Alle gegen Doskozil
Damit ist schon fast erklärt, warum der Urnengang im kleinsten Bundesland, das nicht viel mehr Wahlberechtigte hat als die Wiener Bezirke Favoriten und Donaustadt zusammen, auch jenseits der Leitha mit Interesse rechnen kann: Je stärker die Zustimmung zu Doskozil im Land, desto vehementer tritt er bundesweit als selbst ernanntes „Sprachrohr der SPÖ innerhalb der Sozialdemokratie“ auf. So gesehen, wäre ein Dämpfer für Doskozil für die Wiener Löwelstraße kein Malheur.
Die anderen fünf Parteien – ÖVP, FPÖ, Grüne, Neos und Liste Hausverstand – haben jedenfalls ein gemeinsames Ziel: Die absolute Mehrheit der SPÖ zu brechen, damit „einer allein nicht mehr machen kann, was er will“, formuliert ÖVP-Spitzenkandidat Christian Sagartz. Der „burgenländische Weg“ der SPÖ, so die Überzeugung der Opposition, sei mit Schulden gepflastert.
Viel mehr als die Volkspartei fürchten die Roten die Blauen, die mit Norbert Hofer ein politisches Schwergewicht ins Burgenland abkommandiert haben. „Ich komme nicht, um Zweiter zu werden“, sagte der frühere Dritte Nationalratspräsident bei seiner Rückkehr fast trotzig. Hofer wäre viel lieber Erster Nationalratspräsident geworden, beugte sich aber dem Wunsch von FPÖ-Chef Herbert Kickl, der zu ihm gesagt haben soll: „Norbert, im Burgenland brauchen wir Dich noch“.
SPÖ vor FPÖ und ÖVP
Was sagen die Meinungsforscher? Laut der einzigen veröffentlichten Umfrage im Auftrag der Wochenzeitung bvz liegt die Liste Doskozil bei 47 Prozent, die FPÖ bei 25 und die ÖVP bei 21 Prozent. Die Grünen müssen um den Verbleib im Landtag zittern. Unter der Vier-Prozent-Hürde liegen Neos und Liste Hausverstand. Die Schwankungsbreite der Umfrage beträgt 3,5 Prozentpunkte. Sollten nur noch drei Parteien den Einzug schaffen, ist eine blau-schwarze Mandatsmehrheit möglich. Als Wahlziel hat Doskozil, der erst knapp vor Weihnachten nach seiner achten Kehlkopfoperation aufs politische Parkett zurückgekehrt ist, deshalb 18 Mandate ausgegeben. Damit könnte gegen die SPÖ kein Landeshauptmann gewählt werden. Dass Blau-Schwarz die Roten nach 61 Jahren tatsächlich vom Thron stoßen könnten, bestimmt das Wahlkampffinale weit mehr als alle – ohnehin kaum zündenden – Themen.
Ausgeschlossen haben das Hofer und Sagartz nicht.
Zunächst ist nach der Wahl aber die SPÖ am Zug. Anders als im Bund ist im Burgenland in der Verfassung verankert, dass die stärkste Partei die anderen Parteien „zu ersten Verhandlungen zur Bildung der neuen Landesregierung“ einlädt. Da könnte es auch gehen wie 2015, als Rot und Blau wenige Tage nach der Wahl handelseins waren. Verhandler im Hintergrund waren vor zehn Jahren Hofer und der damalige Landespolizeidirektor Doskozil. Gewiss ist, dass beide mit der Wahl den Wunsch verbinden, es ihren ungeliebten Parteichefs in Wien zu zeigen und selbst bundespolitisch im Spiel zu bleiben.
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