Tierschützer im U-Ausschuss: Dicke Luft zwischen ÖVP und Opposition

Martin Balluch bei seiner Befragung
Der BVT-Ausschuss rollt die Tierschützer-Affäre neu auf. VGT-Chef Balluch wurde befragt, zu heftigen Debatten kam es am Nachmittag.

Der skandalumwitterte Tierschützer-Prozess war heute erstmals großes Thema im BVT-Untersuchungsausschuss. Geladen war der wohl prominenteste Aktivist des Vereins gegen Tierfabriken, Martin Balluch. Er zeigte sich in seinen ausladenden Erläuterungen überzeugt, dass das Verfahren gegen ihn und Mitstreiter politisch motiviert gewesen sei.

Balluch vermutet ein ÖVP-nahes Netzwerk hinter den Ermittlungen gegen die Vereinsmitglieder, die in eine Anklage gemündet hatten, letztlich aber Freisprüche brachten. Balluch entstand trotzdem ein Schaden von gut 500.000 Euro etwa durch Anwaltskosten und für Detektivaufträge, behauptete er vor dem Ausschuss.

Gegenwind unter Schwarz-Blau

Der Gegenwind sei ab 2005 stark geworden, als man das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz durchgesetzt habe und verstärkt auf eine Kampagne gegen Legebatterien gesetzt habe. Sein Vater, selbst im Cartellverband, habe ihn damals gewarnt, dass der CV zusammenstehen werde.

Tierschützer im U-Ausschuss: Dicke Luft zwischen ÖVP und Opposition

So ist für Balluch auch kein Zufall, dass die Causa einem an sich unzuständigen Staatsanwalt in Wiener Neustadt zugewiesen wurde, der auch CV-Mitglied ist. Von dem Mann, der als Gruppenleiter der zuständigen Staatsanwältin auch im Zusammenhang mit der BVT-Razzia in Erscheinung getreten war, fühlt sich der VGT-Obmann ohnehin verfolgt. Er warf ihm unwahre und propagandistische Behauptungen vor.

Auch Alt-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sieht Balluch in die ganze Angelegenheit involviert. Dieser habe angeregt, dem Verein die Gemeinnützigkeit zu entziehen, was letztlich nur von den Beamten verhindert worden sei.

Balluch: Pistole an Kopf gehalten

Besonders ins Visier nimmt der Tierschützer Staatsanwaltschaft und Exekutive. Von den Ermittlungen gegen sich hat Balluch eigenem Bekunden nach erst erfahren, als seine Tür eingeschlagen worden sei und ihm von Maskierten eine Pistole an den Kopf gehalten wurde. Ein weiterer Vorwurf: Datenbanken und Buchhaltung des VGT seien ohne Grund beschlagnahmt worden: "So läuft das in Russland."

Dabei geht er davon aus, dass von der ÖVP eingewirkt wurde. Es habe ihm ja auch ein Lokalpolitiker der Volkspartei einmal bei einer öffentlichen Veranstaltung ins Gesicht geschlagen. Zudem geht aus Akten hervor, dass der Chef der vom VGT besonders bekämpften Modekette Kleider Bauer direkt beim damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) zu intervenieren versucht habe.

BVT-U-Ausschuss: Tag 24 im Liveticker

  • |Peter Temel

    Der BVT-Untersuchungsausschuss startet heute die Befragungen zur Tierschützer-Affäre. Dabei geht es um die Hintergründe einer Sonderkommission der Polizei, die vor über zehn Jahren gegen Tierrechtsaktivisten ermittelt hatte. Wir tickern ab 10 Uhr.

  • |Peter Temel

    Guten Morgen aus der Wiener Hofburg! In Kürze geht es mit der medienöffentlichen Sitzung los.

  • |Peter Temel

    Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, beginnt mit einem persönlichen Statement. Er schildert diverse Reppressalien gegen ihn und seine Kollegen im Zuge der Tierschützer-Affäre.

  • |Peter Temel

    Balluch beginnt mit Biografischem. Er habe Mathematik, Physik und Astronomie studiert, "unter anderem bei Stephen Hawking". Dann weist er auf diverse Tierschutzkampagnen hin, bei denen er dabei war. Da habe es "keine einzige Straftat" gegeben.

  • |Peter Temel

    Balluch spricht sehr schnell. Er ist der Meinung, dass der Gegenwind unter Schwarz-Blau wesentlich stärker geworden sei. Aktivismus für Tierrechte sei plötzlich vom Verfassungsschutz als staatsfeindliche Gefahr definiert worden, von manchen sogar als "größte Gefahr". Der damalige Innenminister Günther Platter habe Demos sogar in Einkaufsstraßen verbieten, die Begründung lautete: Bei den Aktivisten handle es sich um Gewalttäter. Dies habe man nur auf dem Zivilrechtsweg richtigstellen können.

  • |Peter Temel

    Warnung des Vaters

    Balluch berichtet auch von einer Prüfung durchs Finanzamt. Diese Prüfung, ob man dem VGT die Gemeinnützigkeit entziehen könnte, soll auf Auftrag des BVT geschehen sein, sagt er. Nicht nur darin sieht er eine politische Intervention. Sein Vater sei in ÖVP-Kreisen gut verankert gewesen, unter anderem im Cartellverband. Er habe ihn davor gewarnt, dass Repressionen zu befürchen seien, weil sich Kampagnen-Aktionen auch gegen CVler gerichtet hatten und, Zitat: "Wenn die um Hilfe bitten, dann hilft man ihnen auch."
  • |Peter Temel

    Die SOKO Bekleidung hat sogar eine Verdeckte Ermittlerin ("Danielle Durand") eingesetzt. Balluch dazu: "Sie war 16 Monate lang ununterbrochen dabei, bei allen Aktionen." Sie habe alles aus der ersten Reihe beobachtet, aber weil sie kein belastendes Material sammeln habe können, sei ihr Bericht "einfach in die Schublade geschoben" worden, meint Balluch. Er spricht von zwei Spitzeln, die er selbst ausfindig machen musste. 

  • |Peter Temel

    Razzia in Wohnung

    Dann berichtet er von einer Razzia in seiner Wohnung im Jahr 2008. Mit einer Ramme sei in der Früh die Wohnungstür aufgebrochen worden. Ein maskierter Mann habe ihm im Bett die Pistole an den Kopf gehalten. Anschließend habe die Polizei alles auf den Kopf gestellt. Dann folgte die Untersuchungshaft.

  • |Peter Temel

    Dann zitiert er eine Aussage Werner Amons (derzeit Fraktionsführer der ÖVP im U-Ausschuss) wonach es Straftaten gegeben habe, die mit Beginn des Prozesses gegen die Aktivisten aufgehört hätten. Balluch sagt, es habe vor dem Prozess nur Bagatelldelikte gegeben. Danach hätten aber tatsächlich Straftaten begonnen - etwa eine Bombendrohung, "die natürlich nicht von uns stammt". Er spricht zudem von Straftaten gegen Aktivisten , er nennt Übergriffe durch bezahlte Schläger, verklebte Türschlösser, aufgeschnittene Reifen. Balluch: "Das hätte man tatsächlich verfolgen können, aber komischerweise war das niemandem wichtig."

  • |Peter Temel

    Erstbefragung beginnt

    Es war ein unglaublicher Parforce-Ritt (er verzeihe mir den Tiervergleich), den Balluch hier abgeliefert hat. Verfahrensrichter Eduard Strauss sagt, es seien schon ein paar Fragen beantwortet. Er stellt dennoch weitere:

    Wann Balluch erstmals von Überwachungsmaßnahmen erfahren habe. Balluch: "Indem um fünf Uhr früh maskierte Polizisten in meinem Schlafzimmer gestanden sind und mir eine Pistole an den Kopf gehalten haben." Das sei am 21. Mai 2008 gewesen.

  • |Peter Temel

    Woran Balluch politische Einflussnahme festmache, will Strauss wissen.

    Balluch beginnt wieder mit den "politischen Erfolgen" des Tierrechtsaktivismus. Es habe in Österreich endlich ein Legebatterieverbot und ein Tierschutzgesetz gegeben. Das habe aber nicht jedem gefallen. Und von da an sei der Gegenwind stark geworden.

    Festmachen könne man das an folgenden Beispielen: Platters Behauptung, wonach die Tierrechtler "gewalttätig" seien, am Vorgehen des BVT gegen angeblich terroristische Tierrechtler und an der Finanzprüfung.

  • |Peter Temel

    Von wem die Intervention seiner Wahrnehmung nach ausgegangen sei?

    Konkret könne er nur auf Platters "Gewalttätigkeits"-Aussage hinweisen, sagt Balluch, er habe aber auch einen Brief des damaligen Finanzministers Josef Pröll ans Finanzamt gesehen. Mit dem Hinweis, dem VGT die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.

  • |Peter Temel

    Gefragt nach der Rolle von BVT und LVT, sagt Balluch: BVT und LVT Wien hätten die SOKO-Chefs gestellt, einer der verdeckten Ermittler sei vom BVT gekommen. Verfassungsschützer seien auch bei VGT-Demos anwesend gewesen, wie er in Dokumenten gesehen habe.

  • |Peter Temel

    Strauss fragt nach der Rolle Wolfgang Handlers, damals fallführender Staatsanwalt, heute in der WKStA, wo er als Gruppenleiter für die BVT-Causa zuständig war.

    Handler sei bei der Razzia in seiner Wohnung anwesend gewesen, erklärt Balluch, er habe im Auto gewartet und mitfilmen lassen, dann habe er dabei zugesehen, wie Balluch "nackt aus dem Haus gezerrt wurde", wie er sagt. "Warum macht ein Staatsanwalt das, wenn nicht wegen politischer Intervention?" fragt Balluch. Er erwähnt, dass Handler im Cartellverband sei.

  • |Peter Temel

    Stephanie Krisper (Neos) ist an der Reihe. sie möchte über Intervention im BMI reden und über die Person Wolfgang Handler. Dieser sei nach dem Scheitern seiner Anklage im Tierschützerprozess "hochgelobt" worden sei, so Krisper.

    Sie legt Balluch eine Werbung des ÖVP-Bauernbundsvon 2013 (siehe unten) vor.

    Balluch nennt ein paar Beispiele von Jägern und Bauernbündlern, die auf den VGT nicht gut zu sprechen gewesen seien. "Es gab aus der ÖVP offenbar einige Leute, die sehr wütend waren auf mich", sagt Balluch.

  • |Peter Temel
    Krisper fragt zur Rolle der Firma Kleiderbauer. (Es ging dabei um Aktionen gegen Pelzbekleidung, Anm.) Die Chefs der Modekette hätten zuerst von "Millionen Euro" Sachschaden gesprochen und das dann Stück für Stück zurücknehmen müssen, erklärt Balluch. Der Versicherung hätten sie letztlich 200.000 Euro Schaden genannt, da sei auch eine Überschwemmung im Keller dabei gewesen. Die Bemalung einer Fensterscheibe sei als "Einbruch" tituliert worden.
  • |Peter Temel

    Gründung der "SOKO Bekleidung"

    KleiderBauer habe vor allem über den Imageschaden wegen der Demonstrationen vor ihren Filialen geklagt, daraufhin sei es zur Gründung der "SOKO Bekleidung" gekommen sei.

    Balluch: "Man hat Leute aus der Mordkommission abgezogen, damit sie gegen uns ermitteln." Gegen Tierschützer vorzugehen sei also wichtiger, als einen Mord aufzuklären, schlussfolgert Balluch. Mit der Kleiderbauer-Kampagne habe er "nie etwas zu tun gehabt", dennoch sei er Hauptbeschuldigter gewesen. Balluch beschreibt die Vorgangsweise so: Den sperrt's mal ein, wurscht wie, das ist der Auftrag.

  • |Peter Temel

    WEGA bei Demos

    Krisper legt ein Dokument zu einem Treffen der Kleiderbauer-Chefs mit Polizei-Spitzenbeamten vor, dieses hat demnach am 5. April 2007 im Innnenministerium stattgefunden. Es ist von einem stärkeren Vorgehen gegen Tierschützer die Rede. Dort sei den Kleiderbauer-Chefs unter anderem zugesagt worden, dass künftig WEGA-Beamte die Anti-Pelz-Demos beobachten würden. Ziel laut Protokoll: Passanten sollen die Demo als gefährlicher wahrnehmen.

    Balluch dazu: "Sie haben mit allen Mitteln versucht, friedliche Demos zu verhindern." Die Friedllichkeit hätten Polizisten auch vor Gericht im Zeugenstand bestätigt, sagt Balluch. Das BMI habe versucht, Demos zu verbieten, sei aber am Verfassungsgerichtshof damit gescheitert.

  • |Peter Temel

    Warum Wiener Neustadt?

    Krisper fragt sich und Balluch, wie die Sache in Wiener Neustadt bei Staatsanwalt Handler landen konnte. Balluch: Man habe eine Person aus Wiener Neustadt, die nie mit Tierschutz zu tun hatte, aber bei einer Demo in Wiener Neustadt anwesend war, in den anfänglichen Ermittlungen als Erstbeschuldigten geführt. Balluch ist überzeugt, dass die Causa bewusst nach Wiener Neustadt zu Handler verlegt wurde.
  • |Peter Temel
    Alma Zadic (Liste Jetzt) ist an der Reihe und thematisiert die Initiative des damaligen Finanzminister Pröll, dem VGT die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Balluch: Das sei damit begründet worden, dass der VGT die Jagd abschaffen wolle und die Jagd aber von einem Großteil der Gesellschaft befürwortet werde.
  • |Peter Temel

    Zadic wechselt zur Kleiderbauer-Sache. Sie hält Balluch ein Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass einer der Kleiderbauer-Chefs direkt beim Innenminister angerufen hat. Er habe sich am 4. April 2007 bei Platter über eine Beschädigung seines Autos beschwert. (Das ist zeitlich einen Tag vor dem Treffen Kleiderbauer-Polizei im BMI, Anm.) Ob es üblich sei, dass wegen einer Sachbeschädigung direkt beim Minister angerufen wird?

    Diese Frage müsste man wohl anderen stellen, aber Balluch antwortet: "Auch unser Bus wurde von oben bis unten beschmiert." Er habe sich darüber per Mail beim Ministerium beschwert". Da habe aber niemand reagiert.

  • |Peter Temel

    Zadic findet es "schleierhaft", dass das Protokoll des genannten Treffens vom 5.4.2007 nicht im Akt des U-Ausschusses ist. Sie zitiert aus Unterlagen, wonach bei dem Treffen mit der Polizei über die Möglichkeit gesprochen habe, eine Demo-Bannmeile vor den Kleiderbauer-Geschäften zu erreichen.

    Der Polizeipräsident wird laut Protokoll von der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit aufgefordert, "alle administrativen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Demonstrationen vor den Filialen zu untersagen". Der "de facto Ruin eines Unternehmens" wurde in den Raum gestellt.

    Zadic: "Ist Ihnen bekannt, dass Kleiderbauer den finanziellen Ruin befürchtete?"

    Balluch: Er wisse nur, das vom befürchteten Imageschaden die Rede war.

  • |Peter Temel

    Amon bringt Balluch in Bedrängnis

    Amon (ÖVP) ist dran. Er beginnt mit einer gefinkelten Frage an Balluch. Woher er davon wisse, dass die ÖVP den Ausschluss seiner Vertrauensperson vom U-Ausschuss beantragt habe? Balluch startet den Versuch einer Gegenfrage: Woher Amon darauf schließe, dass er, Balluch, davon wisse? Amon: "Ich stelle hier die Fragen, Sie antworten." Balluch überlegt sehr lange, schaltet dann das Mikrofon aus und unterhält sich mit dem Verfahrensanwalt Mikesi.
  • |Peter Temel
    Zwischendurch sagt Verfahrensrichter Strauss, die Frage sei aufgetaucht, was die Amons Frage mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun habe. Amon: Eine Abstimmung des Befragten mit einer der Parlamentsparteien würden dessen Aussagen in einem anderen Licht erscheinen lassen. Balluch berät sich weiter.
  • |Peter Temel

    Krainer legt Bekanntschaft zu Balluch offen

    SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, der unter anderem Balluch geladen hat, meldet sich zur Geschäftsordnung.  Nach einer langen Minute der Stille erhält er das Wort.

    Krainer legt offen, dass er Balluch seit 2004 kenne, damals sei er Tierschutzsprecher der SPÖ gewesen und habe daher viele Proponenten kennengelernt. Er habe noch immer Kontakt zu Balluch und habe gestern mit ihm telefoniert. Krainer habe Balluch lediglich mitgeteilt, dass er "für keine gute Idee" halte, wenn er seinen Bruder zur Befragung mitnehme. "Wäre er die ÖVP, würde er seinen Ausschluss vom U-Ausschuss beantragen", sagt Krainer. Weil er aus langjähriger Erfahrung als Parlamentarier die ÖVP gut kenne, habe er das vorausgesehen, sagt Krainer. Dass die ÖVP das tatsächlich gemacht habe, habe er da noch nicht gewusst.

    Nach dieser vorläufigen Aufklärung der Sache durch Krainer bedingt sich Balluch eine Pause. Vorsitzende Doris Bures gesteht ihm - und uns - zehn Minuten zu.

  • |Peter Temel

    Es geht weiter

    Es sind wieder alle im Sitzungslokal. Balluch sagt, er sei nach dem Telefonat mit Krainer zu der Auffassung gelangt, es sei besser, sein Bruder komme nicht als Vertrauensperson mit ihm. Auch, weil sein Bruder selbst Beschuldigter im Prozess gewesen sei, "erst zwei Wochen vor Beginn des Prozesses", sagt Balluch.

  • |Peter Temel

    Amon fragt: "Haben Sie sich mit anderen Abgeordneten außer dem Herrn Krainer abgestimmt?"

    Krainer: "Das ist eine Suggestivfrage!"

    Amon: "War das jetzt zur Geschäftsordnung oder geht das auf meine Redezeit?"

    Bures: Es werde keine Redezeit dadurch beschnitten.

    Balluch antwortet auf die Frage: Er habe sich mit gar niemandem vor der heutigen Sitzung abgestimmt.

     

  • |Peter Temel

    Jetzt fragt Amon, ob Balluch das Fax des BVT an die Finanz, bei dem es um das zuvor erwähnte Ersuchen um Finanzprüfung geht, noch habe.

    Balluch ist sich nicht sicher. Aber, wenn ja, könne er es dem Ausschuss zur Verfügung stellen.

  • |Peter Temel

    VGT hat 22.000 Mitglieder

    Amon stellt jetzt Fragen zur Größe des VGT, ob Balluch als Angestellter des VGT geführt werde, wie der Kontakt zu anderen Organisationen aussehe.

    Balluch bestätigt, beim VGT angestellt zu sein. Der Verein habe 22.000 Mitglieder. Stimmberechtigte Mitglieder gebe es zirka 400, aber das wechsle natürlich immer wieder. Balluch nennt auch andere Organisationen wie die "Vier Pfoten", sogar ÖVP-nahe Tierschutzvereine, zu denen Kontakt bestehe.

  • |Peter Temel
    Amon hält Balluch einen Gerichtsbeschluss vor, in dem das Gericht feststellt, dass Balluch ein "Info-Junkie mit einem gesteigerten politischen Bewusstsein" sei, er sammle allerlei Unterlagen, auch über Brandanschläge radikaler Tierrechtsaktivisten in Österreich. Amon: "Würden Sie sich heute noch als Info-Junkie bezeichnen?" Balluch: "Ja, ich sammle alle möglichen Unterlagen, sofern die Polizei nicht um 5 Uhr früh bei mir einbricht und alles wieder wegnimmt."
  • |Peter Temel

    Angebliche Straftaten

    Amon zählt die Anzahl von Straftaten bei der Firma Kleiderbauer, Peek & Cloppenburg, der Firma "Trachtenmaus" oder beim Zirkus Knie auf. Ob ihm diese bekannt seien?

    Balluch sagt, das sei ihm bekannt und will ausführen, was er von der Einstufung als Straftat hält.

    Amon unterbricht ihn. Er habe die Frage bereits beantwortet. Dennoch lässt er Balluch weitersprechen. Dieser sagt, in den Akten werde es auch als Straftat bezeichnet, "wenn jemand in ein Geschäftslokal läuft und so Flankerl streut und ruft: Pelztierhaltung ist Mord." Im Fall des Zirkus Knie habe ein Generator gebrannt, daraus sei dann ein Anschlag von Tierrechtsaktivisten gemacht worden, meint Balluch.

    Amon, erneut spitzfindig: "Ich habe nie gesagt, dass es von Seite der Tierschützer gekommen ist, das haben jetzt Sie gesagt." 

    Lautes Murmeln auf Seiten der Opposition.

     

  • |Peter Temel

    Amon fragt, ob Balluch zwischen 2007 und 2008 eine Steigerung von Straftaten wahrgenommen habe. Balluch verneint.

    Amon: "Gab es Straftaten, die Sie schockiert oder verwundert haben?" Er zitiert aus dem Ermittlungsakt, wonach Balluch Straftaten als legitimes Mittel im Aktivismus bezeichnet habe.

    Balluch sagt, als solche legitimen Mittel seien lediglich Tierbefreiungen gemeint.

    Amon fragt, ob Balluch wisse, was die ALF (Animal Liberation Front) sei.

    Balluch erklärt, das sei eine Bewegung, die Tierbefreiungen durchführen will.

  • |Peter Temel

    Krainer (SPÖ) hält jetzt einen längeren Monolog, um ein paar Sachverhalte ins Ausschuss-Protokoll zu bringen. Er weist unter anderem darauf hin, dass bereits 24 Stunden nach dem Anruf des Kleiderbauer-Chefs bei Platter die Einrichtung einer SOKO beschlossen wurde, "und das, obwohl festgestellt wurde, dass es kein Indiz gibt, dass ein Zusammenhang zwischen Demos und Sachbeschädigungen besteht."

    Krainer zitiert aus dem Protokoll der Besprechung vom 5.4.2007: "Hinsichtlich der Sachbeschädigungen führte HPP (Polizeipräsident, Anm.) aus, dass bisher kein klarer Zusammenhang zwischen den Demos und den Sachbeschädigungen hergestellt werden konnte." Er verweist darauf, dass auch im Tierschützerprozess kein solcher Zusammenhang hergestellt werden konnte. Ob Balluch wisse, ob dieser Nachweis später gelungen sei?

    Balluch: "Nein, weil es keinen Zusammenhang gab."

  • |Peter Temel

    Krainer repliziert auch auf Amons Frage nach einer Steigerung der Straftaten (die Tierrechtsaktivisten zugeschrieben wurden, Anm.) zwischen 2007 und 2008. Krainer zitiert den Verfassungsschutzbericht 2008, wonach es zwar zu einer Steigerung legaler Tierrechtsaktionen gekommen sei, aber auch zu einem Rückgang von Sachbeschädigungen oder anderer Straftaten.

  • |Peter Temel

    Jenewein (FPÖ) fragt zum Einsatz der Verdeckten Ermittlerin. Ob es jemals Konsequenzen hatte, dass der Einsatz vom Staatsanwalt nicht genehmigt war? (was  laut Staatsschutzgesetz vorgeschrieben ist, Anm.)

    Balluch: "Nein, keine."

  • |Peter Temel

    FPÖ lässt es gemütlich angehen

    Die FPÖ geht Balluch weit nicht so forsch an wie Amon vom Koalitionspartner. Dazu ist zu sagen, dass die FPÖ in dem untersuchten Zeitraum nicht in der Regierung saß. Ab 2007 war ja wieder Rot-Schwarz am Ruder, das Innenministerium war weiterhin in ÖVP-Hand.

    Weiters sagt man der FPÖ nach, traditionell ein Herz für Tierschutzagenden zu haben. Ob das auch für Balluch und Kollegen gilt, ist zwar die Frage, zumindest stellt Jenewein ihm keine unangenehmen Fragen.

  • |Peter Temel

    Jenewein fragt Balluch nach der Höhe des finanziellen Schadens, der ihm durch das Verfahren entstanden ist. Rund eine halbe Million Euro, sagt Balluch. Zu 500.000 Euro Verteidigungskosten - für Anwalt und Privatgutachten - kamen noch einmal mehr als 56.000 Euro für einen letztlich erfolglosen Schadenersatzprozess gegen die Republik, rechnet Balluch vor.

  • |Peter Temel

    Balluch redet noch immer unglaublich schnell. Wodurch wir hier nur die Hälfte davon berichten können. Ins U-Ausschuss-Protokoll, das auch Ton-Aufzeichnungen zur Verfügung hat, bringt er dafür jede Menge Material.

  • |Peter Temel

    Nach dem Tierschützerprozess erhielt Balluch nur rund 26.645 Euro Entschädigung, wie der KURIER 2013 berichtete.

     

  • |Peter Temel

    Polizeispitzel demonstrierte noch für Freilassung

    Jenewein fragt weiter zu den Verdeckten Ermittlern.

    Die erwähnte Ermittlerin ("Danielle Durand") sei bei mehr als 200 Aktionen dabei gewesen, sei nachts zu Legebatterien mitgefahren, auch auf einen Tierrechtskongress in den Niederlanden. Dass sie ein Polizeispitze gewesen ist, habe man erst im Zuge des Strafprozesses zufällig erfahren. in einem Nebensatz im Ermittlungsakt sei von "vier Frauen, eine davon die VE" die Rede gewesen. Balluch berichtet, er habe einen Privatdetektiv eingeschaltet, um die VE ausfindig zu machen. Die Verdeckte Ermittlerin habe die Aktivisten sogar noch in der U-Haft besucht und vor dem Gefängnis für deren Freilassung demonstriert.

  • |Peter Temel

    Krisper kommt zurück zur Rolle des Staatsanwalts Wolfgang Handler. Laut einem News-Artikel wird die StA Wiener Neustadt als "nicht besonders bürgerrechtsnah" bezeichnet. Wo Balluch bei Handler politisch motiviertes Handeln wahrgenommen habe?

    Balluch wiederholt: Beim Filmen der Hausdurchsuchung und seiner Festnahme. Aber auch, weil er einen Lauschangriff und andere Observationstechniken anordnete, obwohl keine einzige Straftat vorgelegen sei, so Balluch.

  • |Peter Temel

    Krisper legt ein Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft Wien vor, worin ein Zusammenhang zwischen den Ermittlungen gegen die Tierschützer mit der Tiroler Landtagswahl hergestellt wird. Einer von ihnen ist ein Tierrechtsaktivist aus Tirol, der heute auch noch hier befragt wird.

    Balluch zeigt sich "schockiert" von der Schilderung einer Besprechung aus 2008 zwischen OStA, LG und dem Kabinettschef des Justizministeriums, in der letzterer darauf aufmerksam macht, dass der Vorwurf massiver Sachbeschädigungen "in großem Stil" ins Spiel gebracht werden solle.

  • |Peter Temel

    Aus einer von Krisper zitierten Einvernahme gehe hervor, dass die "SOKO Bekleidung" geplant hätte, bei der Hausdurchsuchung bei Balluch Experten für Kinderpornographie dabei zu haben. Sie hält - auch auf Twitter - fest, dass es dafür keinerlei Anhaltspunkte gegeben habe.

  • |Peter Temel

    Zadic legt ein Mail des Leiters der "SOKO Bekleidung" von 2007 vor. Daraus gehe hervor, dass selbst in der SOKO Zweifel bestanden hätten, dass es Zusammenhänge zwischen den Beschuldigten und den angezeigten Sachbeschädigungen gab.

    Amon meldet sich abermals zur Geschäftsordnung. Er bezweifelt zunächst die Echtheit des Mails,  und wolle es nicht zulassen, weil es nicht Teil des Akts sei. Krainer (SPÖ) wiederum moniert, dass dieses Mail vom Innenministerium nicht geliefert wurde und daher nicht Teil des Akts sei.

    Zadic beschwert sich allgemein über mangelnde Aktenanlieferung durch das BMI. Daher bleibe nichts anderes übrig, als auf "eigene Bestände" zurückzugreifen.

    Jenewein will die Echtheit des Mails nicht bezweifeln, fragt sich aber, ob es nicht außerhalb des Untersuchungszeitraums liege.

    Es kommt zu einer kurzen Fraktionsführerbesprechung, dann drei Minuten Pause.

  • |Peter Temel

    Zadic darf weiter zum Mail des SOKO-Chefs fragen. Darin wurde kritisiert, der Aufwand sei zu groß für den Fall, noch dazu angesichts der "Unsicherheit der Informationslage". Es gibt laut diesem Mail "keinen gesicherten Überblick, welche Tatorte in Österreich überhaupt existieren". Es konnte "keinerlei Tatverdacht" ermittelt werden, auch die Aussagen der Kleiderbauer-Chefs über Straftaten hätten sich nicht bestätigt. Zadic fragt Balluch, ob in dem ganzen Verfahren - wir sprechen von drei Monaten U-Haft und 13 Monaten Gerichtsverhandlung - irgendetwas Belastendes gegen ihn gefunden worden sei.

    Balluch verneint. Er habe sogar in der U-Haft darum gebeten, von den Verfassungsschützern einvernommen zu werden. Bis zuletzt sei ihm nichts Konkretes vorgeworfen worden.

    Balluch meint, die Richterin, die U-Haft verhängt hat, von einem Beamen der SOKO mit falschen Angaben getäuscht worden.

  • |Peter Temel

    Einsatz von Flusssäure als "Bagatelldelikt"

    Amon fragt nach der Tragweite der Aktionen der Tierrechtler. Ob ihm bekannt sei, was Flusssäure ist? Balluch bejaht. Der chemische Stoff werde von Glaskünstlern für das Ätzen von Glas verwendet. Amon zitiert eine Radiosendung auf Radio Orange, wo Balluch über den Einsatz von Flusssäure gesprochen habe. Ob ihm die Gefährlichkeit dieser hochgiftigen Substanz bewusst sei? Balluch sagt, wenn damit eine Fensterfläche beschrieben wird, dann sei das nicht gefährlich für andere Personen. Amon fragt, ob er das nicht als "Anschlag" bezeichnen würde? Balluch: Wenn diese Aktion ein Delikt darstellen soll, dann "höchstens ein Bagatelldelikt".
  • |Peter Temel

    VGT als "Eier-Kontrollstelle"

    Krainer (SPÖ) zitiert aus einer Pressekonferenz der Grünen vom Jänner 2011, wo es auch um die Finanzprüfung beim VGT ging. Die SOKO habe demnach angeregt, man möge dem VGT unter anderem deshalb die Gemeinnützigkeit entziehen, weil er in Supermarkt-Filialen kontrolliere, ob Eier aus Legebatterien stammen. Die SOKO schließt daraus, man könnte annehmen, dass der VGT eine Art Eier-Kontrollstelle sei, und somit kein gemeinnütziger Verein.

    Balluch berichtet, die Aktivisten seien zu vielen Lebensmittelhändlern gegangen, um sie auf Verzicht auf Eier aus Legebatterien-Haltung zu bewegen. Daraufhin sei die SOKO zu diesen Firmen gegangen, um sie zur Aussage zu bewegen, dass sie sich vom VGT genötigt gefühlt hätten.

  • |Peter Temel

    Krainer fragt zum Auftrittsverbot für Balluch an der Uni Wien, ob er die Begründung dafür kenne?

    Balluch verneint. Er vermute aber, dass es dieselbe Stelle war, "die uns auch sonst Probleme gemacht hat" - er meint damit die SOKO aus dem BMI.

    Auch an Schulen habe man plötzlich ein Auftrittsverbot verhängt, obwohl der VGT dort jahrelang Workshops halten durfte.

  • |Peter Temel
    Jenewein (FPÖ) interessiert sich jetzt fürs Thema Datenverwendung. Ob Balluch wisse, ob noch personenbezogene Daten über ihn gespeichert seien, die längst gelöscht worden sein müssten. Balluch hält das für "eine interessante Frage". Ihm seien Fingerabdrücke und DNA-Proben abgenommen worden. Nach seinem Freispruch wüsste er "schon gern, ob das noch vorrätig ist." Er habe aber bis jetzt nicht danach gefragt. Er habe auch ein bisschen das Vertrauen in die Polizei verloren.
  • |Peter Temel

    Jenewein sagt, es sei viel über die Polizei gesprochen worden. Wie er sich von der Justiz behandelt gefühlt habe?

    Balluch: Man müsse differenzieren zwischen StA, OStA und Gericht. "Die Staatsanwaltschaft hatten eindeutig einen politischen Auftrag", sagte Balluch. Die erste U-Haft-Richterin sei "gezielt falsch informiert" worden. Andere U-Haft-Richter wiederum hätten die Polizei eindringlich um Akteneinsicht gebeten. Was trotzdem nicht geschehen sei. Balluch ist der Auffassung, dass niemals U-Haft verhängt worden wäre, wenn die Polizei die U-Haft-Richter korrekt informiert hätten.

Mordermittler für SOKO abgezogen

So habe dann auch der zuständige Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit Erik Buxbaum eine Sonderkommission angeregt. Dabei seien sogar Mitarbeiter der Mordkommission abgezogen worden, ärgerte sich Balluch. Überdies habe man bei jeder Demonstration des VGT schwer bewaffnete Beamte aus Sonderheiten abgestellt, um eine besondere Gefährlichkeit der Tierschützer zu suggerieren.

Die ÖVP versuchte bei Balluchs Befragung dann auch die Gewaltbereitschaft des VGT darzustellen. Einig wurde man da mit der Auskunftsperson nicht. Der wollte bei diversen Vorfällen keine Straftaten sehen, sondern legitimen Aktivismus.

Im U-Ausschuss zum Verfassungsschutz gelandet ist die Causa, weil die Opposition das Vorgehen gegen die Aktivisten als Beispiel für die missbräuchliche politische Instrumentalisierung von Behörden darstellen möchte. Der umstrittene Tierschützer-Prozess soll dabei als Paradebeispiel für Machtmissbrauch im Innenministerium vorgeführt werden. Der Vorwurf: Verfassungsschutz und Polizei seien auf Zuruf von ÖVP-nahen Kreisen gegen unbequeme Aktivsten vorgegangen, obwohl strafrechtlich nichts gegen sie vorlag.

Heftige Diskussionen bei Befragung Mosers

Am Nachmittag wurde der frühere Tiroler VGT-Kampagnenleiter Christian Moser befragt. Moser musste nur eineinhalb Stunden Auskunft geben, tat das betont locker und verbrauchte weniger Zeit und Nerven aller Beteiligten als zuvor sein Tierschützer-Kollege Balluch. In der Sache sagte er aber mehr oder weniger das gleiche. Warum er inhaftiert wurde, weiß er bis heute nicht so recht. Der Staatsanwaltschaft warf er parteiisches Vorgehen vor und er vermutet politische Hintergründe.

Tierschützer im U-Ausschuss: Dicke Luft zwischen ÖVP und Opposition

Tierrechtsaktivist Christian "Chris" Moser

Diskussion über "Jäger töten"

Wie radikal er und seine Kollegen waren, darüber gingen die Meinungen vor allem von Moser selbst und der Opposition auf der einen und der ÖVP auf der anderen Seite weit auseinander.

Die ÖVP versuchte mit ihrem Abgeordneten Nikolaus Prinz die Auskunftsperson als radikal darzustellen und warf Moser etwa vor, auf Flugblättern mit dem Text "Jäger töten" zum Töten von Jägern aufgerufen zu haben und eine Anleitung zu Molotow-Cocktails veröffentlicht zu haben. Moser replizierte, nur dargestellt zu haben, dass Jäger Tötungen begehen. Die Molotow-Cocktail-Anleitung wiederum sei Teil einer Kunstaktion gewesen. Insgesamt warb Moser für die Freiheit der Kunst, die oft mit Provokationen arbeite. Er selbst tue das auch in seiner Arbeit als Künstler.

Minutenlang wurde über Wortwahl und Zulässigkeit der Fragen diskutiert. Die Oppositionsparteien warfen der ÖVP vor, die rechtskräftig freigesprochenen Tierschützer noch einmal kriminalisieren zu wollen.

Die ÖVP hielt dem entgegen, dass die im U-Ausschuss erhobenen Vorwürfe der politischen Beeinflussung schwerwiegend seien. Entsprechend wolle die ÖVP mit ihrer Fragestellung den Hintergrund der Auskunftspersonen herausarbeiten.

Die FPÖ hielt sich aus den Streitigkeiten weitgehend heraus. Zum Abschluss ist heute noch Stefan Traxler, einer der Verteidiger im Tierschützer-Prozess, geladen.

"SOKO Bekleidung" und der "Mafia-Paragraf"

Zum Hinterrund: Die "SOKO Bekleidung" ermittelte ab 2006 gegen die Aktivisten rund um den Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, und stufte sie als kriminelle Organisation ein. Balluch und acht weitere Kollegen verbrachten 2008 104 Tage in Untersuchungshaft, ehe sie auf Anweisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien freigelassen wurden. Im März 2010 folgte der Prozess gegen 13 Aktivisten am Landesgericht Wiener Neustadt, der Großteil davon angeklagt nach dem eigentlich gegen organisierte Kriminalität gerichteten "Mafia-Paragrafen". 

Verdeckte Ermittlerin

Dieser (mittlerweile entschärfte) Paragraf stellte die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation unter Strafe, ohne dass konkrete Taten nachgewiesen werden mussten. Sowohl daran als auch an den Methoden der Sonderkommission regte sich im Lauf der 88 Prozesstage immer lautere öffentliche Kritik. Denn neben Lauschangriff, Peilsendern sowie Telefon- und E-Mail-Überwachung hatte die Polizei auch eine verdeckte Ermittlerin ("Danielle Durand") eingesetzt, letzteres den Angeklagten aber verschwiegen. Im Prozess wurden zwar alle Aktivisten freigesprochen. Auf den Prozesskosten blieben sie jedoch sitzen.

Mehr als 500.000 Euro Schaden

Seinen finanziellen Schaden aus der Causa beziffert Balluch mit über einer halben Million Euro. Zu 500.000 Euro Verteidigungskosten - für Anwalt und Privatgutachten - kamen noch einmal mehr als 50.000 Euro für einen letztlich erfolglosen Schadenersatzprozess gegen die Republik, rechnet Balluch dem FP-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein vor. Außerdem hat Balluch einen Privatdetektiv engagiert, um die von der Polizei eingesetzte verdeckte Ermittlerin ausfindig zu machen.

Ursprünglich hatte die Polizei die Existenz der verdeckten Ermittlerin dem Gericht im Tierschützerverfahren verschwiegen. Dass ein "Spitzel" verwendet wurde, habe er erst durch ein Observationsprotokoll erfahren, so Balluch. Der Privatdetektiv habe dann ihre falsche Wohnung und eine falsche Meldeadresse gefunden. Die Aussagen der verdeckten Ermittlerin und einer weiteren "Vertrauensperson" der Polizei seien dann "sehr, sehr positiv" gewesen: "Beide haben uns komplett entlastet." Darauf habe die Richterin das Verfahren beendet und die Angeklagten freigesprochen.

Tierschützer im U-Ausschuss: Dicke Luft zwischen ÖVP und Opposition

Der Tierschützer-Prozess fand in Wiener Neustadt statt. Alle Aktivisten wurden freigesprochen.

"Am Beispiel der Tierschützer kann man zeigen, wie das BVT und die Polizei eingesetzt werden können gegen unbescholtene Bürger, gegen Teile der Zivilgesellschaft, deren Meinung man nicht teilt", begründet SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer die Untersuchung der Affäre. Denn das Vorgehen der Tierschützer sei für betroffene Firmen und Politiker zwar unangenehm gewesen, aber nicht verboten. Trotzdem seien sie behandelt worden wie eine Mafia-Organisation und mit den schärfsten Waffen des Rechtsstaats bekämpft worden.

Liste Jetzt zieht Vergleich mit "Sicherungshaft"

Für Alma Zadic von der Liste Jetzt spielt das Thema auch in die Debatte um die von ÖVP und FPÖ gewünschte "Sicherungshaft" hinein: "Das zeigt, was passieren kann, wenn man Personen ohne konkreten Tatverdacht einsperrt." Für Stephanie Krisper von den Neos spiegeln sich im Tierschützer-Prozess auch die im Ausschuss thematisierten "schwarzen Netzwerke" wider, weil die Behörden hier aufgrund der Zurufe ÖVP-naher Personen völlig überschießend agiert hätten.

Prominente Ladungsliste: Mensdorff-Pouilly, Platter, Fekter

Für 12. und 13. März hat der Ausschuss dann unter anderem Peter Graf geladen, den Miteigentümer der Modekette Kleiderbauer. Ihm wirft die Opposition vor, die Ermittlungen mit einem Anruf beim damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) überhaupt erst ausgelöst zu haben.  Auch der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly ist nächste Woche geladen. Am 20. März soll laut derzeitigem Stand Platter aussagen, Anfang April dann die Ex-Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) und Ex-Justizministerin Maria Berger (SPÖ).

Kleiderbauer wollte dazu auf APA-Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Bei der ÖVP hieß es, die "militanten Tierrechtsaktivisten" hätten eine Welle von Vandalismus, Bedrohungen und Sachbeschädigungen ausgelöst. Im U-Ausschuss wolle die ÖVP vor allem das staatsanwaltschaftliche Procedere genau beleuchten.

Tierschützerprozess ist Thema im BVT-Ausschuss

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