Causa Kitzmüller: Experte bezweifelt Straftat, weil Vorsatz fehlt

Causa Kitzmüller: Experte bezweifelt Straftat, weil Vorsatz fehlt
"Es kann einmal ein Fehler passieren", verteidigt auch Doris Bures die Abstimmungspanne ihrer Ex-Kollegin.

Nach einer am Sonntag bekannt gewordenen Anzeige gegen die ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller wegen eines Abstimmungsfehlers im Nationalrat hat sich auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures dazu geäußert. Sie bezweifelt, "dass ein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt", sagte sie am Montag im Ö1-Morgenjournal.

Die Anzeige eines Wiener Anwalts lautet auf Amtsmissbrauch. Hintergrund ist eine Abstimmung im vergangenen September zur Auflösung von Vereinen der Identitären, der Antrag der Liste Jetzt war von Kitzmüller fälschlicherweise als abgelehnt gewertet worden. "Es kann einmal ein Fehler passieren", verteidigte Bures ihre Kollegin im ORF-Radio. Eine solche Abstimmungspanne sei "erstmalig in dieser Form aufgetreten", sagte sie. Grundsätzlich hätten die Präsidenten die Abstimmungen immer sehr "sorgsam" durchgeführt.

Als "Vorteil" bezeichnete Bures dem Umstand, dass es sich bei dem Antrag nicht um einen Gesetzesantrag, sondern um eine "Willenskundgebung des Parlaments" in Form eines Entschließungsantrags gehandelt habe. Und auch andernfalls gäbe es Instanzen wie den Bundespräsidenten oder den Verfassungsgerichtshof, die "eine Gesetzesprüfung veranlassen könnten", so Bures.

Der Innsbrucker Strafrechtsexperte Klaus Schwaighofer bezweifelt ebenfalls, dass die Anzeige gegen die frühere Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) von Erfolg gekrönt sein könnte. "Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs kann meines Erachtens nur ins Leere laufen", sagte Schwaighofer am Montag auf APA-Anfrage. Denn dazu müsse nachgewiesen werden, dass wissentlich und mit dem Vorsatz, jemanden zu schädigen, gehandelt wurde. Das halte er in diesem Fall praktisch für "denkunmöglich". Kitzmüller sei dieser Fehler offenbar passiert.
 

Causa Kitzmüller: Experte bezweifelt Straftat, weil Vorsatz fehlt

Der Rechts- und Legislativdienst des Nationalrats werde den Fall jedenfalls prüfen, kündigte die SPÖ-Politikerin an. Ihr stelle sich die Frage, ob Nationalratspräsidenten überhaupt Verwaltungsorgane sind. "Wir sind ja eigentlich Gesetzgebungsorgane", sagte Bures.

Im neuen, derzeit in Sanierung befindlichen Parlamentsgebäude soll es jedenfalls eine elektronische Abstimmungsanlage geben, bestätigte Bures Ankündigungen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Im neuen Gebäude werden dafür "alle Vorkehrungen getroffen", sagte Bures. In etwa zwei Jahren werde man ins neue Parlament übersiedeln, dort stehe "einer Abstimmungsanlage nichts mehr im Wege". Bis dahin müsste man bei Abstimmungen im Nationalrat "besser aufpassen", so Bures.

Klubs sehen elektronische Abstimmungsanlage positiv

Die Parlamentsklubs stehen einer elektronischen Abstimmungsanlage jedenfalls grundsätzlich positiv gegenüber, berichtete das Ö1-"Mittagsjournal". Ob sie zum Einsatz kommt, wird in der Präsidiale entschieden. Aus dem ÖVP-Parlamentsklub hieß es laut Ö1, man wolle einen Konsens unter den Parteien finden.

Die SPÖ will nicht standardmäßig elektronisch abstimmen, sondern nur bei Zweifelsfällen und auf Antrag. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl betont, dass sichergestellt werden müsse, dass sich die Abgeordneten in irgendeiner Form vor dem Abstimmungsvorgang identifizieren, damit nicht jemand anderer den Knopf betätigen könne.

Klar für die elektronische Abstimmung sind die NEOS. "Ich halte das eigentlich für selbstverständlich, weil es logisch ist, dass die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, wie welcher Abgeordneter abgestimmt hat", sagte der stellvertretende Klubchef Nikolaus Scherak. Auch die Grünen wollen sich nicht gegen die elektronische Abstimmung stellen. Diese sei etwa auch im EU-Parlament Usus und würde solche Pannen in Zukunft hoffentlich verhindern, sagte die stellvertretende Grüne Klubobfrau Ewa Ernst-Dziedzic.

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