Van der Bellens Herausforderer: Ein Bierfan, zwei Blaue und ein Impfgegner
Bundespräsident Alexander Van der Bellen dürfte sich bei der Hofburg-Wahl am 9. Oktober vier Mitbewerbern gegenüber sehen.
13.07.22, 12:50
Am 9. Oktober findet die 14. Bundespräsidentenwahl der Zweiten Republik statt. Amtsinhaber Alexander Van der Bellen hat angekündigt, wieder anzutreten. Am Dienstag wurde bekannt, dass die FPÖ Walter Rosenkranz ins Rennen schickt. Damit ist sie die einzige der im Parlament vertretenen Parteien, die einen Kandidaten nominiert. Vorbehaltlich des Erreichens der notwendigen 6.000 Unterstützungserklärungen dürften auch der ehemalige FPÖ- bzw. BZÖ-Politiker Gerald Grosz, der Chef der Impfgegner-Partei MFG Michael Brunner sowie der Chef der Bierpartei Dominik Wlazny alias Marco Pogo auf dem Wahlzettel stehen.
Erstmals seit 1980 stehen mutmaßlich nur Männer zur Wahl. Seit 1986 - damals kandidierte Freda Meissner-Blau - gab es immer eine Kandidatin, 1998 zwei (Gertraud Knoll und Heide Schmidt); davor allerdings kandidierte nur einmal eine Frau: 1951, bei der ersten Volkswahl, Ludovica Hainisch-Marchet - sie kam allerdings nur auf 0,05 Prozent.
Voraussetzung für eine Kandidatur ist - neben den Unterstützungserklärungen - die österreichische Staatsbürgerschaft sowie das Alter von 35 Jahren (Stichtag ist der Wahltag). Start für das Sammeln von Unterstützungserklärungen ist der 9. August; letzter Tag für deren Vorlage ist der 2. September.
Alexander Van der Bellen
Der amtierende Bundespräsident (* 1944) trat 2016 als unabhängiger, gleichwohl von seiner Partei, den Grünen, unterstützter Kandidat für die Hofburg an. In einem bisher beispiellosen, sich über mehr als ein halbes Jahr hinziehenden Wahlmarathon setzte sich Van der Bellen schließlich gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer durch, der im ersten Wahlgang noch deutlich vor Van der Bellen gelegen war.
Bekannt wurde Van der Bellen vor allem als längstdienender Bundessprecher der Grünen (1997-2008). Von 1976 bis in die 1990er Jahre lehrte der ursprünglich der SPÖ angehörende Van der Bellen als Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre in Innsbruck und Wien. Von 1999 bis 2008 war er Klubobmann seiner Partei im Nationalrat, in dem er seit 1994 saß. Von 2012 bis 2015 war er Mitglied des Wiener Gemeinderates (nachdem er zunächst das Mandat nicht annehmen wollte und im Nationalrat blieb).
Walter Rosenkranz
Seit 2019 ist der Jurist und FPÖ-Politiker (* 1962) Volksanwalt. Davor, seit 2008, war Rosenkranz Nationalratsabgeordneter; von 2017 bis 2019 - zu Zeiten der türkis-blauen Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache - fungierte er als Klubobmann der Freiheitlichen. Überdies war Rosenkranz von 2013 bis 2019 Landesparteiobmann niederösterreichischen FP.
Rosenkranz gilt als umgänglich und wortgewandt. Er ist vom Typus her innerhalb der FPÖ eher ein Vertreter der sogenannten "Honoratiorenpartei" - also von bürgerlich-seriöser Anmutung, im Unterschied zu jenen FPÖ-lern, die - wie Parteichef Herbert Kickl selbst - einen kämpferischen, bisweilen aggressiven Stil pflegen und von den politischen Gegnern als Rechtspopulisten bezeichnet werden. Seine Nominierung kam - auch deswegen - durchaus überraschend, zuletzt kursierten Namen wie jener der Parlamentarierinnen Susanne Fürst oder Petra Steger, auch eine Kandidatur von Kickl selbst wurde immer wieder von Beobachtern ins Spiel gebracht.
Gerald Grosz
Zuletzt war der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker (* 1977) vor allem auf Youtube-Videos, in denen er das aktuelle politische Geschehen polemisch kommentierte, sowie im Privatfernsehen präsent. Im Sender Oe24-TV lieferte er sich Duelle mit dem Politikberater Rudolf Fußi oder dem Tierschützer und Aktivisten Sebastian Bohrn Mena (ehemals Liste Pilz/Jetzt).
Nachdem das BZÖ den Wiedereinzug in den Nationalrat bei den Wahlen 2013 verpasst hatte, übernahm Grosz die Parteiführung von Josef Bucher - 2015 legte er die Funktion zurück. In seiner FPÖ-Zeit war Grosz u. a. Pressesprecher von Vizekanzler und Sozialminister Herbert Haupt sowie FP-Parteichef seiner Heimatgemeinde Deutschlandsberg (Stmk.). 2008 bis 2013 saß er für das BZÖ im Nationalrat; von 2005 bis 2015 war er steirischer BZÖ-Chef. 2008 kandidierte er für die Grazer Gemeinderatswahl, bei der das BZÖ zwei Mandate erreichte.
Dominik Wlazny alias Marco Pogo
Es sei Zeit, "Fahne zu bekennen": So kündigte der Chef der "Bierpartei" Marco Pogo (* 1986), mit bürgerlichem Namen Dominik Wlazny, seine Kandidatur für die Hofburg an. Die Bierpartei wurde 2015 gegründet, 2019 trat sie bei den Nationalratswahlen an, freilich ohne Chance auf Erfolg. Auch bei den Wiener Landtagswahlen 2020 schaffte die Spaß- und Satirepartei den Einzug nicht, allerdings errang sie bei den gleichzeitig stattfindenden Bezirksvertretungswahlen Mandate in insgesamt elf Bezirken.
Im Brotberuf ist Wlazny Arzt. Im August 2021 impfte er etwa vor seinem Konzert in der Wiener Arena Leute persönlich gegen Covid-19.
In ein traditionelles Links-Rechts-Schema will er sich nicht einordnen lassen. Vielmehr verortet er sich "in der Mitte. Das ist auch der Platz an der Bar, wo man am nächsten zum Zapfhahn ist."
Michael Brunner
Der Jurist (* 1960) ist Chef der erst 2021 gegründeten Impfgegner-Partei MFG (Menschen - Freiheit - Grundrechte). Brunner selbst ist Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt Wien, die MFG selbst startete in Oberösterreich (wo die Gegnerschaft zu Corona-Maßnahmen und die Impfskepsis stark verbreitet sind); bei den dortigen Landtagswahlen 2021 errang sie aus dem Stand drei Mandate. Mittlerweile sehen sie auch so gut wie alle bundesweiten Umfragen bei den für einen Einzug in den Nationalrat notwendigen vier Prozent oder mehr.
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