WHO-Pandemievertrag
Nach der letzten großen Pandemie mit dem Coronavirus II war die Not offenbar groß genug, dass sich die UN-Staaten im Rahmen der WHO erstmals einen echten Pandemievertrag verordnen. Dieser wurde am Dienstag in Genf von 195 Staaten angenommen. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sprach von einem „historischen Moment“ und einem „generationenübergreifenden Abkommen, um die Welt sicherer vor Pandemien zu machen“.
Erklärtes Ziel ist es, die Welt besser auf künftige Gesundheitskrisen vorzubereiten und Fehler aus der Corona-Pandemie – etwa Impfstoff-Hamsterkäufe oder chaotische Reaktionen – nicht zu wiederholen.
In Österreich stößt der Vertrag auf heftige Kritik, vor allem von der FPÖ, die eine massive Einschränkung der Souveränität Österreichs „durch die Schaffung eines zentralistischen Systems einer supranationalen Organisation“ befürchtet.
Was regelt der Vertrag tatsächlich – und was davon ist berechtigte Sorge, was Panikmache? Der Pandemievertrag verpflichtet die Staaten zur besseren Prävention, Überwachung und Reaktion auf künftige Pandemien. Er fordert unter anderem:
- den Ausbau von Gesundheitssystemen und Frühwarnsystemen (One-Health-Ansatz)
- eine faire Verteilung von Impfstoffen, Medikamenten und Schutzausrüstung
- die schnelle Weitergabe von genetischen Informationen über Krankheitserreger an die WHO
- ein System zur Vorteilsteilung (PABS): Pharmafirmen sollen 20 Prozent ihrer Produktion im Pandemiefall spenden (10 Prozent) oder zu vergünstigten Preisen (10 Prozent) abgeben
- mehr internationalen Technologietransfer, damit auch Länder des globalen Südens Impfstoffe herstellen können.
Der Vertrag enthält keine Zwangsmaßnahmen, sondern muss von jedem Land ratifiziert werden. Ohne Zustimmung des Parlaments entfaltet er keine rechtliche Wirkung. Er tritt frühestens in Kraft, wenn 60 Staaten ratifiziert haben.
Nicht zuletzt sind einige technische Details – insbesondere zum PABS-System – noch offen und werden in einem Anhang weiterverhandelt. Und obwohl der Vertrag ein rechtsverbindliches Instrument ist, enthält der Text teils weich formulierte Verpflichtungen. Oft stehen dort Einschränkungen wie „je nach nationalem Recht“ oder „im gegenseitigen Einvernehmen“.
Pandemievertrag: FPÖ bleibt dagegen
FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak stellte am Dienstag erneuert die freiheitliche Forderung an die Bundesregierung, diesem „Angriff auf unsere Souveränität“ nicht zuzustimmen und bis 19. Juli 2025 von der Ausstiegsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Er argumentiert das mit einer „Kompetenzübertragung weg von den demokratisch legitimierten Regierungen der WHO-Mitgliedsstaaten hin zur WHO – einer demokratisch nicht legitimierten internationalen Organisation“.
Tatsächlich wird im Vertragstext die Souveränität der Staaten ausdrücklich gewahrt – „als allgemeines Prinzip“. Artikel 24 stellt fest, dass weder die WHO noch ihr Generaldirektor innerstaatliche Gesetze oder Maßnahmen anordnen können. Lockdowns, Reisebeschränkungen oder Impfpflichten kann die WHO auf Basis des Abkommens ebenso wenig verhängen. Auch dass die WHO eine internationale Gesundheitsnotlage deklarieren kann, ist nicht mehr als eine Empfehlung.
Die Freiheitlichen haben zudem eine Online-Petition „WHO-Pandemievertrag stoppen“ gestartet, die von mehr als 25.000 Bürgern unterstützt wurde.
Ex-WHO-Krisenmanager zum Pandemievertrag
Was wäre in der Corona-Pandemie besser gelaufen, hätte es den nun verabschiedeten WHO-Notfallplan zum Pandemiemanagement damals schon gegeben? Gerald Rockenschaub, jahrelanger Krisenmanager in der Weltgesundheitsorganisation, dazu am Dienstagabend in der ZIB 2: "Die Verurteilung knapper Güter, wie Impfstoffe oder Masken. Man hätte besser reagieren können". Er erachtet den neuen Notfallplan als einen "guten Kompromiss" sowie als Basis, die weiterentwickelt werden müsse. "Es ist ein guter Tag für die internationale Gesundheitssicherheit. Die Welt ist ein bisschen sicherer geworden", meint Rockenschaub.
Und: Die Bedenken der Freiheitlichen, die WHO könnte mit dem Vertrag als "Weltregierung" einen Dauernotstand ausrufen, entkräftet er: "Im Artikel 22 ist vorgesehen, dass die Kompetenz für Lockdowns und Schutzmaßnahmen ausschließlich an nationalen Parlamenten und Regierungen liegt." Die WHO gebe lediglich Empfehlungen ab, so der Experte.
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