CDU-CSU-Einigung: Doskozil sieht einseitige Belastung Österreichs

CDU-CSU-Einigung: Doskozil sieht einseitige Belastung Österreichs
SPD will noch abwarten, Kritik kommt bereits von Ex-Verteidigungsminister Doskozil.

Mit einer Einigung auf Transitzonen an der Grenze zu Österreich haben CDU und CSU ihren erbitterten Streit um die deutsche Asylpolitik am Montag vorerst beigelegt. Offen ist, ob die SPD das von den Unionsparteien Vereinbarte mitträgt. Für Dienstag wurde ein weiterer Koalitionsausschuss angesetzt.

SPD-Parteichefin Andrea äußerte sich nach einem nächtlichen Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt zurückhaltend. "Wir haben das heute nur andiskutiert", sagte sie. Es gebe da noch "viele Fragen", so die Vorsitzende.

Die Fraktionen von Union und SPD kommen am Dienstagmorgen um 08.30 Uhr jeweils zu Sondersitzungen zusammen, um über den Kompromiss zu beraten. Die Spitzen der Koalitionsparteien wollen dann ab 18.00 Uhr erneut im Kanzleramt darüber diskutieren, wie Nahles in der Nacht auf Dienstag mitteilte.

"Einheit der Union hohes Gut"

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet setzt nach der Einigung auf eine erneute Annäherung an die Schwesterpartei CSU. "Die Einheit der Union ist ein so hohes Gut, da muss man auch Kompromisse machen", so Laschet. Auf die Frage, ob auch über eine Ausweitung der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze gesprochen worden sei, sagte er: "Nein, das ist nicht beabsichtigt."

Die nun erzielte Verständigung sieht neben der Einrichtung von Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze auch Zurückweisungen auf der Grundlage von Verwaltungsabkommen mit anderen Ländern vor. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer beurteilte dies als eine Lösung, mit der "in hervorragender Weise" die Migration nach Deutschland begrenzt werden könne.

Doskozil sieht "einseitige Belastung Österreichs"

Für den ehemalige österreichischen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) stellt der innerparteiliche Kompromiss der Union jedoch "eine einseitige Belastung für Österreich" dar. "Da davon auszugehen ist, dass Deutschland mit einigen Ländern kein Verwaltungsabkommen abschließen wird, würde in diesem Fall Deutschland alle Zurückweisungen nach Österreich durchführen", sagte Doskozil. Dies sei inakzeptabel. Er rief die Bundesregierung auf, gegen die geplante deutsche Vorgangsweise mit Asyl-Transitzentren an der Grenze zu Österreich vorzugehen, und forderte eine europäische Lösung und einen starken Außengrenzschutz.

CSU-Vize Manfred Weber sieht hingegen bereits durch den Kraftakt von CDU und CSU eine grundlegende Verbesserung in der Zuwanderungspolitik in Europa. "Wir haben in der EU eine neue Balance hin zu einer besseren Migrationspolitik durchgesetzt. Das war ein großer Schritt", sagte der Fraktionschef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament der Deutschen Presse-Agentur in München. Jetzt gebe es dank des guten Kompromisses eine gelungene Einigung zwischen CDU und CSU mit nationalen und europäischen Maßnahmen, um die Migration effizient zu steuern und zu ordnen.

"Schmiermittel" für einen Verbleib Seehofers

Die Opposition und die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierten die Beschlüsse scharf. Als "Schmiermittel" für einen Verbleib Seehofers im Amt "Internierungslager" einzurichten, "verschiebt den Wertekompass unseres Landes massiv", sagte die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock der Nachrichtenagentur AFP. Die Linken-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger erklärten, Merkel belohne nach Seehofers Rücktritt vom Rücktritt "das Schmierentheater der CSU mit weiteren Zugeständnissen und rückt damit die Politik weiter nach rechts".

Für FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann ist aufgrund der noch zu verhandelnden Abkommen mit anderen Staaten die Wirkung der Vereinbarung fraglich. "Möglicherweise ist der Konflikt in der Union also nur aufgeschoben statt aufgehoben", sagte er AFP. Der bayerische AfD-Landesvorsitzende Martin Sichert warf der CSU vor, im Asylstreit mit Merkel eingeknickt zu sein.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bezeichnete den Kompromiss der Unionsparteien als "Einigung auf dem Rücken von Schutzbedürftigen". "Faire und rechtsstaatliche Asylverfahren gibt es nicht in Haftlagern", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in Bezug auf die geplanten Transitzentren.

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