungssystem des Bundeslandes einzuarbeiten und Kenntnisse über die Regelungsmechanismen zu erlangen.“ Deshalb sei eine bessere Koordination und Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nötig. Fazit: Die IV fordert mehr Kompetenzen für den Bund – etwa durch eine „verbindliche Bundesraumordnungskompetenz für übergeordnete notwendige Infrastrukturvorhaben“.
Keine Mehrheit
Im Nationalrat gibt es keine Mehrheit für eine Entmachtung der Bürgermeister. Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer hält eine „verpflichtende Begrenzung des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag“ für zielführender – und will das im Herbst beschließen. ÖVP, FPÖ und auch SPÖ halten dezidiert nichts davon, den Gemeinden die Raumplanung zu entziehen. Es sei nicht sinnvoll, dass eine zentralistische Behörde in Wien über ein Bauprojekt in einem anderen Bundesland entscheide, heißt es aus der FPÖ zum KURIER.
Auch die SPÖ sieht „keinen Grund“ die aktuelle Praxis zu ändern. So könnten Bürger ihre Bauvorhaben vor Ort am Gemeindeamt abwickeln. Das sei bürgerfreundlicher als „bei der Bezirkshauptmannschaft“.
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Baurechts-Wissenschaftler Arthur Kanonier von der TU Wien betont im Ö1-Morgenjournal, dass die Raumplanung grundsätzlich Gemeindekompetenz bleiben sollte. Aber: Es brauche gleichzeitig strengere Vorgaben, die Gemeinden hätten aktuell zu viel Spielraum. Vor allem kleinere Gemeinden seien zudem „gar nicht so glücklich“ über die vielen Anträge auf Umwidmungen.
Kanoniers Vorschlag: Es sollen mehr Fälle zur überörtlichen Raumplanung, also an die Bundesländer, übermittelt werden. Das soll Korruption einschränken, für mehr Transparenz sorgen und verhindern, dass beispielsweise in zwei Nachbargemeinden unnötigerweise zwei große Supermarkt-Filialen errichtet werden.
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