"Türkiser Putztrupp"? Sieben Prozesstage, 20 Zeugen, 100 Urkunden – und kein Beweis

PROZESS: PETER PILZ
Das Buch von Peter Pilz zum Tod von Sektionschef Christian Pilnacek soll laut (nicht rechtskräftigem) Urteil eingezogen werden. Die Polizisten, die darin verunglimpft wurden, ziehen mit ihrer Anwältin ein Resümee.

Im Vorzimmer der Kanzlei liegen Schoko-Pilze in einer Schale. „Glückspilze“ – und damit eine Anspielung auf den Prozess um ein Buch von Peter Pilz, den Strafverteidigerin Linda Poppenwimmer gemeinsam mit Medienanwalt Peter Zöchbauer am Donnerstag gewonnen hat.

Zack Media soll vier Polizisten, die im Buch „Pilnacek – Der Tod des Sektionschefs“ vorkommen, Schadenersatz in Höhe von 57.000 Euro zahlen, zudem soll das Buch eingezogen werden.

„Soll“, denn Pilz hat volle Berufung angemeldet. „Das Urteil ist ein erster Schritt, und wir werden weiter voranschreiten, damit es zu einer rechtlichen Klärung kommt. Es ist wichtig, hier die Grenzen aufzuzeigen“, sagt Bundespolizeidirektor Michael Takacs, der einer der vier Kläger ist. Pilz hat ihnen in seinem Buch unterstellt, Teil eines „türkisen Putztrupps“ zu sein, der im Auftrag der ÖVP Ermittlungen behindert habe.

Darunter auch jene Polizistin, die beim Leichenfund am 20. Oktober 2023 in Rossatz, NÖ, den Einsatz geleitet hat und rote Personalvertreterin ist. Sie ist jetzt zuversichtlich, „dass am Ende die Wahrheit übrig bleibt“.

Während die Causa in die zweite Instanz geht, prüfen die Anwälte eine einstweilige Verfügung, um das Buch sofort vom Markt zu nehmen.

Parallel dazu starten im Jänner die Befragungen im U-Ausschuss, den Pilz ja mit seinem Buch angestoßen haben will. „Dort gibt es einen anderen Prüfmaßstab. Es geht um politische Verantwortung für mögliche Verbesserungen“, stellt Poppenwimmer klar.

„Smoking gun“ fehlte

Pilz erklärte in seinen Schlussworten vor Gericht, er habe ja nur Fragen gestellt, weil sie sonst niemand gestellt habe. Der Strafakt zeige eine „inakzeptable Untätigkeit“ der Behörden. Und er blieb bei seinem Standpunkt, dass dahinter eine „türkise Polizeikette“ stecke.

Nur hat er es an sieben Prozesstagen seit Juni, an denen rund 20 Zeugen befragt und 100 Urkunden vorgelegt wurden, nicht geschafft, den Beweis zu erbringen. Bis zum Schluss fehlte die „smoking gun“, erklärte der Richter, der auch das Buch gelesen hat, bei der Urteilsverkündung.

Der Autor habe aber nicht nur die Polizei in ein schiefes Licht gerückt, betont Poppenwimmer, sondern auch Staatsanwaltschaft und Gerichte – eigentlich jeden, der nicht seiner Meinung war. Ein Richter, der zur Berichterstattung auf zackzack.at einen mittlerweile rechtskräftigen Schuldspruch gefällt hat, wurde „Zensor“ geschimpft.

Teile der Bevölkerung glauben an ein „politisches Mordkomplott“, und dass eine „große Verschwörung“ laufe. Das sei gefährlich, so Poppenwimmer: „Das Vertrauen in den Rechtsstaat wird mit solchen Spekulationen zerstört.“

700.000 Euro

Pilz habe daran gut verdient: Laut „konservativer Schätzung“ 700.000 Euro, wenn man Buchverkäufe, Eintrittsgeld bei den Buchpräsentationen, Spenden und Abos auf Pilz’ Website zackzack.at berücksichtigt. Laut eigenen Angaben hat Zack Media derzeit einen negativen Saldo von rund 34.000 Euro.

Am Tag nach dem Prozess rührt der Autor auf seiner Seite die Werbetrommel für sein nächstes Buch und schreibt: „Ein fairer Richter hat ein klares Fehlurteil gefällt. Polizei, Staatsanwaltschaft und ÖVP haben wieder einmal vor Gericht gewonnen.“

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