Buwog-Prozess: Der Gerichtssaal als PR-Bühne
Er trägt sie stets bei sich. Er verteilt sie an jeden, der sich für den Prozess interessiert. Es sind Visitenkarten, bedruckt mit nur einer Adresse: www. derbuwogprozess.at. Seit Ende April präsentiert Walter Meischberger auf dieser Website seine Sicht der Dinge. Da werden Unterlagen zum Prozess veröffentlicht. Da wird die Staatsanwaltschaft attackiert. Da werden aber auch Journalisten gerügt, die laut Meischberger falsch über die Causa berichten. „Als sich mein Gefühl verdichtete, dass die Berichterstattung immer mehr zu Lasten von mir geht, kam mir die Idee zur Homepage“, erzählt Meischberger. Teilweise befüllt Meischberger selbst die Homepage mit Texten. Doch auch ein PR-Profi mischt mit, der stets den Prozess im Gerichtssaal mitverfolgt.
2500 Euro Tagsatz
Klingt nach einer kostspielige Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass PR-Agenturen Tagsätze von 1900 bis 2500 verrechnen. Meischberger, der für den Prozess eine Verfahrenshilfe in Anspruch nimmt, hingegen behauptet, dass die Kosten für das Projekt nicht allzu hoch seien. „Ich kann mir das nicht leisten. Freunde von mir finanzieren die Homepage, aber selbst sie würden solch hohe Tagessätze nicht bezahlen“, so Meischberger.
Im Fachjargon heißt diese spezielle Art von Meinungsbildung Litigation PR – also Public Relation in einem Rechtsverfahren. „Hier versucht man ein öffentliches Gegengewicht zu schaffen, wenn Angeklagte das Gefühl haben, dass der Sachverhalt lückenhaft oder falsch dargestellt wird“, erklärt Patrick Minar von der Agentur SMJ- Consulting.
Grassers ehemals bester Freund sieht das etwas spitzfindiger. „Litigation PR will die veröffentlichte Meinung beeinflussen. Mir sind die Medien egal. Ich sehe die Website als Statement für die interessierte Öffentlichkeit“. Massenprodukt ist die Website keines. Seit April verzeichnet sie rund 11.000 Besucher. Hohe Zugriffe sind Meischberger nicht wichtig. Hauptsache, die richtige Zielgruppe informiert sich über seine Homepage. „Mir geht es um meine Reputation“. Deswegen verschickt Meischberger auch einen Newsletter an hundert ausgewählte Meinungsbilder.
Was also kann man mit dieser Strategie erreichen? Richter seien „keine Roboter“, so Minar. Sie verfolgen sehr wohl die Medien. Die Öffentlichkeitsarbeit kann auch direkt das Urteil beeinflussen. Das zeigt eine Studie des Kommunikationswissenschaftlers Hans Mathias Kepplinger. Zwar sieht kaum jemand von ihnen einen Einfluss auf die Schuldfrage. Aber 25 Prozent der Richter und 37 Prozent der Staatsanwälte sind der Meinung, dass die Berichte die Strafhöhe beeinflussen.
Kommentare