"Das war die Ouvertüre zu einer taktischen Orgie"
KURIER: Herr Klubobmann, glauben Sie, dass der Wahlkampf bisher für die Wähler produktiv war? Dass man sich ein Bild machen konnte? Matthias Strolz: Produktiv? Eher nicht. Das war die Ouvertüre zu einer taktischen Orgie. Kurz ist der Klassensprecher eines undifferenzierten Mainstreams. Er richtet sich danach, was 80 Prozent sagen. Und Kern ist ein Flippflopper, der bei vielen Dingen seine Position nicht gefunden hat. Zuerst war er der smarte Start-up-Kanzler, aber der Slogan Hol dir, was dir zusteht ist die Hymne der Kleinkriminellen und ein Refrain der Entsolidarisierung.
Was ist Ihre Erwartung, wie geht’s im Wahlkampf weiter?
Wenn die Regierungsparteien so weiter machen und im Wahlkampf munter ungedeckte Schecks ausstellen, dann wird das Erste, was die neue Regierung zu tun haben wird, sein, ein Sparpaket zu schnüren. Wir sind den Leuten die Pensionserhöhung nicht neidig, aber das ist eine Politik zu Lasten der unter 40-Jährigen. Diesen Generationen droht wirkliche Altersarmut, wenn wir bei den Pensionen so weiter machen.
Was für eine Koalitionsvariante erwarten Sie?
Entweder Schwarz-Blau oder Rot-Blau. Beides wäre schlecht für Österreich. Schwarz-Blau wäre eine national-populistische Regierung mit einem Hang zu autoritären Strukturen. Rot-Blau brächte einen völkisch-nationalen Sozialismus. Beides wären ganz alte Politik-Konzepte, die inhaltlich mit den Herausforderungen, vor denen Österreich steht, aber auch schon gar nichts zu tun haben.
Was halten Sie vom FPÖ-Wirtschaftskonzept?
Die FPÖ-Führungsriege hat keinen Bezug zu Wirtschaftspolitik. Sie haben sich jetzt von außen ein Wirtschaftskonzept machen lassen, aber das kommt nicht von innen heraus, das liegt nicht in deren DNA. Was die FPÖ wirklich will, erfährt man nie, weil sie spätestens beim zweiten Satz über Ausländer reden.
Ist es für Sie nicht entmutigend, zu wissen, dass Sie der nächsten Regierung nicht angehören werden?
Für eine parlamentarische Mehrheit von Schwarz-Grün-Neos fehlen laut den derzeitigen Umfragen nur vier bis fünf Prozent. Die können sich in den nächsten sechs Wochen noch verschieben. In den vergangenen vier Jahren haben wir aber bewiesen, dass wir auch aus der Opposition heraus verändern können. Wir haben beispielsweise verhindert, dass der Staat ohne richterlichen Beschluss in Privatkonten hineinschauen darf. Das war übrigens meine meistgesehene Parlamentsrede.
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