BUWOG-Verfahren soll heuer entschieden werden

"Das ist, anders kann ich es mir nicht erklären, ein politisch motivierter Racheakt beziehungsweise ein politisch versuchter Rufmord an mir." (28. Oktober 2009)
Anklage oder Einstellung: Die Staatsanwaltschaft ist fast fertig mit der Causa Grasser.

Es sei nur ein weiteres Forum, in dem sich Querulanten austoben, also ein Postkasten für Vernaderer: So oder so ähnlich lauteten die Vorbehalte, die Kritiker gegen die "Whistleblower-Homepage" der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gern ins Treffen führten. Wie berichtet, können auf der Seite Tipp-Geber (Whistleblower) anonym mit der Justiz kommunizieren. Der Vorteil im Vergleich zur anonymen Anzeige: Der Staatsanwalt kann nachfragen – was bei ernsthaften Anzeigen für beide Seiten von Vorteil ist. Ein Jahr, nachdem die Homepage online gegangen ist, zog WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda am Freitag positiv Bilanz.

Im vergangenen Jahr landeten mehr als 1200 Hinweise auf der Seite, nur sechs Prozent davon waren "substratlos". Ein Großteil der Anzeigen wurde von der Justiz bearbeitet oder an die Finanz weitergegeben. Und es ist dem Erfolg des Systems geschuldet, dass auch die Finanzmarktaufsicht ein ähnliches System etabliert (siehe unten).

BUWOG-Verfahren soll heuer entschieden werden
APA10929438-2 - 11012013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Amtseinführung der neu ernannten Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ilse-Maria Vrabl-Sanda am Freitag, 11. Jänner 2013, im Justizpalast in Wien. Im Bild: Die neue Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ilse-Maria Vrabl-Sanda während ihrer Rede. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Gute Nachrichten gab es von den Korruptionsjägern auch in Sachen BUWOG-Verfahren: Wie ein Sprecher bestätigte, hat die Staatsanwaltschaft "alles, was getan werden kann, erledigt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht".Sobald die derzeit in der Schweiz lagernden Unterlagen von Konto-Öffnungen nach Wien kommen, könne man diese "binnen Wochen" erledigen. Die WKStA geht deshalb davon aus, dass die Causa BUWOG 2014 entschieden ist, sprich: Entweder wird gegen Karl-Heinz Grasser und andere Verdächtige Anklage erhoben – oder das Verfahren eingestellt.

Kontenregister

BUWOG-Verfahren soll heuer entschieden werden
Zahl der Hinweise, Auswertung der Hinweise - Tortengrafik Grafik 0194-14-Korruption.ai, Format 42 x 104 mm
Unzufrieden ist Behördenleiterin Vrabl-Sanda mit dem Pesonalstand und den Arbeitsbedingungen. Während die WKStA derzeit in 200 Causen ermittelt (davon 55 "Großverfahren"), sind von den vorgesehenen 35 Posten für Staatsanwälte nur 23 besetzt. Grund dafür seien fehlende Richteramtsanwärter und teils zu geringe Bezahlung.

Einmal mehr forderte Vrabl-Sanda, dass Österreich ein zentrales Konten­register bekommt. Damit könne die Justiz diskreter bei verdächtigen Konten Nachschau halten. Im Moment müssen Hunderte Personen informiert werden, wenn sich die Justiz für ein Konto interessiert; die Öffnung dauert oft Wochen. Das Argument, dass nur so die Privatsphäre der Sparer gewährt bleibe, kann Vrabl-Sanda nicht nachvollziehen: "Die Sparguthaben interessieren uns nicht. Uns geht’s um Konten, über die möglicherweise Schmiergeld läuft."

Die Zahlen sind noch ausbaufähig. 13 Anrufer haben der Finanzmarktaufsicht (FMA) seit 1. Jänner 2014 Hinweise auf vermeintliche Missstände bei Banken, Versicherungen oder Wertpapiergesellschaften "gesteckt". Immerhin: Fünf davon haben sich als Volltreffer entpuppt.

So wies die IT eines Finanzdienstleisters gravierende Sicherheitslücken auf – User konnten mit Standard-Passwörtern Transaktionen tätigen. Ein Informant lieferte den Fingerzeig auf falsch verrechnete Spesen einer Pensionskasse. Ein Fall betraf irreführende Werbung mit falschen Angaben der Aktienkurse. Zwei Fälle von Geldwäscheverdacht in Osteuropa meldete die FMA weiter.

Keine Rückverfolgung

Schon bisher erhielt die FMA Hunderte Hinweise pro Jahr – per Anruf, Brief oder eMail. Seit Anfang 2014 mussten die FMA und alle Banken aber eine anonyme Meldestelle einrichten. Die FMA ersetzt nun ihre bisherige Telefon-Hotline durch ein ausgefeiltes Online-Formular, das dem "Whistleblower" volle Anonymität zusichert (das Meldesystem ist erreichbar über: www.fma.gv.at). Über ein Online-Postfach kann die Behörde mit dem Ezzesgeber kommunizieren. "Es geht nicht ums Vernadern. Das Bewusstsein in Bezug auf Missstände soll geschärft werden", erklärt FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller. Die Verbindungsdaten liegen bei einem deutschen Sicherheitsanbieter; nicht einmal Strafbehörden hätten Zugriff. In den USA wäre das System aus diesem Grund gar nicht erlaubt.

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