Causa KHG: Tiroler entscheiden im Fürstentum

Causa KHG: Tiroler entscheiden im Fürstentum
Innsbrucker Richter urteilen als Präsidenten des Liechtensteiner Höchstgerichtes über die Öffnung der Grasser-Stiftungen.

Der Schlüssel liegt in Liechtenstein. Doch darf er benutzt werden? Dürfen die sagenumwobenen Liechtenstein-Stiftungen von Karl-Heinz Grasser für die österreichische Justiz geöffnet werden? Eine endgültige Entscheidung darüber fällt in letzter Instanz, nachdem in den ersten beiden Anläufen das Ansinnen der österreichischen Behörden abgelehnt worden ist. Nun ist der Fürstliche Oberste Gerichtshof am Zug. Die dortigen Obersten, die über die für die österreichische Justiz so wichtige Causa zu befinden haben, sind jedoch keine Liechtensteiner, sondern - Österreicher.

Gerichtshofspräsident ist Gert Delle Karth, hauptamtlich Senatspräsident des Innsbrucker Oberlandesgerichtes. Delle Karths Vizepräsident in Vaduz ist Walter Krabichler, Richter in Innsbruck. Zwei Österreicher befinden also maßgeblich darüber, ob Österreich die Wahrheit rund um die Liechtenstein-Millionen von KHG erfahren wird. Die Tiroler werden entscheiden, ob sich die Ermittler einen Überblick über alle Geldflüsse des Ex-Finanzministers verschaffen dürfen. "Jetzt liegt dieses monströse Konvolut also bei uns", sagt Gert Delle Karth und lacht. Der Innsbrucker ist seit 2010 oberster Richter Liechtensteins, als solcher mit zivilrechtlichen Fragen betraut, wogegen sein Kollege Krabichler die strafrechtlichen Aspekte letztinstanzlich behandelt - also auch den Fall Grasser.

Der Senat

"Entschieden wird dann allerdings im Senat", sagt Vorsitzender Delle Karth, der sich pro Jahr mit etwa 300 Fällen zu beschäftigen hat, und der zwei Mal monatlich ins diskrete Fürstentum düst, um sich mit den Kollegen abzustimmen.

Warum es gerade Österreicher sind, die zu höchsten juristischen Ehren in Liechtenstein gelangen? "Das ist historisch gewachsen und datiert aus der Kaiserzeit." Tatsächlich hat sich das Fürstentum punkto Rechtspflege zu Beginn des 19. Jahrhunderts an Österreich orientiert. Schließlich wurde das Innsbrucker Gericht auch zum Obersten Gerichtshof Liechtensteins bestimmt, die Richter kamen aus Österreich.

Die Tradition

Auch wenn das Gericht in Vaduz längst eigenständig agiert, so haben sich Traditionen bewahrt. Österreicher, aber auch Schweizer nehmen die wesentlichen Gerichtsposten ein. Das hat auch mit der Überschaubarkeit des Landes zu tun. Delle Karth: " Liechtenstein ist sehr klein, jeder kennt jeden. Es gibt zwei Parteien, jeder ist zuordenbar. Daher setzt man in dem heiklen Bereich Justiz auf Experten von außen."

Eine besonders heikle Causa steht nun für die Tiroler Richter an. Doch die Chancen, dass sie die ersten beiden Gerichtsentscheidungen revidieren, sind eher bescheiden (siehe unten). Stiftungen in Liechtenstein sind nämlich nicht grundlos so beliebt: Sie lassen sich rasch und unbürokratisch installieren, die Stifter müssen keine Gründe dafür angeben. Diskretion ist Trumpf.

Ausländischen Steuerfahndern oder Staatsanwälten wurde bis vor zwei Jahren bei Fiskaldelikten keine Amtshilfe durch Liechtensteiner Behörden gewährt. Auch wenn es bei Stiftungen noch immer Probleme gibt, so hat sich einiges gebessert. Präsident Delle Karth: "In Liechtenstein wird großzügig Amtshilfe erteilt, weil man davon ausgeht, dass die Vorwürfe, die erhoben werden, stimmen bzw. ernst zu nehmen sind."

Grassers komplexe Konstruktion

Karl-Heinz Grasser hat sein Privatvermögen in "intransparenten Stiftungen" in Liechtenstein gebunkert. Das Wesen dieser Intransparenz: Der Stifter, also KHG, hat keinen Einfluss mehr, obwohl er als Begünstigter aufscheint. Grasser, erläutert dessen Anwalt Ainedter, könne demnach auch die Stiftungsräte nicht anweisen, den Kriminalisten Einsicht in die Konten der Stiftung zu gewähren.

Experten bezeichnen das Grasser-Modell als "eher unüblich", intransparente Stiftungen würden zumeist für gemeinnützige Zwecke verwendet. Das Problem der österreichischen Justiz: Sie muss nachweisen, dass Grassers Stiftungen an einer Straftat beteiligt waren. Nur dann kann der Tiroler Richter Delle Karth der Kontenöffnung seinen Sanktus erteilen.

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